Unternehmen wollen Homeoffice etablieren
Die Erfahrungen mit mobiler Arbeit sind so gut, dass neue Konzepte für die Welt der Büros und die Präsenzpflicht entwickelt werden.
DÜSSELDORF In Düsseldorfs Arbeitswelt soll auch nach der Corona-Krise Homeoffice eine größere Rolle spielen. Eine Umfrage unserer Redaktion bei unterschiedlichen Unternehmen zeigt beispielhaft, wie sich Einstellungen und Vorgaben ändern. Schon weitgehende Konsequenzen hatte ja wie berichtet HSBC gezogen. Die 900 Mitarbeiter, die derzeit an der Königsallee arbeiten, werden bis Ende 2021 in den angemieteten Komplex an der Hansaallee ziehen, das Bankhaus in der City wird somit aufgegeben. Die Begründung: Die guten Erfahrungen mit Homeoffice, langfristig strebe man eine Quote von 40 Prozent an.
Arag Der Versicherungskonzern hat es nach eigenen Angaben seinen Mitarbeitern aktuell freigestellt, ob sie im Homeoffice arbeiten: Eine Belegungsquote von 30 Prozent darf dabei an den Standorten aus Gründen des Infektionsschutzes nicht überschritten werden. Doch auch schon vor der Pandemie waren 2019 alle Mitarbeiter laut Unternehmen mit Laptops ausgestattet worden, mit denen zu Hause und im Büro gearbeitet wird. Zudem gab es eine Gruppe von Mitarbeitern, die fest zu Hause bleibt und deren Arbeitsplätze für Telearbeit ausgestattet sind.
Anhand von Umfragen hat die Arag erhoben, dass die Mitarbeiter zufrieden mit der Situation im Homeoffice seien. Und für die Zukunft wünschten sich sogar 80 Prozent der Belegschaft, zumindest zeitweise im Homeoffice zu arbeiten, 60 Prozent können sich von mehreren genutzte Schreibtische im Büro vorstellen. „Allerdings ist für die Ideenfindung und Kreativität das Zusammenkommen im Büro ebenfalls notwendig“, sagt Sprecherin Karen Bogdanski. Raumkonzepte könnten sich deshalb ändern. „Tendenziell erscheinen Büroflächen künftig mehr als Flächen für den Ideenaustausch und teaminterne Abstimmung, während Einzelarbeiten effizienter zu Hause erledigt werden können.“Zurzeit würden Konzepte erarbeitet, um den richtigen Mix für die Mitarbeiter zu finden.
Butter Zurzeit befindet sich etwa ein Drittel der Mitarbeiter täglich in der Agentur an der Kronprinzenstraße, immer nach Anmeldung, da es aufgrund von Corona eine Obergrenze gibt, teilt das Unternehmen mit. Jedoch auch künftig soll Homeoffice eine größere Rolle spielen, sagt Rolf Schrickel, Geschäftsführender Gesellschafter. „Wir haben gesehen, dass das viel besser klappt, als wir gedacht hätten. Homeoffice ist mittlerweile für uns zu einer völlig normalen Arbeitsweise geworden, wo hingegen das früher eher eine Ausnahme war.“Wie genau die Gewichtung mal aussehen wird, soll aktuell mit Hilfe einer Umfrage unter den Mitarbeitern ermittelt werden.
Auch für die Stimmung in der Belegschaft hat sich die Werbeagentur etwas einfallen lassen. So gab es einen Online-Kochkurs, regelmäßig wird gemeinsam virtuell Kaffee getrunken und auch digitale Auftritte etwa von Kolumnist Axel Hacke standen auf dem Programm.
