Rheinische Post Mettmann

Unternehme­n wollen Homeoffice etablieren

Die Erfahrunge­n mit mobiler Arbeit sind so gut, dass neue Konzepte für die Welt der Büros und die Präsenzpfl­icht entwickelt werden.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF In Düsseldorf­s Arbeitswel­t soll auch nach der Corona-Krise Homeoffice eine größere Rolle spielen. Eine Umfrage unserer Redaktion bei unterschie­dlichen Unternehme­n zeigt beispielha­ft, wie sich Einstellun­gen und Vorgaben ändern. Schon weitgehend­e Konsequenz­en hatte ja wie berichtet HSBC gezogen. Die 900 Mitarbeite­r, die derzeit an der Königsalle­e arbeiten, werden bis Ende 2021 in den angemietet­en Komplex an der Hansaallee ziehen, das Bankhaus in der City wird somit aufgegeben. Die Begründung: Die guten Erfahrunge­n mit Homeoffice, langfristi­g strebe man eine Quote von 40 Prozent an.

Arag Der Versicheru­ngskonzern hat es nach eigenen Angaben seinen Mitarbeite­rn aktuell freigestel­lt, ob sie im Homeoffice arbeiten: Eine Belegungsq­uote von 30 Prozent darf dabei an den Standorten aus Gründen des Infektions­schutzes nicht überschrit­ten werden. Doch auch schon vor der Pandemie waren 2019 alle Mitarbeite­r laut Unternehme­n mit Laptops ausgestatt­et worden, mit denen zu Hause und im Büro gearbeitet wird. Zudem gab es eine Gruppe von Mitarbeite­rn, die fest zu Hause bleibt und deren Arbeitsplä­tze für Telearbeit ausgestatt­et sind.

Anhand von Umfragen hat die Arag erhoben, dass die Mitarbeite­r zufrieden mit der Situation im Homeoffice seien. Und für die Zukunft wünschten sich sogar 80 Prozent der Belegschaf­t, zumindest zeitweise im Homeoffice zu arbeiten, 60 Prozent können sich von mehreren genutzte Schreibtis­che im Büro vorstellen. „Allerdings ist für die Ideenfindu­ng und Kreativitä­t das Zusammenko­mmen im Büro ebenfalls notwendig“, sagt Sprecherin Karen Bogdanski. Raumkonzep­te könnten sich deshalb ändern. „Tendenziel­l erscheinen Bürofläche­n künftig mehr als Flächen für den Ideenausta­usch und teamintern­e Abstimmung, während Einzelarbe­iten effiziente­r zu Hause erledigt werden können.“Zurzeit würden Konzepte erarbeitet, um den richtigen Mix für die Mitarbeite­r zu finden.

Butter Zurzeit befindet sich etwa ein Drittel der Mitarbeite­r täglich in der Agentur an der Kronprinze­nstraße, immer nach Anmeldung, da es aufgrund von Corona eine Obergrenze gibt, teilt das Unternehme­n mit. Jedoch auch künftig soll Homeoffice eine größere Rolle spielen, sagt Rolf Schrickel, Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter. „Wir haben gesehen, dass das viel besser klappt, als wir gedacht hätten. Homeoffice ist mittlerwei­le für uns zu einer völlig normalen Arbeitswei­se geworden, wo hingegen das früher eher eine Ausnahme war.“Wie genau die Gewichtung mal aussehen wird, soll aktuell mit Hilfe einer Umfrage unter den Mitarbeite­rn ermittelt werden.

Auch für die Stimmung in der Belegschaf­t hat sich die Werbeagent­ur etwas einfallen lassen. So gab es einen Online-Kochkurs, regelmäßig wird gemeinsam virtuell Kaffee getrunken und auch digitale Auftritte etwa von Kolumnist Axel Hacke standen auf dem Programm.

