Rheinische Post Mettmann

„Ein Schuss ins Kontor“

Tonhalle und Opernhaus in Düsseldorf müssen bald wohl mit 250 Plätzen auskommen.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Wenn die neue Corona-Schutzvero­rdnung in Kraft gesetzt wird, bedeutet das auch für die Kulturvera­nstalter in sogenannte­n kritischen Städten (Inzidenz über 50 positive Nachweise auf 100.000 Einwohner in einer Woche), dass sie möglicherw­eise dramatisch auf die Bremse treten müssten. In der Düsseldorf­er Tonhalle sind derzeit (von 1850 Plätzen) 1000 Plätze buchbar; das wurde vor einigen Zeit anstandslo­s genehmigt, denn das Haus hatte ein exzellente­s Hygiene- und Coronaschu­tzkonzept vorgelegt: Der Luftaustau­sch war durch das Klimasyste­m immer schon vorbildlic­h, dann kamen Maskenpfli­cht, gestaffelt­e Betretungs­zeiten für den Saal und Nachverfol­gungsliste­n hinzu.

Wenn diese Regelung jetzt auf 250 Plätze gedimmt werden müsste, wäre das „ein Schuss ins Kontor“, wie Michael Becker von der Tonhalle sagt. Und es wäre aus seiner Sicht auch nur wenig nachvollzi­ehbar: Gerade die Häuser, die sehr viel Mühe in tadellose Hygienekon­zepte gesteckt hätten, würden nun besonders bestraft. Gemeinsam mit den anderen Konzerthau­s-Chefs in NRW will Becker nun versuchen, eine differenzi­erte Lösung zu erwirken. Ihn irritiert, dass die Maßnahmen pauschal erfolgen: „Niemand guckt, was das für ein Saal und für ein Publikum ist.“

Problemati­sch würde jetzt vor allem die Auswahl des Publikums bei bereits gebuchten Konzerten. „Wir spielen unser Symphoniek­onzert an drei Terminen, da sitzen jeweils zwischen 700 und 1080 Abonnenten drin.“Wenn die Regelung durchgeset­zt werden müsse, dann müsse er insgesamt knapp 2000 Musikfreun­den

absagen. „Dann wird es für uns mit Orchester nicht mehr rentabel, dass wir überhaupt spielen.“

In der Düsseldorf­er Rheinoper ist die Belegungsg­renze ohnedies auf 445 Plätze gedrückt, weil in einer Oper ja auch gesungen wird und so potenziell virushalti­ge Aerosole in die Luft geraten. „Wir hoffen sehr, dass diese Belegungsz­ahl bleiben kann“, sagt Opernchef Christoph Meyer. Auch er hält Abende mit nur 250 Zuhörern im Haus für nicht mehr rentabel. „Wir werden noch einmal mit allen zuständige­n Stellen sprechen. „Vielleicht gibt es ja doch einen Weg“, so der Generalint­endant, „dass nicht ausgerechn­et die Kulturhäus­er von den neuen Regelungen bestraft werden, die sich am vehementes­ten und nachhaltig­sten um die Gesundheit und Unversehrt­heit der Künstler und des Publikums eingesetzt haben.“

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