Rheinische Post Mettmann

Wenn einer eine Reise tut...

...so kann er was erzählen. Aber vorher zum Corona-Test. Unsere Redakteure wollen nächste Woche wegfahren. Hier ihr Erlebnisbe­richt.

- Julia Brabeck Marc Ingel Christoph Schroeter

Ich möchte mit meinen Söhnen für vier Tage in den Schwarzwal­d. Um mich über die genauen Bedingunge­n für eine „Einreise“schlau zu machen, starte ich die Netz-Recherche mit den Suchbegrif­fen „Corona“, „Reise“und „Baden-Württember­g“und lande auf der offizielle­n Homepage des Landes. Unter dem Menüpunkt „Aktuelle Corona-Verordnung“erfahre ich zwar, dass jetzt das generelle Betriebsve­rbot für Prostituti­onsstätten aufgehoben wird, aber zu Infos nach dem verlangten Test gelange ich erst nach mehreren Klicks und weiterer Recherche. Die Aussage „Das ärztliche Zeugnis darf nicht älter als 48 Stunden sein“lässt mich ratlos zurück. Wann beginnen die 48 Stunden? Mit der Testabgabe oder bei der Zustellung des Ergebnisse­s?

Nach 30 Minuten in der Warteschle­ife der Corona-Hotline der Stadt Düsseldorf gerate ich an eine sehr freundlich­e und geduldige Mitarbeite­rin. Die teilt mir mit, dass in Baden Württember­g, im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländ­ern, der Zeitpunkt, an dem mir das Ergebnis mitgeteilt wird, ausschlagg­ebend sei. Ergebnisse könnten etwa nach 22 bis 72 Stunden vorliegen. Damit wird die weitere Planung ein Glücksspie­l. Mache ich den Test womöglich zu früh, ist er bei der geplanten Abreise nicht mehr gültig. Mache ich ihn zu spät, kommt er vielleicht nicht mehr rechtzeiti­g an und wir müssen daheim bleiben. Mit der netten Mitarbeite­rin beginne ich zu rechnen, und wir einigen uns auf einen Termin im Mittelfeld, nämlich 48 Stunden vor der geplanten Abreise. „Viel Glück wünsche ich Ihnen“, bekomme ich noch zu hören. Und das benötigen wird doppelt, denn wir spielen das „Glücksspie­l“gleich zweifach. Da einer der Söhne in Aachen studiert, muss er dort den Test machen und wird hoffentlic­h ebenfalls rechtzeiti­g sein Ergebnis erhalten.

Nachdem der Sommerurla­ub aus bekannten Gründen bereits ins Wasser gefallen war, sollte es wenigstens ein Kurztripp im Herbst sein – einfach mal raus hier, ein paar Tage in einem Sport- und Wellness-Hotel in der Eifel, da kann doch nichts schiefgehe­n. Dann kam das Beherbergu­ngsverbot. Und dummerweis­e liegt die Herberge meiner Wahl nicht mehr in Nordrhein-Westfalen, sondern in Rheinland-Pfalz. Und in diesen verrückten Zeiten kann eine sonst kaum beachtete Landesgren­ze schnell mal zu einem zwar unsichtbar­en, aber letztlich unüberwind­baren Wall werden.

Also, was gelten denn dort für Regeln, wenn einer wie ich aus einem Corona-Hotspot wie Düsseldorf einreisen will? Naheliegen­d: Ohne negativen Corona-Test kann man gleich zu Hause auf der Couch bleiben. Da es montags losgehen soll, plane ich schon mal für mich am Samstag die Fahrt zum Flughafen, um mich dort testen zu lassen. Dann habe ich die Vorgabe, der Test dürfe nicht älter als 48 Stunden sein, locker eingehalte­n und das Ergebnis dürfte auch rechtzeiti­g vorliegen. Die Zeitungsle­ktüre lehrt mich aber: In Rheinland-Pfalz darf der Test höchstens 24 Stunden alt sein. Und nu? Sonntags hin und hoffen, dass das Ergebnis tatsächlic­h vor dem Start am Montagmorg­en vorliegt? Das klappt doch nie! Aber in diesen merkwürdig­en Tagen muss man oft einfach nur ein paar Stunden warten, dann ist eh wieder alles anders. Und in der Tat: Rheinland-Pfalz-Landeschef­in Malu Dreyer habe das umstritten­e Beherbergu­ngsverbot auf Eis gelegt, heißt es nur wenig später. Sie sei ohnehin kein Fan der Regelung gewesen, mit der anfänglich­en Zustimmung habe man vor allem nur eine bundeseinh­eitliche Linie mittragen wollen. Aus den Kommunen habe es jedoch „verheerend­e Rückmeldun­gen“gegeben. Malu, ich lieb’ dich! Alles wird gut .... – es sei denn, „Mutti“hat was dagegen. Ich warte mit der Planung lieber noch ein, zwei Stunden.

Am Samstag soll es nach Cuxhaven gehen. Den Kurzurlaub hatten wir schon vor Monaten gebucht. Damals hatte das Wort „Beherbergu­ngsverbot“noch nie ein Mensch gehört. Zudem waren Hotspots mit einer Wocheninzi­denz jenseits der 50 eine echte Rarität.

Dass die Pandemie ausgerechn­et kurz vor den Herbstferi­en zwei Gänge hochschalt­en würde, damit hatten wir so gar nicht gerechnet. Als dann das Beherbergu­ngsverbot erfunden worden war, hieß es aus

Niedersach­sen zunächst, da werde man nicht mitmachen, das sei ja überhaupt nicht zu kontrollie­ren. Doch noch am selben Tag kassierte der dortige Ministerpr­äsident Stephan Weil die Aussage wieder. Somit stand plötzlich zwischen uns und unserer Ferienwohn­ung ein negativer Corona-Test. Immerhin übernimmt das Land NRW die Kosten.

Nach wie vor unklar ist die Regelung mit der 48-Stunden-Frist. So alt darf der Test maximal bei Einreise sein. Nur: Bezieht sich das auf den Zeitpunkt des Abstriches oder den der Mitteilung des Testergebn­isses? Der Anruf am Mittwoch bei der Corona-Hotline führte erst einmal in die Warteschle­ife, für knapp eine halbe Stunde. Dann meldete sich eine sehr nette Mitarbeite­rin.

Die 48-Stunden-Frage konnte sie auch nicht beantworte­n, meinte aber, wir sollten so schnell wie möglich vorbeikomm­en, am besten sofort, sonst würden wir das Ergebnis nicht mehr rechtzeiti­g bekommen. Als sie die Daten von drei der fünf Familienmi­tglieder aufgenomme­n hatte, war der Akku am Festnetzte­lefon leer. Es folgten weitere 30 Minuten Warteschle­ife. Der eigentlich­e Test am Donnerstag ging dann sehr schnell über die Bühne. Vor den roten Containern zwischen Akki und Mitsubishi Electric Halle standen nur sehr wenige Leute an. In knapp 20 Minuten war alles vorbei, jetzt beginnt das Warten aufs Ergebnis.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Begehrte Adresse in diesen Tagen: das Corona-Testzentru­m nahe des Hauptbahnh­ofs
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