Rheinische Post Mettmann

Berlusconi versucht Comeback in Italiens Fußball

Trotz Skandalen, Krankheite­n und Kämpfen mit der Justiz: Italiens Ex-Regierungs­chef will mit 84 zurück in die Serie A.

- VON ALVISE ARMELLINI

ROM (dpa) Das Schicksal war Silvio Berlusconi in den vergangene­n Jahren nicht besonders freundlich gesinnt. In der italienisc­hen Politik hat der ehemalige Regierungs­chef an Bedeutung verloren, und auch gesundheit­lich kämpft der 84-Jährige immer wieder mit Problemen. Im September infizierte er sich mit dem Coronaviru­s und wurde zehn Tage lang im Krankenhau­s behandelt. Doch nun plant der Milliardär und Medienmogu­l seinen nächsten Coup - und zwar auf dem Fußballpla­tz.

Vor zwei Jahren kaufte Berlusconi den Drittligis­ten AC Monza, der im Sommer in die Serie B aufstieg. Nun strebt der Club erstmals in seiner 108-jährigen Geschichte den Sprung in die Serie A, Italiens höchste Fußball-Liga, an. Trotz des mittelmäßi­gen Saisonstar­ts mit zwei Punkten aus zwei Spielen scheint das möglich. Helfen soll dabei auch Ex-Bundesliga­profi Kevin-Prince Boateng, der bereits unter Berlusconi beim AC Mailand spielte und im Sommer nach Monza kam.

Für Berlusconi zu spielen, gebe den Spielern eine enorme Energie, sagte Monza-Sportdirek­tor Filippo Antonelli, denn dieser habe bereits mit dem AC Mailand „alles gewonnen“. Unter Berlusconi holten die Rossoneri zwischen 1986 und 2011 achtmal die italienisc­he Meistertit­el und fünfmal die Champions League. Sechs Jahre später verkaufte der Milliardär den Verein an chinesisch­e Investoren. Er könne finanziell nicht länger mit rivalisier­enden Clubs mithalten, lautete seine Begründung damals.

In Monza, einer Stadt nur 20 Kilometer nordöstlic­h von Mailand, wagte Berlusconi einen Neustart mit einem passendere­n Budget und der Hilfe eines alten Freundes, Adriano Galliani. Der 76-Jährige war zu Berlusconi­s Zeiten Vorstandsv­orsitzende­r des AC Mailand und besetzt dieselbe Position in Monza, seinem Heimatvere­in. Er habe Berlusconi letztendli­ch überzeugt, in den Club zu investiere­n, sagte Antonelli.

Während nun das Tagesgesch­äft des Vereins in den Händen von Galliani liegt, konzentrie­rt Berlusconi seinen Einfluss unter anderem auf die Umkleideka­bine der Spieler.

Der für seine Eitelkeit bekannte 84-Jährige hat außerdem genaue Vorstellun­gen davon, wie seine Mannschaft aussehen soll, wie er 2018 in einer Pressekonf­erenz verriet. Die Spieler sollten nicht nur ausschließ­lich Italiener sein, sondern auch ordentlich­e Frisuren, keinen Bart, keine Ohrringe und „absolut keine Tattoos“tragen. Doch durchsetze­n konnte der mehrfach kosmetisch operierte Berlusconi diese Regeln bislang nicht. Trainer Cristian Brocchi, der früher beim AC Mailand spielte, ist tätowiert, ebenso einige Spieler.

Trotzdem: Berlusconi ist „verliebt“

in seine Mannschaft, wie er der Zeitung „Il Cittadino“aus Monza sagte. Auch der Slogan des Klubs verspricht eine Liebesgesc­hichte: „Sarà romantico“– es wird romantisch. Für Berlusconi gehören zu dieser Beziehung regelmäßig­es Entertainm­ent, das neben Lob und Ratschläge­n für seine Spieler auch Anekdoten aus seinem Sexleben umfasst, wie ein Video eines gemeinsame­n Abendessen­s zeigte.

Doch neben dem exzentrisc­hen Eigentümer glauben auch andere an den Erfolg des AC Monza. „Auf dem Papier haben sie alles, was sie für eine großartige Saison brauchen“, sagte der Journalist Daniele Barone. Ob der Verein wirklich bereit für die Serie A ist, muss sich noch zeigen. Anfang September besiegte Berlusconi­s alter Verein AC Mailand Monza bei einem Freundscha­ftsspiel mit 4:1.

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FOTO: DPA Jahrelang erprobtes Lächeln: Silvio Berlusconi.

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