Kulinarischer Krimi spielt auf Mallorca
Die Düsseldorfer Autorin Brigitte Lamberts hat ihren dritten Mallorca-Krimi veröffentlicht. Der spielt unter anderem in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Buch ist aber auch eine Urlaubssehnsuchts-Lektüre in Corona-Zeiten und versetzt Träumende auf die
DÜSSELDORF In Zeiten, in denen das Reisen mühselig bis unmöglich geworden ist, möchte man sich zumindest hinträumen an seine Sehnsuchtsorte. Etwa nach Mallorca, nur einen Luftsprung von hier und doch in weite Ferne gerückt. Man möchte das Meer und die malerische Landschaft vor Augen sehen, den Geruch der Insel einatmen und die einheimische Küche genießen. In ihrer Krimireihe „El Gustario de Mallorca“greift die Düsseldorfer Autorin Brigitte Lamberts diese Sehnsüchte auf und verquickt sie in ihrem neuen Roman mit einer spannenden Handlung.
Die zwei ersten Bände erschienen 2017 und 2019. Der dritte, kürzlich veröffentlicht, bekam durch Corona noch eine neue Dimension. Auch für Lamberts, die in diesem Frühling und Herbst nicht zur üblichen Lesereise nach Mallorca aufbrechen konnte. Mehr als 30 Mal hat sie dort im Vorjahr vor Publikum gelesen. In der deutschen Buchhandlung in Palma, in der Kulturfinca Son Bauló von Will Hoffmann in der Inselmitte und auch in Restaurants – was naheliegt: In ihren Büchern spielt Kulinarik eine bedeutsame Rolle. Immer wieder beschreibt sie real existierende Restaurants, jedes einzelne hat sie selbst besucht und getestet.
„Eine teure Recherche, bis man sich überall durchgefuttert hat“, sagt sie und lacht. Da kann es dann vorkommen, dass die Autorin auf der Rambla in Palma ihren Espresso trinkt und vom Ehepaar am Nachbartisch erkannt und angesprochen wird: „Es hatte im Jahr davor eine meiner Lesungen besucht und das Buch bei Touren über die Insel immer dabei.“
Ihr Gustario ist der Düsseldorfer Journalist Sven Ruge, der im ersten Band der Reihe nach Mallorca entsandt wird, um einen Restaurantführer zu schreiben. Was ihm auch gelingt und ihn dauerhaft an die Insel bindet. „Jedes Mal rutscht er ungewollt in einen neuen Fall hinein“, sagt sie. Zuletzt verliebte er sich in „El Gustario de Mallorca und das tödliche Gemälde“in die falsche Frau und musste um sein Leben fürchten.
Lamberts bettet ihre Krimis in einen historischen Hintergrund ein und benutzt neben der Gegenwart jeweils eine zweite Zeitebene. Die Geschehnisse in ihrem jüngsten Buch sind in der Nazi-Zeit angesiedelt und fördern Erstaunliches zutage. „Um 1940 lebten in Palma ungefähr so viele Deutsche wie heute“, berichtet sie: „Auswanderer, die Geschäfte eröffneten und einen neuen Lebensabschnitt beginnen wollten. Im Kleinen hat sich die Struktur des Deutschen Reiches auf Mallorca widergespiegelt.“Es gab Nazis, Pazifisten, Juden. Sehr früh wurde die NS-Ortsgruppe Palma gegründet, sogar Aufmärsche fanden statt. „Viele Verfolgte versuchten sich aus Deutschland nach Mallorca zu retten“, fand die Autorin heraus: „Was ein dramatischer Trugschluss war. Niemand konnte sich dort sicher fühlen.“
Brigitte Lamberts ist promovierte Kunsthistorikerin. In diesem Buch schlug sie zum ersten Mal eine Brücke zu ihrem erlernten Beruf. Sie baute ein Werk von Max Beckmann ein, hinter dem zwielichtige Gestalten her sind. „Das Bild ist fiktiv, aber es hat Spaß gemacht zu beschreiben, wie eine Auktion vonstattengeht“, sagt sie.
Der Krimi davor, „El Gustario de Mallorca und der tödliche Schatten“, greift eine Familienfehde im Spanischen Bürgerkrieg auf. „Der aktuelle Anlass, mich mit dem Thema zu beschäftigen, war vor einigen Jahren die Diskussion um die Öffnung eines Massengrabs. Auch vehemente Proteste konnten dies nicht verhindern. Man öffnete die Grabstätte und entdeckte Hunderte von toten Franco-Gegnern.“Im vierten Band, der gerade in Arbeit ist, spult Lamberts zurück ins 19. Jahrhundert, als der florierende Weinanbau den Mallorquinern zu Wohlstand verhalf.
Ihre Streifzüge über die Insel fehlen ihr sehr. Ebenso ihre Lesungen, die auch in der Heimat nur zögerlich wieder anlaufen. Viele mussten ausfallen, darunter die in einer noblen Seniorenresidenz. Hier hätte Lamberts die Anthologie „Pflegestufe Mord“vorstellen sollen. „In einem piekfeinen Heim stirbt kein Bewohner unter normalen Umständen“, beschreibt sie. Ganz schön schwarzhumorig für einen solchen Ort, oder? „Nun ja, die Betreiber hatten den Mut und das Interesse, mich einzuladen“, antwortet sie.
Bald, so hofft die Autorin, werde eine Rückkehr auf ihre geliebte Insel wieder möglich sein. Dann wird sie mit den Tipps von Freunden eine Fülle neuer Restaurants entdecken, wird quer durch die Insel fahren und markante Punkte fotografieren, um sich später beim Schreiben besser erinnern zu können. „Ich habe mich oft gefragt, was mich und viele andere an Mallorca so sehr reizt“, sagt Lamberts: „Ich glaube, es ist die Vielfalt. Fährt man einmal vom Süden in den Norden, hat man das Gefühl, dabei mehrere Klimazonen zu passieren.“