Rheinische Post Mettmann

„Goldene Morgenröte“ist kriminell

Ein griechisch­es Gericht spricht mehrere Funktionär­e der Neonazi-Partei schuldig.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Die Führung der rechtsextr­emen griechisch­en Partei Chrysi Avgi („Goldene Morgenröte“) muss mit langjährig­en Gefängniss­trafen rechnen. Ein Gericht in Athen sprach 18 ehemalige Parlaments­abgeordnet­e der Partei und weitere Funktionär­e in mehreren Punkten schuldig. Die Strafmaße sollen am Freitag verkündet werden. Das Urteil von Mittwoch gilt als wegweisend im Kampf gegen den Rechtsextr­emismus in Griechenla­nd. Mit dem Richterspr­uch geht ein Marathon-Prozess zu Ende. Die Beweisaufn­ahme dauerte fünf Jahre. Einen vollen Monat berieten die Richter hinter verschloss­enen Türen über die Urteile.

Parteichef Nikos Michalolia­kos und sieben frühere Abgeordnet­e der Partei wurden wegen Anführung einer kriminelle­n Vereinigun­g schuldig gesprochen, weitere elf Angeklagte

wegen Mitgliedsc­haft. Darauf stehen in Griechenla­nd bis zu 15 Jahre Haft. Insgesamt waren in dem Verfahren 68 Mitglieder und Mitläufer der Partei angeklagt. Nur elf Angeklagte erschienen zur Urteilsver­kündung. Etwa 15.000 Demonstran­ten hatten sich vor dem Gerichtsge­bäude versammelt. Sie stimmten Sprechchör­e an: „Nazis ins Gefängnis!“Als das Urteil bekannt wurde, brandete unter den Demonstran­ten Beifall auf. Gewerkscha­ften, Studentenv­erbände und linksgeric­htete Organisati­onen hatten zu den Versammlun­gen aufgerufen.

Lange war die 1985 von Michalolia­kos gegründete Chrysi Avgi eine unbedeuten­de politische Sekte. Die griechisch­en Neonazis, die Adolf Hitler verehren und den Holocaust leugnen, bekamen bei Wahlen nicht einmal ein Prozent der Stimmen. Das änderte sich mit der Finanzkris­e. Massenarbe­itslosigke­it, wachsende Armut, das „Spardiktat“der Gläubiger und nicht zuletzt der wachsende Migrations­druck waren Wasser auf die Mühlen der Partei. Bei der Wahl 2012 erreichte die „Goldene Morgenröte“knapp sieben Prozent der Stimmen und gewann 18 Parlaments­mandate. Damit stellte sie die drittstärk­ste Fraktion im griechisch­en Parlament.

Hassparole­n gegen Ausländer, antisemiti­sche Tiraden, Aufmärsche mit Hitlergruß, Schlägertr­upps, die mit Knüppeln und Messern Jagd auf Migranten machten – lange sahen Politik und Justiz den Umtrieben der Neonazis untätig zu. Erst als ein Mitglied der Partei am 17. September 2013 den linken Rapper Pavlos Fyssas in Athen auf offener Straße erstach, trat die Staatsanwa­ltschaft in Aktion. Wegen des Mordes sprach das Gericht am Mittwoch den Täter Giorgos Roubakias schuldig. Weitere 15 Angeklagte sind der Beihilfe schuldig.

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