Angst vor neuen Corona-Auflagen
Im Sport wächst die Befürchtung, durch neue Beschränkungen immer stärker in Existenznot zu geraten. Den möglichen Beschlüssen von Kanzlerin Merkel und den Länderchefs wird daher mit großem Bangen entgegengesehen.
FRANKFURT (dpa) Die Ängste und Sorgen im deutschen Sport werden immer größer. Nach drastisch limitierten Zuschauerzahlen in den Stadien und Hallen wächst nun die Furcht vor erneuten gravierenden Corona-Einschränkungen. „Wenn der Sport als Geisel der Politik hinhalten muss, wird es ans Eingemachte der Vereine und Verbände gehen“, sagte Ingo Weiss, Sprecher der Spitzenverbände und Präsident der Basketballer, vor dem Gipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch. Ein möglicher erneuter Lockdown würde den Sport „an seinen Wurzeln“treffen.
„Jede neue Einschränkung würde auch wieder Auswirkungen auf den Sport haben“, sagte Dagmar Freitag, Sportausschussvorsitzende des Bundestages. Bei aller berechtigten Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung könne man festhalten, dass Sportveranstaltungen „unauffällig
in Bezug auf Infektionszahlen“gewesen seien. „Aber ich sehe auch die Schwierigkeit, Sonderregelungen für den Sport zu rechtfertigen, wenn andere Bereiche möglicherweise wieder mit starken Einschränkungen konfrontiert werden“, meinte die SPD-Politikerin.
Dies sieht Weiss anders. „Ich glaube, dass die Sportfans in so einer Situation vielleicht disziplinierter und achtsamer sind als die bei einem Rockkonzert“, sagte er. „Ein Lex Sport hilft deshalb auch den anderen Organisatoren von Veranstaltungen, wenn sie die Konzepte des Sports als Blaupause, wie man Zuschauer zulassen kann, nehmen.“
Falls die Politik wegen der sprunghaft steigenden Infektionszahlen die derzeit zulässige Zuschauerkapazität von maximal 20 Prozent verringern oder gar ein vorläufiges Verbot von Sportevents aussprechen sollte, befürchten vor allem die Teamsport-Ligen erhebliche
Auswirkungen. „Die Lage ist angespannt. Wenn wir weiter zurückgeworfen werden, sind wir ratlos. Es geht um sehr viel für uns“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga.
Da der Sport nicht zu den hohen Infektionszahlen beitrage, hofft der 55-Jährige wie die gesamte Branche darauf, dass dem Rechnung getragen werde. Schließlich habe die
Pandemie schon jetzt wirtschaftliche Spuren hinterlassen: „Ein, zwei Geisterspiele sind zu verkraften, danach geht es an die Substanz.“Selbst die Variante mit 20 Prozent der Zuschauer koste mehr Geld, als sie einbringe. Dennoch ist der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga für eine Verlängerung der Ende des Monats auslaufenden Testphase mit Zuschauern. „Ich denke, das würde absolut Sinn machen“, sagte Stefan Holz. Die Basketball-Bundesliga will mit ersten Punktspielen am 6. November in ihre neue Saison starten – gern mit Fans. „Wir haben Konzepte vorgelegt und gezeigt, dass diese funktionieren.“
Sollte die Politik in dieser Woche strengere Maßnahmen beschließen, sei das Mindeste, dass der Spielbetrieb fortgesetzt werden kann. „Das ist die absolute Baseline. Sonst können wir den Laden dicht machen“, so Holz. Im Falle eines dauerhaften Zuschauerverbots sei der Sport auf finanzielle Unterstützung durch die Politik angewiesen.
Dass die Restriktionen am Sport wohl nicht vorbeigehen werden, zeigen auch die drastischen Kontaktbeschränkungen in Schleswig-Holstein, wo sich von diesem Wochenende an nur noch maximal zehn Personen treffen dürfen. Die Regel gilt auch für den Amateursport, der Profisport ist ausgenommen.
Auch der Fußball wehrt sich gegen einen möglichen erneuten Total-Ausschluss der Fans. „Wir sind uns alle darin einig, dass der Kampf gegen die Pandemie entschlossen und konsequent geführt werden muss, aber auch zielgerichtet und sachgerecht“, so Axel Hellmann, Vorstandsmitglied von Eintracht Frankfurt. „Deswegen halten wir die Praxis des Zuschauerausschlusses – nicht nur im Profifußball – dauerhaft für den falschen und nicht mehr verhältnismäßigen Weg.“