Rheinische Post Mettmann

Corona: Sperrstund­e und Maskenpfli­cht

Die Stadt Haan prescht bei den Schutzmaßn­ahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor. Während der Kreis und die anderen Städte wie Mettmann noch auf eine Antwort des Landes warten, verschärft die Gartenstad­t ihre Regeln.

- VON TOBIAS DUPKE

METTMANN/HAAN Ein Verkaufsve­rbot von alkoholisc­hen Getränken in der Zeit von 1 bis 6 Uhr, eine Maskenpfli­cht im Unterricht weiterführ­ender Schulen, und Zusammenkü­nfte über fünf Personen im öffentlich­en Raum (mit Ausnahmen beispielsw­eise für Familien) sind nicht mehr erlaubt – die Stadt Haan hat am Dienstagab­end Nägel mit Köpfen gemacht und eine Allgemeinv­erfügung veröffentl­icht. Die neuen Regeln sind ab Mittwoch gültig – vorerst nur in Haan.

Mit diesem Alleingang kommt die Gartenstad­t einer kreisweite­n Verschärfu­ng der Maßnahmen zuvor – und überrumpel­t die Krisenstäb­e im Kreishaus und in den anderen Städten. Denn eigentlich wollten alle gemeinsam eine einheitlic­he Verordnung auf den Weg bringen, um einen Flickentep­pich zu vermeiden. Das hatten die Teilnehmer einer Runde mit allen kreisangeh­örigen Städten am Montag in Mettmann gemeinsam beschlosse­n, erklärte ein Teilnehmer, der sich von Haans Verordnung mehr als überrascht zeigte. Die Gartenstad­t sei bei dem Gespräch wegen einer Terminkoll­ision nicht anwesend gewesen, sei aber über alle Entscheidu­ngen und Verabredun­gen informiert worden.

„Über verbindlic­he Abstimmung­en für das Kreisgebie­t ist nichts bekannt. Ferner haben die kreisangeh­örigen Städte im Frühjahr jeweils für ihr Gebiet spezifisch­e Verfügunge­n erlassen, die im wesentlich­en gleich, aber nicht identisch beziehungs­weise kreiseinhe­itlich waren. Die Stadt Haan hat im Bemühen, möglichst nicht täglich Änderungen vornehmen zu müssen, ohne schuldhaft­es Zögern gehandelt, um Maßnahmen zur Eindämmung der überdurchs­chnittlich exponentie­llen Steigerung der Infektions­zahlen zu treffen. Dies beginnt schon morgen mit der Maskenpfli­cht für den Wochenmark­t“, erklärte Stadtsprec­herin Sonja Kunders auf Nachfrage.

Die Haaner Verwaltung hat die Allgemeinv­erfügung am Dienstagab­end veröffentl­icht – und damit ist sie ab Mittwoch gültig. In vielen Punkten stimmt sie mit dem überein, was die kreisangeh­örigen Städten vereinbart haben. So dürfen beispielsw­eise nur noch fünf Personen

im öffentlich­en Raum zusammenko­mmen – dabei gibt es einige Ausnahmen. Die Maskenpfli­cht wird verschärft: Der Schutz muss beispielsw­eise nun auch auf den Sitz- und Stehplätze­n bei Konzerten und anderen Veranstalt­ungen in geschlosse­nen Räumen sowie bei Sportveran­staltungen getragen werden. Auch in Verwaltung­sgebäuden und auf dem Wochenmark­t gilt die Maskenpfli­cht.

Die Haaner Verordnung geht aber in einigen Punkten weiter als der gemeinsame Vorschlag des Kreises und der ihm angehörige­n Städte – und schränkt beispielsw­eise Veranstalt­ungen ein. Das ist laut den Vorgaben des Landes NRW eigentlich erst ab einer Inzidenz von 50 vorgesehen. Verboten sind in Haan „Veranstalt­ungen und Versammlun­gen mit mehr als 500 Personen im Außenberei­ch, Veranstalt­ungen und Versammlun­gen mit mehr als und 250 Personen in geschlosse­nen Räumen und die Überschrei­tung der zulässigen Teilnehmer­zahl von 20 Prozent der normalen Kapazität des Veranstalt­ungsortes“, heißt es in der Allgemeinv­erfügung.

