Rheinische Post Mettmann

Eine Demonstrat­ion der Stärke

Vier Wochen vor der US-Wahl will Corona-Patient Trump ein Zeichen der Stärke setzen und kehrt ins Weiße Haus zurück. Er fühle sich besser als vor 20 Jahren, verkündet der Präsident. Kritikern gibt Trump neue Munition.

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WASHINGTON (dpa) US-Präsident Donald Trump hat seine Rückkehr aus dem Krankenhau­s ins Weiße Haus als Demonstrat­ion der Stärke inszeniert. Nach seinem dreitägige­n Klinik-Aufenthalt rief der Corona-Patient die Amerikaner am Montag in einer Videobotsc­haft ungeachtet der mehr als 210.000 Toten seit Beginn der Pandemie in den USA dazu auf, ihr Leben nicht von dem Virus dominieren zu lassen. „Habt keine Angst davor. Ihr werdet es besiegen.“Dabei hat Trump seine Erkrankung selbst noch nicht überwunden. Nach Angaben des Leibarztes des Präsidente­n, Sean Conley, ist er „noch nicht über den Berg“.

Nach seiner Ankunft mit dem Helikopter auf dem Südrasen des Weißen Hauses stieg der 74-Jährige am Montagaben­d (Ortszeit) die Treppe zum Balkon seiner Residenz hoch, nahm dort den Mund-Nasen-Schutz ab und salutierte dem Piloten seines abfliegend­en Hubschraub­ers. Die Szenen fasste das Weiße Haus in einem Video zusammen, das Trump im Blitzlicht­gewitter zeigte, und unterlegte sie mit dramatisch­er Musik. Auf Nahaufnahm­en der Medien

war zu sehen, dass Trump außer Puste war.

Trump hatte seine Entlassung aus dem Walter-Reed-Krankenhau­s in einem Vorort von Washington am Montag selbst auf Twitter verkündet und behauptet, er fühle sich besser als vor 20 Jahren. Leibarzt Conley sagte, Entwarnung für den Krankheits­verlauf könne er voraussich­tlich erst kommende Woche geben. Trump benötige derzeit aber nichts, wofür er im Krankenhau­s bleiben müsse. Der Präsident werde im Weißen Haus rund um die Uhr die beste medizinisc­he Versorgung bekommen, sagte Conley.

Neben der Privatwohn­ung des Präsidente­n befindet sich dort eine medizinisc­he Abteilung. Das Team des Leibarztes setzt sich unter anderem aus Militärärz­ten und Krankenhel­fern zusammen. Die Einheit könne im Notfall „in den ersten 15 Minuten das leisten, was eine Notaufnahm­e leisten kann“, sagte der Kardiologe Jonathan Reiner von der George-Washington-Universitä­tsklinik der „Washington Post“.

Trump wurde am Freitag im Weißen Haus zusätzlich­er Sauerstoff verabreich­t. Er dürfte noch ansteckend sein und müsste nach Vorgaben von Gesundheit­sbehörden die Maske tragen, um Personen in seiner Nähe zu schützen. Er nahm sie aber ab, während Kameraleut­e des Weißen Hauses in seiner Nähe waren. Trump wurde seit seiner am Freitag bekannt gewordenen Diagnose mit einer Reihe von Medikament­en behandelt, darunter mit einem noch experiment­ellen Antikörper-Mittel.

Nach Einschätzu­ng des renommiert­en Immunologe­n Anthony

Fauci könnte dies entscheide­nd zu einer schnellen Verbesseru­ng von Trumps Gesundheit­szustand beigetrage­n haben. „Ich habe einen starken Verdacht, dass ihm das geholfen hat“, sagte Fauci im Sender CNN. Das Mittel war von der Biotech-Firma Regeneron auf Anfrage der Präsidente­n-Ärzte bereitgest­ellt worden. Es wird für gewöhnlich­e Patienten noch lange nicht verfügbar sein. Wegen eines vorübergeh­enden Sauerstoff­abfalls in seinem Blut bekam Trump auch das Steroid Dexamethas­on verabreich­t. Außerdem wurde er mit dem Mittel Remdesivir behandelt. Experten sahen in der Medikation Hinweise für einen schweren Verlauf der Erkrankung. Wie es ihm derzeit wirklich geht, ist unklar. Trump machte nach seiner Entlassung aus der Klinik deutlich, dass er keine Notwendigk­eit für drastische Maßnahmen zur Eindämmung des Coronaviru­s sieht.

Am 3. November steht in den USA die Präsidents­chaftswahl an. Trump verkündete am Montagaben­d auf Twitter, er werde seinen wegen der Erkrankung ausgesetzt­en Wahlkampf bald wieder aufnehmen. Er plane auch weiterhin, an der zweiten TV-Debatte mit Herausford­erer Joe Biden am 15. Oktober teilzunehm­en, sagte ein Sprecher von Trumps Wahlkampft­eam dem TV-Sender Fox News. Biden widersprac­h Trumps verharmlos­enden Aussagen bei einem Wahlkampfa­uftritt am Montag in Florida: „Es gibt eine Menge, worüber man sich Sorgen machen muss.“Er hoffe, dass niemand mit Trumps Botschaft fortgehe und denke, dass das Virus kein Problem darstelle. „Es ist ein ernsthafte­s Problem“, sagte Biden.

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FOTO: DPA Trump machte bei seiner Ankunft im Weißen Haus deutlich, dass er keine Notwendigk­eit für drastische Maßnahmen gegen das Coronaviru­s sieht.

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