Kunst ohne Anfang und Ende
Der 84-jährige Christian Megert zeigt neue Arbeiten in der Setareh-Galerie. Der gebürtige Schweizer lebt seit vielen Jahren in Düsseldorf.
DÜSSELDORF Christian Megert stammt aus Bern, der Ideenschmiede der Avantgarde. Er war Mitbegründer der „Neuen Europäischen Schule“in Lausanne, organisierte für die Zero-Freunde die ersten Ausstellungen in der Schweiz und stellte mit ihnen 1968 auf der Documenta 4 aus. Im Unterschied zu seinen deutschen Kollegen ist er durch die konkrete Kunst in der Schweiz, vor allem durch Max Bill und das Bauhaus geprägt. Auch jetzt, inzwischen 84 Jahre alt, begnügt er sich mit dem
Dreieck als Spiegel und als gemalte Fläche und sorgt doch für eine ungeheure Lebendigkeit in seinen Konstruktionen, die mit Form und Farbe spielen. Dies zeigt seine Ausstellung in der Setareh-Galerie.
Ihn interessieren Aufbau, Anordnung, Zuordnung und Winkel. Seine Spiegelungen und Brechungen wirken stets in den Außenraum. Das Spiel von Fläche und rechtem Winkel, Farbe und Reflexion erzeugt eine Vielfalt in der Erscheinung, bei der zugleich die Bewegung des Betrachters eingefangen wird. Schon 1961 suchte er in seinem berühmten
Manifest nach einem Raum ohne Anfang und Ende, in dem alles lebt und zum Leben aufgefordert wird, der gleichzeitig ruhig und laut, unbewegt und bewegt ist. Es war der erste Schritt, um von der Kunst an der Wand zur Kunst im Raum zu gelangen. Für seinen „Spiegelraum“in Kassel legte er Spiegelquadrate aus, und die Besucher meinten, die Mauern würden sich öffnen. Seitdem ist der Betrachter ein unverzichtbarer Bestandteil seiner Kunst.
Im Spiegel können sich die Formen verdoppeln, verändern, brechen und multiplizieren. Wie seine einstigen Weggefährten Lucio Fontana und Jean Tinguely schneidet, collagiert und koloriert er. Seine Arbeitsweise ist simpel: Färbt er eine Spiegelscheibe von hinten und fixiert sie auf einer Platte, so hat er einerseits die abstrahlende Farbe auf dem Untergrund und andererseits die Fülle der Reflexe im Spiegelbild. Indem er derzeit aus Dreiecken spitze Berge und Täler arrangiert, kommt zur Fläche das Relief und die reflektierte Raumzone hinzu.
1973 zog er auf Einladung von Heinz Mack nach Düsseldorf und wurde Professor am neu geschaffenen Lehrstuhl für die „Integration bildende Kunst und Architektur“der Kunstakademie. Bis 2001 unterrichtete er die junge Generation, ließ sie Baupläne lesen, Perspektiven berücksichtigen und Modelle umsetzen. 2014 stellte er mit Zero im Guggenheim-Museum in New York aus. Vor Kurzem feierte er sein Comeback in Paris. In Düsseldorf lebt er seit 37 Jahren, wenn er nicht auf Visite in seiner Heimatstadt Bern ist.
Info Setareh-Galerie, Königsallee 27–31; geöffnet montags bis freitags 11–19 Uhr, samstags bis 18 Uhr.