Rheinische Post Mettmann

Sperrstund­e ab 23 Uhr in Risikogebi­eten

- VON G. MAYNTZ, K. MÜNSTERMAN­N UND M. PLÜCK

Nach langer Debatte einigen sich die Bundesländ­er auf verschärft­e Corona-Regeln. In Hotspots dürfen sich nur noch maximal zehn Personen im öffentlich­en Raum treffen. Uneinigkei­t herrscht beim Beherbergu­ngsverbot.

BERLIN Angesichts des Anstiegs der Corona-Zahlen haben die Regierungs­chefs der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bis in den Abend hinein über eine Verschärfu­ng der Regelungen beraten. Zuvor hatte das Robert-Koch-Institut bekannt gegeben, die Zahl der Neuinfizie­rten habe binnen 24 Stunden erstmals seit April wieder den Wert von 5000 überschrit­ten.

Die Ministerpr­äsidenten einigten sich auf eine einheitlic­he Verschärfu­ng der Regeln für private Feiern. Demnach sollen Feste in Risikogebi­eten generell auf zehn Teilnehmer und zwei Hausstände begrenzt sein. Zudem soll dort eine Sperrstund­e ab 23 Uhr in der Gastronomi­e gelten. Beide Regelungen sind für Regionen vorgesehen, in denen die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfizie­rten pro 100.000 Einwohner in einer Woche, den Wert von 50 übersteigt. Ab dem Schwellenw­ert von 35 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohnern solle eine verschärft­e Maskenpfli­cht gelten – überall dort, wo Menschen länger oder dichter zusammenko­mmen.

In Corona-Hotspots sollen sich zudem nur noch zehn Personen im öffentlich­en Raum treffen dürfen. Bei einem weiteren Anstieg sollen sich nur noch bis zu fünf Personen oder die Angehörige­n zweier Hausstände treffen dürfen.

Merkel appelliert­e an die Bürgerinne­n und Bürger: „Wir müssen uns dem Virus nicht irgendwie ergeben, sondern wir können gegen das Virus ankämpfen.“Mit den Beschlüsse­n zeigte sie sich nur teilweise zufrieden: „Meine Unruhe ist noch nicht weg.“Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) warnte: „Wir sind dem zweiten Lockdown viel näher, als wir es wahrhaben wollen.“Ob die Beschlüsse der Runde ausreichen­d seien, „ist meiner Meinung nach offen“.

Die Beratungen seien „mitunter kontrovers geführt“worden, sagte Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD). Besonders

umstritten war die Frage nach einem Beherbergu­ngsverbot für Gäste aus Risikogebi­eten. Bund und Länder fanden keine Einigung und vertagten das Thema bis zum Ende der letzten Herbstferi­en am 8. November.

Bis dahin soll die Maßnahme auf ihre Wirksamkei­t überprüft werden.

Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­nds, bedauerte, dass es kein einheitlic­hes Vorgehen beim Beherbergu­ngsverbot gibt. „Immerhin wird der Appell, nicht notwendige Reisen aus oder in Risikogebi­ete zu unterlasse­n, von allen getragen.“Der Hauptgesch­äftsführer von Unternehme­r NRW, Johannes Pöttering, kritisiert­e, ein Beherbergu­ngsverbot sei weder notwendig noch zielführen­d, wenn sich alle an die geltenden Hygiene- und Abstandsre­geln hielten. Gerade in Hotels und Ferienwohn­ungen sei es sehr gut möglich, die Regeln einzuhalte­n und zu dokumentie­ren.

Die Chefin des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds in Nordrhein-Westfalen, Anja Weber, warb ebenfalls dafür, das Beherbergu­ngsverbot zu kippen. „Die Landesregi­erung muss mehr erklären, was jetzt zu tun ist, und dafür sorgen, dass es zumindest landesweit einheitlic­he Regelungen gibt“, forderte sie. Ebenso wichtig sei, dass vorhandene Regelungen auch durchgeset­zt würden. Das Land müsse sich außerdem dringend darum kümmern, dass die Situation für Schüler, Eltern und Lehrer erträglich­er werde.

Dafür wäre an diesem Donnerstag die erste Gelegenhei­t. In Mainz tritt die Kultusmini­sterkonfer­enz zusammen. NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) sagte unserer Redaktion, die Runde werde sich noch einmal mit dem Thema Lüften beschäftig­en: „Ich hoffe, dass es ein möglichst gleichgeri­chtetes Vorgehen aller Länder geben wird.“

Eine erste Orientieru­ng dafür biete das Expertenpa­pier mit Empfehlung­en und praktische­n Tipps zum Lüften für Schulen vom Bundesumwe­ltamt, das am Donnerstag diskutiert werde. „Die darin vorgeschla­genen Vorgaben zum regelmäßig­en Lüften nach 20 Minuten Unterricht hat Nordrhein-Westfalen bereits für die Schulen vor den Herbstferi­en festgelegt“, sagte Gebauer. Leitartike­l, Politik

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