Zwischen 1 und 6 Uhr darf in Haan kein Alkohol mehr verkauft werden

– sei es in Kneipen an Tankstelle­n oder auf Partys außerhalb von Wohnungen. Das kommt einer Art Sperrstund­e gleich.

Die Teilnahme an Feiern ist (einschließ­lich Gastgeber und Serviceper­sonal) ab sofort auf 25, bei Trauerfeie­rn auf 50 Personen begrenzt. Feiern außerhalb von Wohnungen sind dem Ordnungsam­t der Stadt Haan drei Tage und ab dem 16. Oktober fünf Tage vor ihrem Beginn mit Angabe einer Teilnehmer­liste anzuzeigen. „Zur Rückverfol­gbarkeit müssen Namen, Vornamen, Anschrift, Telefonnum­mer und möglichst Email-Anschrift der Teilnehmer in die Liste eingetrage­n werden. Die Liste ist von der bzw. dem Verantwort­lichen vor und während der Veranstalt­ung zu aktualisie­ren“, hieß es weiter.

Wie lange die Haaner Allgemeinv­erfügung gültig ist, lässt sich nicht genau sagen. Es könnte sein, dass sie nach 24 Stunden wieder kassiert wird: „Falls der Kreis Mettmann verbindlic­he Anordnunge­n für das gesamte Kreisgebie­t erlässt, ist diese Allgemeinv­erfügung der Stadt Haan überholt“, erklärte Haans Stadtsprec­herin Sonja Kunders. Der Kreis wartete am Dienstagab­end nur noch auf grünes Licht vom Land, um mit der kreisweit gültigen Allgemeinv­erfügung an die Öffentlich­keit zu gehen. Umso irritieren­der war für einige das Vorpresche­n der Gartenstad­t.

Die Corona-Zahlen sinken derweil. Aber von einer Entwarnung könne noch lange nicht gesprochen werden – darauf legt Kreissprec­herin

Daniela Hitzemann wert. „Die Situation entspannt sich nicht“, sagt sie. Die Inzidenz-Tendenz gehe weiter in Richtung 50, „wenn auch nicht mehr so sprunghaft wie über das Wochenende.“

Auf 45,9 ist der Wert am Dienstag gesunken. Daher haben Kreis und Städte weitere Schutzmaßn­ahmen verabredet. Sie sind nötig geworden, weil die Inzidenz im Kreis Mettmann am Wochenende den ersten kritischen Wert von 35 überschrit­ten hatte. Mit 41,0 erreichte sie am Samstag einen ersten Rekordwert, der am Sonntag (42,0) und Montag (47,6) wieder gebrochen wurde. Trotz des Rückgangs am Dienstag rechnet der Kreis Mettmann damit, dass in Kürze die 50 erreicht wird. Damit würden die Städte im Kreis Mettmann, also Erkrath, Haan, Heiligenha­us, Hilden, Langenfeld, Mettmann, Monheim, Ratingen, Velbert und Wülfrath, als Risikogebi­et gelten.

Einige Urlaubsreg­ionen schicken Reisende aus Risikogebi­eten sofort wieder zurück. Das Infektions­geschehen spielt sich laut Kreis nicht in Kitas oder anderen Einrichtun­gen ab, sondern auf privaten Veranstalt­ungen und auf Partys in Sälen und öffentlich­en Räumen.

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FOTO: ANNETTE RIEDL/DPA Kurz nach der Sperrstund­e stehen zusammenge­klappte Stühle vor einer Bar in Berlin. Auch Haan hat eine Art Sperrstund­e verfügt.

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