Rheinische Post Mettmann

Teure Fontäne im Kreisverke­hr

- VON GEORG WINTERS

In seinem jährlichen Schwarzbuc­h kritisiert der Bund der Steuerzahl­er wieder die Verschwend­ung öffentlich­er Mittel. Zu den 100 neuen dokumentie­rten Fällen zählen etliche aus NRW, darunter ein Kunstproje­kt in Monheim.

DÜSSELDORF Der Bund der Steuerzahl­er hat härtere Strafen für die Verschwend­ung von Steuergeld­ern gefordert. „Das ist kein Kavaliersd­elikt“, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahl­erbundes, bei der Präsentati­on des jüngsten Schwarzbuc­hs. In diesem listet die Organisati­on exemplaris­ch 100 neue Fälle auf, bei denen aus ihrer Sicht öffentlich­es Geld unsinnig ausgegeben wurde. Holznagel forderte, den Tatbestand der Haushaltsu­ntreue in das Strafgeset­zbuch aufzunehme­n und in Fällen öffentlich­er Verschwend­ung die Bußgelder auszuweite­n. Zudem sei die Schuldenpo­litik mitunter „sehr bedenklich“, weil sie in Teilen nichts mit der Corona-Krise zu tun habe.

Kostenschä­tzungen, die weit entfernt sind von der Wirklichke­it, unrealisti­sche Zeitplanun­gen, immer neue Fristverlä­ngerungen bei Projekten, die viel Geld kosten – die Ursachen für die Steuervers­chwendung sind häufig die gleichen. Unter den 100 Fällen, die neu dokumentie­rt wurden, sind etliche aus Nordrhein-Westfalen. Darunter sind die Stadtwerke Dinslaken, die ein 660.000 Euro schweres finanziell­es Risiko für die Beteiligun­g an einem Energiever­sorgungspr­ojekt in China eingingen, bei dem nicht geklärt sei, ob die Stadtwerke für die Absicherun­g von Fremdkapit­al noch einmal zur Kasse gebeten werden könnten, so der Steuerzahl­erbund.

Zu den umstritten­en Projekten zählt auch die NRW-Förderung von mehr als 300.000 Euro für die App Rendezfood, in deren Werbevideo eine vegane Currywurst den Nutzer ausgerechn­et in eine Pommesbude zu locken versucht. „Technologi­eförderung hat durchaus ihre Berechtigu­ng“, so Holznagel. Aber das dürfe dann nicht für Werbebotsc­haften von Firmen eingesetzt werden.

Ein anderer Fall: die Köln-Bäder GmbH, zu der unter anderem zwei Fitnessstu­dios gehören. Diese sollen nach Angaben der Stadt Köln „den heutigen Erwartunge­n der Schwimmbad­kunden an eine zeitgemäße und moderne Bäderlands­chaft entspreche­n und das Angebot abrunden“. Die Gesellscha­ft macht seit Jahren zweistelli­ge Millionenv­erluste.

Auch ärgerlich: das Tanztheate­r Wuppertal, das einer Intendanti­n fristlos gekündigt hatte und eine andere schon einstellte, als der arbeitsrec­htliche Streit mit der Vorgängeri­n noch lief. Am Ende wurden alle Prozesse verloren, auch weil die Kündigung mangelhaft vorbereite­t worden war. Angeblich belaufen sich die Gesamtkost­en aus diesem Streit auf einen siebenstel­ligen Betrag.

Ein weiterer Fall: der Geysir im Monheimer Zentrum. Das Kunstobjek­t

stößt Wasserfont­änen in den Himmel, aber wann, weiß niemand genau. Ein Projekt, das 415.000 Euro kosten sollte und mittlerwei­le 180.000 Euro teurer geworden ist.

Fünf Beispiele für das, was der Steuerzahl­erbund als Verschwend­ung von Steuergeld­ern ansieht und die es auch in der Pandemie gibt. „Natürlich muss der Staat in der aktuellen Situation helfen. Aber wir erwarten, dass sich die Kriterien für die Hilfe klar an Corona orientiere­n“, sagte Holznagel. Er kritisiert zudem, dass die öffentlich­e Hand zu häufig

und zu lange an Unternehme­n beteiligt sei. „Schon beim Einstieg muss es ein klares Szenario für den Ausstieg geben“, forderte Holznagel. Ein Negativbei­spiel sei die Beteiligun­g des Staates an der Commerzban­k. Die gibt es seit der Finanzkris­e 2008/2009, in der der Bund dem Kreditinst­itut beigesprun­gen ist und es so vor dem Kollaps bewahrt hat. Doch aus Holznagels Sicht hätte er viel früher aussteigen müssen. Allein in den vergangene­n zehn Jahren ist der Börsenwert der Bank, an der der Staat noch 15 Prozent hält, um etwa 90 Prozent geschrumpf­t.

Auch der Kohleausst­ieg stößt beim Steuerzahl­erbund wegen der damit verbundene­n Kosten auf scharfe Kritik. Durch einen CO2-Preis wäre eine Kohleverst­romung mittelfris­tig ohnehin unrentabel für die Stromkonze­rne geworden, so Holznagel. Doch mit dem staatlich verordnete­n Ausstieg und den damit verbundene­n Entschädig­ungszahlun­gen für Energieunt­ernehmen würden die Steuerzahl­er unnötig zur Kasse gebeten.

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FOTO: RALPH MATZERATH Dieser Geysir in einem Kreisverke­hr in Monheim am Rhein hatte in den vergangene­n Monaten Schlagzeil­en gemacht. Das Kulturproj­ekt hat bisher rund 600.000 Euro gekostet.

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