Ernst & Young Für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war Homeoffice Ende Februar plötzlich eine Notwendigkeit geworden, da sich ein Angestellter mit Corona infiziert hatte. Rund 1400 Mitarbeiter aus dem Büro im Gap mussten zu Hause bleiben. Seit Ende Mai ist die Nutzung der Büroräume wieder mit Einschränkungen möglich, auch hier gilt eine maximale Belegungszahl, sagt das Unternehmen. Die Arbeit im Homeoffice überwiege jedoch noch. Zur Perspektive von Homeoffice im Unternehmen sagt Sprecher Matthias Jekosch ähnlich wie bei der Arag: „Künftig wird es das Beste aus beiden Welten geben: Unseren internen Befragungen zufolge schätzen die Mitarbeiter das Homeoffice vor allem, weil das Pendeln wegfällt. Gleichzeitig möchten sie aber den Kontakt zu den Kollegen halten. Daher könnten in Zukunft für die Kollaboration Präsenzarbeitsplätze genutzt werden, während das Arbeiten von Zuhause der konzentrierten Einzelarbeit vorbehalten ist.“
Henkel Auch bei Henkel mussten innerhalb kürzester Zeit deutlich mehr Mitarbeiter als gewöhnlich zu Hause arbeiten, bei der Ausstattung mit Endgeräten wurde laut Unternehmen – wo nötig – nachbessert. In Trainings werde den Mitarbeitern die digitale Kommunikationswelt näher gebracht. Auch wenn die Zahl der Mitarbeiter im Homeoffice wieder deutlich gesunken ist, geht Henkel von einem nachhaltigen Wandel der Arbeitswelt im Unternehmen aus. „So ist zum Beispiel davon auszugehen, dass einige Treffen und Meetings, die vor der Corona-Zeit physisch stattgefunden haben, auch zukünftig digital stattfinden werden“, sagt Hanna Philipps, Senior-Manager Media-Relations.
Die Corona-Zeit, in der flächendeckend nicht in den Büros gearbeitet wurde und noch wird, habe die Akzeptanz von flexiblen Arbeitsmodellen, von mobilem Arbeiten sowie digitalen Tools zur Zusammenarbeit noch einmal deutlich erhöht. „Das wird auch langfristig Auswirkungen auf das Arbeiten bei Henkel haben.“
Eine feste Quote für mobiles Arbeiten/Homeoffice für die Zeit „nach Corona“sei jedoch nicht vorgesehen. Denn gleichzeitig erlebe man, dass vielen Mitarbeitern trotz virtueller Team-Mittagessen oder Kaffeepausen vor der Webcam der persönliche Austausch am Arbeitsplatz fehle. „Eine hybride Lösung ist daher mittel- bis langfristig der richtige Weg.“
Stadtsparkasse Bei der Stadtsparkasse wird mobiles Arbeiten ebenso als Zukunftsmodell gesehen. Wurde es vor der Pandemie lediglich erprobt, mit nur wenigen bestehenden Regelungen dazu, ändert sich das mit „Dienstvereinbarungen für mobiles Arbeiten als Rahmen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer“, wie Sprecher Gerd Meyer sagt.
Stadtwerke Schon vor Corona gab es bei den Stadtwerken eine aktualisierte Betriebsvereinbarung, die es Mitarbeitern erlaubte, mobiles Arbeiten zu beantragen. Die getroffene Regelung setzt einen Rahmen für 60 Prozent Präsenz und maximal 40 Prozent mobiles Arbeiten. Anträge auf die genaue Ausgestaltung werden dann bei den jeweiligen Führungskräften gestellt. 20 Prozent der Mitarbeiter, deren Tätigkeit es grundsätzlich zulässt, wollten laut Charlotte Beissel, Leiterin Personalmanagement, Anfang des Jahres von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen.
Aktuell arbeite rund ein Viertel der Mitarbeiter, also 500, im Homeoffice. Und auch beim Blick nach vorn heißt es: „Mobile Arbeit wird zum festen Bestandteil der Arbeitswelt werden“, sagt Beissel. In einem Projekt werde zudem die Frage untersucht, ob man künftig mit weniger Büroflächen auskommen könne und wolle.