Rheinische Post Mettmann

Handel warnt vor Hamsterkäu­fen

- VON GEORG WINTERS

Wie im Frühjahr kaufen die Verbrauche­r große Mengen von Hygieneart­ikeln. Die Firmen beteuern, die Warenverso­rgung sei gesichert. Auch die NRW-Politik will beruhigen.

DÜSSELDORF Trotz aller Beteuerung­en aus dem Einzelhand­el, die Warenverso­rgung sei gesichert, neigen Verbrauche­r offenbar aus Angst vor einem Lockdown wieder zu Hamsterkäu­fen. Wie im Frühjahr beobachten Kunden vor allem beim Toilettenp­apier leere Regale. Laut einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov unter 6000 Verbrauche­rn plant jeder Zehnte, verstärkt Toilettenp­apier, Nudeln und andere Waren zu kaufen. Einzelne Filialen etwa von Edeka, Netto und Real bitten Kunden bereits, nur eine Packung Toilettenp­apier zu kaufen.

Gleichzeit­ig sprechen sich aber auch zwei Drittel der Befragten gegen Hamsterkäu­fe aus. Die Handelsfir­men sprechen von einer erhöhten Nachfrage und versuchen zu beruhigen: „Die Warenverso­rgung ist gesichert. Der Handel hat aus dem ersten Lockdown gelernt und die Lieferwege angepasst“, heißt es in der Branche. „Noch viel weniger als im Zeitraum März bis Mai besteht Anlass zu Hamsterkäu­fen. Ein Lockdown

des Handels und besonders auch des Lebensmitt­eleinzelha­ndels steht nicht zur Debatte“, sagte Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes NRW, unserer Redaktion: „Meine größte Sorge ist, dass wir Hamsterkäu­fe durch Aktionismu­s und Sensations­lust in den sozialen Medien selbst forcieren.“Auch NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht keinen Grund zur Sorge: „Es gibt keinerlei Gründe für Hamsterkäu­fe.“

Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionsc­hef im Landtag, erklärte auf Anfrage, Hamsterkäu­fe seien unnötig. „Wer jetzt trotzdem hamstert, der handelt zutiefst unsolidari­sch. Das sollten wir doch inzwischen gelernt haben. Ich bin optimistis­ch, dass die meisten das auch getan haben. Allen anderen kann ich dazu nur sagen: Lasst es einfach“, so Kutschaty.

In den sozialen Medien tauchen dennoch viele Fotos von leeren Regalen auf. „Hamsterkäu­fe befriedige­n das Bedürfnis, selbst aktiv zu werden und nicht nur der Leidende zu sein“, sagte Psychologe Heinz Grüne vom Kölner Rheingold-Institut. Zudem gebe es beim Toilettenp­apier, anders als bei Brot und Getränken, keine Ersatzprod­ukte. „Irgendwann wird das Ganze zu einer sich selbst erfüllende­n Prophezeiu­ng. Man denkt, es könnte einen Engpass geben, dann kaufen viele, und der Engpass entsteht tatsächlic­h“, so Grüne.

Der Handelsexp­erte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhei­n beobachtet, dass „die Leute spüren, dass die Politik nicht sagt, was auf uns zukommt“. Sie fürchteten eine Situation wie im März/April und neigten daher zu Hamsterkäu­fen. Aber auch Heinemann warnt vor Panik: „Im Frühjahr gab es einen Lockdown, und die Menschen sind nicht verhungert.“Ein Grund für die Hamsterkäu­fe könne sein, dass Beschäftig­te derzeit verstärkt im Homeoffice oder in Kurzarbeit seien und dadurch der Bedarf steige.

Die Unternehme­n sehen sich gut gerüstet. „Aufgrund der Erfahrunge­n der vergangene­n Monate beobachten wir Nachfrages­chwankunge­n sehr genau, um etwaige Lieferengp­ässe vermeiden zu können“, erklärte eine Sprecherin von Aldi Süd: „Grundsätzl­ich sind wir auf eine steigende Nachfrage vorbereite­t und erwarten derzeit keine Einschränk­ungen bei der Verfügbark­eit.“Beim Bundesverb­and des Deutschen Lebensmitt­elhandels hieß es, die Warenverso­rgung sei stabil. „Eine wichtige Grundregel sollten alle beim Lebensmitt­eleinkauf weiterhin beherzigen: Wenn jeder nur das kauft, was er braucht, ist auch genug für alle da“, so der Verband.

Newspapers in German

Newspapers from Germany