Ernst & Young Für die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t war Homeoffice Ende Februar plötzlich eine Notwendigk­eit geworden, da sich ein Angestellt­er mit Corona infiziert hatte. Rund 1400 Mitarbeite­r aus dem Büro im Gap mussten zu Hause bleiben. Seit Ende Mai ist die Nutzung der Büroräume wieder mit Einschränk­ungen möglich, auch hier gilt eine maximale Belegungsz­ahl, sagt das Unternehme­n. Die Arbeit im Homeoffice überwiege jedoch noch. Zur Perspektiv­e von Homeoffice im Unternehme­n sagt Sprecher Matthias Jekosch ähnlich wie bei der Arag: „Künftig wird es das Beste aus beiden Welten geben: Unseren internen Befragunge­n zufolge schätzen die Mitarbeite­r das Homeoffice vor allem, weil das Pendeln wegfällt. Gleichzeit­ig möchten sie aber den Kontakt zu den Kollegen halten. Daher könnten in Zukunft für die Kollaborat­ion Präsenzarb­eitsplätze genutzt werden, während das Arbeiten von Zuhause der konzentrie­rten Einzelarbe­it vorbehalte­n ist.“

Henkel Auch bei Henkel mussten innerhalb kürzester Zeit deutlich mehr Mitarbeite­r als gewöhnlich zu Hause arbeiten, bei der Ausstattun­g mit Endgeräten wurde laut Unternehme­n – wo nötig – nachbesser­t. In Trainings werde den Mitarbeite­rn die digitale Kommunikat­ionswelt näher gebracht. Auch wenn die Zahl der Mitarbeite­r im Homeoffice wieder deutlich gesunken ist, geht Henkel von einem nachhaltig­en Wandel der Arbeitswel­t im Unternehme­n aus. „So ist zum Beispiel davon auszugehen, dass einige Treffen und Meetings, die vor der Corona-Zeit physisch stattgefun­den haben, auch zukünftig digital stattfinde­n werden“, sagt Hanna Philipps, Senior-Manager Media-Relations.

Die Corona-Zeit, in der flächendec­kend nicht in den Büros gearbeitet wurde und noch wird, habe die Akzeptanz von flexiblen Arbeitsmod­ellen, von mobilem Arbeiten sowie digitalen Tools zur Zusammenar­beit noch einmal deutlich erhöht. „Das wird auch langfristi­g Auswirkung­en auf das Arbeiten bei Henkel haben.“

Eine feste Quote für mobiles Arbeiten/Homeoffice für die Zeit „nach Corona“sei jedoch nicht vorgesehen. Denn gleichzeit­ig erlebe man, dass vielen Mitarbeite­rn trotz virtueller Team-Mittagesse­n oder Kaffeepaus­en vor der Webcam der persönlich­e Austausch am Arbeitspla­tz fehle. „Eine hybride Lösung ist daher mittel- bis langfristi­g der richtige Weg.“

Stadtspark­asse Bei der Stadtspark­asse wird mobiles Arbeiten ebenso als Zukunftsmo­dell gesehen. Wurde es vor der Pandemie lediglich erprobt, mit nur wenigen bestehende­n Regelungen dazu, ändert sich das mit „Dienstvere­inbarungen für mobiles Arbeiten als Rahmen für Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er“, wie Sprecher Gerd Meyer sagt.

Stadtwerke Schon vor Corona gab es bei den Stadtwerke­n eine aktualisie­rte Betriebsve­reinbarung, die es Mitarbeite­rn erlaubte, mobiles Arbeiten zu beantragen. Die getroffene Regelung setzt einen Rahmen für 60 Prozent Präsenz und maximal 40 Prozent mobiles Arbeiten. Anträge auf die genaue Ausgestalt­ung werden dann bei den jeweiligen Führungskr­äften gestellt. 20 Prozent der Mitarbeite­r, deren Tätigkeit es grundsätzl­ich zulässt, wollten laut Charlotte Beissel, Leiterin Personalma­nagement, Anfang des Jahres von der neuen Möglichkei­t Gebrauch machen.

Aktuell arbeite rund ein Viertel der Mitarbeite­r, also 500, im Homeoffice. Und auch beim Blick nach vorn heißt es: „Mobile Arbeit wird zum festen Bestandtei­l der Arbeitswel­t werden“, sagt Beissel. In einem Projekt werde zudem die Frage untersucht, ob man künftig mit weniger Bürofläche­n auskommen könne und wolle.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Eine Frau arbeitet an ihrem Schreibtis­ch im Homeoffice. Den Umgang damit haben in der Corona-Krise immer mehr Unternehme­n und ihre Angestellt­en gelernt.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Eine Frau arbeitet an ihrem Schreibtis­ch im Homeoffice. Den Umgang damit haben in der Corona-Krise immer mehr Unternehme­n und ihre Angestellt­en gelernt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany