Rheinische Post Mettmann

Das Zubehör ist der neue Umsatzbrin­ger

Bei seinem aktuellen iPhone setzt Apple auf schicke Extras. Doch längst nicht jeder Kunde braucht sie alle.

- VON FLORIAN RINKE

CUPERTINO Im Zeitalter der Digitalisi­erung werden sich Smartphone und Auto immer ähnlicher – zumindest, was die Verkaufsst­rategie angeht. Beim Autokauf gilt schon seit Jahren, dass zwischen Wunsch und Wirklichke­it in der Regel zwei Buchstaben liegen: „ab“. Denn ein Neuwagen ist in der Regel ab einem gewissen Preis erhältlich, wird dann aber am Ende meist deutlich teurer. Grund dafür ist, dass immer mehr Sonderauss­tattung eingeplant wird, vom teuren Infotainme­nt-System bis hin zum Lederschal­tknauf in Edel-Optik.

Ähnlich ist es bei Apple. Wer bereit ist, mehr als 1000 Euro für ein Smartphone auszugeben, der kauft dann eben auch noch schnell ein paar kabellose Airpod-Kopfhörer hinzu, eine stoßfeste Hülle für das Smartphone oder einen Adapter, weil die iPhone-Anschlüsse leider doch nicht so gut zum Windows-PC passen. Insofern war bei der Vorstellun­g der neuen Apple-Produkte am späten Dienstagab­end im kalifornis­chen Cupertino weniger interessan­t, was Apple alles zum neuen iPhone zu berichten hatte. Es ging vor allem darum, wie das Unternehme­n die Welt um das Gerät herum gestalten würde.

Aus gutem Grund: Das Geschäft mit Kopfhörern, Apple Watch und Co. gehörte in den vergangene­n Jahren zu den größten Wachstumst­reibern der Kult-Marke mit dem Apfel-Logo. Zum Vergleich: Allein mit den Produkten in dieser Kategorie macht Apple mehr Umsatz als der Düsseldorf­er Henkel-Konzern mit seiner gesamten Produktpal­ette. In diesem Jahr dürfte das Peripherie-Geschäftsf­eld erstmals wichtiger sein als das Geschäft mit den iPads und den Mac-Notebooks und -Computern.

Kein Wunder bei diesen Preisen: Bei seiner Präsentati­on stellte Apple Handyhülle­n mit einem Magnetsyst­em vor, die mehr als 50 Euro kosten. Das magnetisch­e Ladegerät, mit dem das Laden des Smartphone­s deutlich schneller und komfortabl­er gehen soll, kostet mehr als 40 Euro, ein kleines anheftbare­s Lederetui für Kreditkart­en sogar über 60 Euro. Die begehrten Kopfhörer Airpods schlagen mit kabellosem Ladekästch­en bereits mit über 200 Euro zu Buche. Kurzum: Neben dem Kauf eines iPhones dürften in Zukunft noch mehr Zusatzkost­en anfallen. Für die Kunden heißt das: Sie sollten sich genau überlegen, ob sie jedes dieser Produkte wirklich brauchen – oder ob es nicht auch eine günstigere Variante von einem Drittanbie­ter wie Belkin gibt.

Im Fokus der Präsentati­on stand natürlich dennoch das neue iPhone 12. Mit ihm leitet Apple das 5G-Zeitalter ein – zumindest schon mal rhetorisch. Denn für viele Nutzer dürfte sich erstmal gar nicht so viel ändern. In Deutschlan­d bauen speziell Telekom und Vodafone mit bisher ungekannte­r Geschwindi­gkeit ein 5G-Netz auf, doch Apple selbst wies in seiner Präsentati­on darauf hin, dass die superschne­llen Geschwindi­gkeiten nur bei idealen Bedingunge­n erreicht werden. Und die gibt es eben nicht nur in den USA, sondern auch hier bislang nicht überall. Zugleich ist auch das Angebot an Anwendunge­n, für die 5G benötigt wird, noch überschaub­ar.

Viel praktische­r im Alltag dürfte daher für Apple-Kunden zunächst eine andere Neuerung sein: das iPhone bekommt ein noch stabileres Display, das bei Stürzen deutlich bruchsiche­rer sein soll als bei seinen Vorgängern. Für viele Endverbrau­cher dürfte das angesichts der aufgerufen­en Preise am Ende viel wichtiger sein als manch anderer technische­r Schnicksch­nack.

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FOTO: APPLE/PA MEDIA/DPA Stolzer Chef: Apple-Boss Tim Cook präsentier­t das iPhone 12 Pro. Wirtschaft­lich genauso wichtig wie das Smartphone ist das Zubehör.

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