25-jährige Buchhalterin verzockt eine Million Euro und muss in Haft
Die 25-jährige Düsseldorferin gab im Prozess zu, dass sie spielsüchtig war. Die Firma konnte nur knapp vor der Insolvenz gerettet werden.
DÜSSELDORF Bloß sechs Monate brauchte eine 25-jährige Buchhalterin, um fast 60 Familien ihres Arbeitgebers an den Rand des Ruins zu bringen. Denn laut Geständnis am Dienstag vor dem Amtsgericht hat die junge Frau mehr als eine Million Euro aus dem Firmenvermögen mit Buchungstricks und Scheinrechnungen für sich abgezweigt – und hat das ganze Geld angeblich komplett auf den Kopf gehauen. Sie sei spielsüchtig gewesen, erklärte sie mit leiser Stimme ihr Motiv. Doch jetzt sei alles wieder auf dem Weg der Besserung, denn sie befinde sich weiterhin in Therapie. Fakt ist allerdings auch, dass sie ihren Arbeitgeber, einen alt eingesessenen Handwerksbetrieb in der City mit mehr als 50 Mitarbeitern, durch ihre Taten fast in die Insolvenz getrieben hätte.
Angeklagt wegen Untreue in 429 Fällen gibt die Frau nur leise, kurze Sätze von sich. Freimütig von der Seele gesprochen, klingt ihr Geständnis dadurch nicht. Nach dem plötzlichen Tod eines Ex-Partners habe sie sich Ende 2017 der Spielleidenschaft hingegeben, habe zunächst ihr eigenes Geld bei online-Wetten eingesetzt und angeblich alles verloren. Um ihre Sucht nach immer neuen Kicks zu stillen, habe sie dann angefangen, sich am Vermögen ihrer Firma zu vergreifen. Dort war sie als Buchhalterin neben der Geschäftsleitung die einzige Angestellte mit Zugriff auf sämtliche Firmenkonten – und das habe sie von Januar bis Juli 2018 ohne jede
Zurückhaltung ausgenutzt.
Formell unterstand ihr auch die Kontrolle des Kassenwesens – zumindest laut Arbeitsvertrag. Doch besonders trickreich hatte sie laut Anklage ihre Buchungstricks dann verschleiert, hatte Lieferantenrechnungen bloß formell beglichen, hatte vorher aber die Kontonummern der Lieferanten durch ihre eigene ersetzt – und hinterher die korrekten Kontodaten der Geschäftspartner im Firmencomputer wieder eingesetzt. Auch Scheinrechnungen soll sie demnach fabriziert, die Beträge an sich selbst überwiesen haben. Bis die Hausbank des Unternehmens stutzig wurde und Alarm schlug, hatte die Angeklagte bereits 1.060.300 Euro für sich abgezweigt.
Gefunden oder gar zurückbekommen hat die Firma davon keinen einzigen Cent. Angeblich, so die Angeklagte, habe sie den Millionenbetrag restlos verzockt. Demnach müsste sie auch mögliche Gewinne, die bei der Fülle ihrer Wetten nahezu unausweichlich erscheinen, ebenfalls restlos verspielt haben.
Für ihre Ex-Kollegen führten diese 429 Fehlgriffe der 25-Jährigen dann beinahe in den Untergang. Das Unternehmen konnte nur deshalb knapp vor der Insolvenz gerettet werden, weil die Gesellschafter zusätzliches Geld bereitgestellt haben und weil sämtliche Mitarbeiter zu Sonderleistungen für ihre Firma bereit waren – bis hin zum Urlaubsverzicht. Inzwischen gilt der Betrieb als gerettet. Doch die junge Buchhalterin, die seit ihrem Rausschmiss als selbstständige Reinigungskraft tätig ist, sieht bereits Licht am Horizont: Ende 2020 könne ihr inzwischen geborenes Kind in eine Kita wechseln, dann könne sie wieder in Vollzeit arbeiten – und will dann ihre Schulden beim Ex-Brötchengeber abstottern.
Wie realistisch das Amtsgericht diese Planungen fand, zeigt das Urteil: Die junge Mutter wurde am Dienstag zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ohne jede Chance auf Bewährung.