Die widersprüchliche Fortuna
Das 2:2 gegen Jahn Regensburg spaltet den Verein. Die einen loben die Moral, die zur Aufholjagd führte, die anderen sind entsetzt über die fehlerhafte Vorstellung vor allem in der Defensivabteilung. Das Problem dabei: Irgendwie sind alle im Recht.
So richtig wusste an diesem Sonntagnachmittag niemand, was er mit diesem Ergebnis anfangen sollte. 2:2 im Heimspiel gegen Jahn Regensburg – damit wäre vor dem Anpfiff sicher niemand im Fortuna-Lager zufrieden gewesen. Aber nach diesem Spielverlauf? Schon nach 20 Minuten 0:2 in Rückstand, in der Schlussphase doch noch egalisiert, dann aber bei drei Riesenchancen der Gäste in der Nachspielzeit wieder mit dem Rücken an der Wand. Wer es mit dem Grundsatz des Spatzes in der Hand hält, machte am Ende seinen Frieden mit dem Resultat.
Doch beim Streifzug durch die sozialen Netzwerke wird schnell klar, dass es sich dabei um die Minderheit der Fortuna-Anhänger handelt. Zumindest, was die veröffentlichte Meinung angeht, denn da dominiert die teilweise extrem heftige Kritik an der Vorstellung des Teams bis hin zu Rücktritts- und Rausschmiss-Forderungen an die Adresse nahezu aller Funktionsträger.
Nach gerade einmal vier Zweitliga-Spieltagen ist der Verein bei der Analyse des bisher Gesehenen bereits ordentlich zerrissen. Und wie es im Rheinland üblich ist, gehören Weltuntergangs-Szenarien gleich mit dazu. Spieler und Trainer bemühten sich nach dem 2:2 wenig überraschend eher um die sachliche Betrachtung mit Schwerpunkt auf den positiven Aspekten. „Wir können mit dem Punkt zufrieden sein, denn es war sehr schwer, in das Spiel zurückzukommen“, sagte zum Beispiel Kenan Karaman, nicht nur wegen seines Anschlustreffers zum 1:2 der beste Düsseldorfer Feldspieler. „Sicher müssen wir als Fortuna Düsseldorf den Anspruch haben, aufsteigen zu wollen, aber wir müssen auch die Situation beobachten. Es ist keine einfache Zeit durch
Corona und unsere vielen Verletzten. Fast jede Woche müssen wir ja mit einer anderen Startelf spielen. Wir müssen von Schritt zu Schritt denken und uns von Spiel zu Spiel verbessern.“
Auch Ausgleichs-Schütze Rouwen Hennings verwies auf die vielen Ausfälle,
gab aber außerdem zu: „Wir haben uns ein bisschen die Butter vom Brot nehmen lassen und mussten uns erst reinbeißen. Wir müssen einfach von der ersten Minute an anders auftreten.“Und nicht zuletzt bis zur letzten Minute – denn fast ebenso bedenklich wie der schwache Start und die fast durchgängig wacklige Defensivleistung war der Verlauf der Nachspielzeit. „Statt das Momentum des späten 2:2 zu nutzen, schnaufen wir durch“, bemängelte Trainer Uwe Rösler. „So etwas wird dann meist sofort bestraft.“Regensburg indes vergab seine drei
Großchancen, die Fortuna dem SSV Jahn noch gestattete, und ermöglichte Karaman so das Fazit: „Am Ende können wir mit diesem Punkt leben, aber unser Anspruch muss ein anderer sein.“
Entscheidend wird sein, wie schnell die Mannschaft sich findet und wann endlich ein vertretbares Maß an verletzungsbedingten Ausfällen erreicht wird. Dass die Abwehrkette noch nie in kompletter Besetzung antreten konnte, in Edgar Prib ein wichtiger Mittelfeld-Denker nur einen Pokalauftritt hatte und auch im Angriff ständig Ausfälle zu beklagen waren, all das können Trainer und Mannschaft als Erklärungen für die bislang sehr mäßigen Auftritte anführen – doch die Fankommentare zeigen, dass die Geduldsfäden bereits jetzt arg gespannt bis gerissen sind. Wenn der Verein zurück in die Erfolgsspur will, muss es gelingen, die Gräben zuzuschütten. Helfen können dabei nur Erfolge – und für die braucht man Selbstvertrauen. Rouwen Hennings gab an, der Ausgleich gegen Regensburg könne dazu einen wichtigen Push geben; und in diesem Fall wäre das 2:2 tatsächlich noch etwas mehr wert als nur einen Punkt.