Buchpreis-Trägerin lobt Romanheldin
Anne Weber erinnert in Dankesrede an Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir.
FRANKFURT (kna) Die Schriftstellerin Anne Weber (55) ist mit dem Deutschen Buchpreis 2020 ausgezeichnet worden. Das gab die Jury am Montagabend in Frankfurt bekannt. Weber wurde für ihren Roman „Annette, ein Heldinnenepos“geehrt. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert. Die Verleihung im Kaisersaal des Rathauses Römer fand am Tag vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse corona-bedingt ohne Publikum statt und wurde per Livestream übertragen.
Weber sei es gelungen, in der Form des Epos das reale Leben der heute 96-jährigen Anne Beaumanoir „in ein grandioses Stück Literatur zu verwandeln“, hieß es in der Begründung der Jury. Beaumanoir war in den 1940er Jahren Teil der Resistance. 1944 rettete sie in Paris jüdische Kinder vor den Nazis. Die Kraft von Webers Erzählung könne sich „mit der Kraft ihrer Heldin messen“, so die Jury. Es sei atemberaubend, mit welcher Leichtigkeit Weber die Lebensgeschichte der französischen Widerstandskämpferin
zu einem Roman über Mut, Widerstandskraft und den Kampf um Freiheit verdichte.
Die Jurymitglieder hatten seit Ausschreibungsbeginn 206 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2019 und dem 15. September 2020 erschienen sind. Mitte August wurde die Liste bereits auf 20 Titel eingegrenzt, Mitte September wurden die sechs Finalisten benannt.
Nun wurde Webers im Verlag Matthes & Seitz Berlin erschienenes Werk zum Sieger gekürt. Anne Weber wurde 1964 in Offenbach geboren und lebt als Autorin und Übersetzerin in Paris. Sie zeigte sich in ihrer Dankesrede überrascht: „Jetzt kommt der erhoffte und von mir auch gefürchtete Moment, wo ich etwas hier sagen muss, aber aus Aberglaube nichts vorbereitet habe.“Weber sagte, sie sei sich sehr bewusst, „dass der Erfolg dieses Buches nicht allein meiner Erfindungsgabe und meiner Gestaltungsgabe zu verdanken ist, sondern der Frau, deren Geschichte ich hier erzähle“. Anne Beaumanoir sei „die Heldin nicht nur dieses Buches, sondern eine wirkliche Heldin“.
Die weiteren fünf Finalisten des Deutschen Buchpreises erhalten jeweils 2500 Euro. Dies sind Bov Bjerg mit dem Roman „Serpentinen“, Dorothee Elmiger mit „Aus der Zuckerfabrik“, Thomas Hettche mit „Herzfaden“, Deniz Ohde mit „Streulicht“und Christine Wunnicke mit „Die Dame mit der bemalten Hand“.
Der Deutsche Buchpreis wird seit 2005 auf der Buchmesse vergeben. Mit ihm zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen „Roman des Jahres“aus.
2019 wurde der deutsch-bosnische Schriftsteller Sasa Stanisic für seinen Roman „Herkunft“ausgezeichnet, 2018 Inger-Maria Mahlke für „Archipel“. 2017 erhielt Robert Menasse den Preis für seinen Roman „Die Hauptstadt“. Ziel des Preises ist es, „über Ländergrenzen hinaus Aufmerksamkeit zu schaffen für deutschsprachige Autoren, das Lesen und das Leitmedium Buch“.