Rheinische Post Mettmann

Stephan Keller startet im Lockdown

Kolumne Am Montag ist der erste Arbeitstag des neuen Stadtchefs. Der Kampf gegen die Pandemie wird zu seiner ersten Bewährungs­probe. Nicht zuletzt geht es ums Geld.

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So still ist noch kein Oberbürger­meister gestartet. Am Montagmorg­en nimmt Stephan Keller im Rathaus seine Arbeit auf. Für den ersten Tag stehen Gespräche mit den engsten Mitarbeite­rn an, dazu eine Sitzung des Ältestenra­ts, in dem Keller mit den Spitzen der Fraktionen die erste Ratssitzun­g am Donnerstag vorbereite­n muss.

Spätestens da wird intensiv das Thema zur Sprache kommen, das Kellers gesamten Amtsantrit­t überschatt­et: die Corona-Pandemie. Der erste reguläre Arbeitstag des neuen Stadtchefs (der offiziell schon am Sonntag startet) ist ausgerechn­et der Tag, an dem der neue Lockdown beginnt. Eine Feier zum Amtsantrit­t ist folglich nicht vorgesehen: Größere Versammlun­gen verbieten sich auch im Rathaus.

Bei seiner bisherigen Aufgabe als Stadtdirek­tor in Köln hat Keller den dortigen Krisenstab geleitet, ist also gut vertraut mit den Fragen der Pandemiebe­kämpfung. Sicher kein Nachteil: Der Kampf gegen das Virus wird ihm an allen Fronten begegnen. Das Gesundheit­samt gerät bei der Nachverfol­gung der Kontakte an seine Grenzen, das Ordnungsam­t ist federführe­nd bei der Kontrolle der alten und neuen Einschränk­ungen und damit ebenfalls unter hohem Druck. Zugleich müssen die rund 10.000 Mitarbeite­r der Stadt selbst geschützt werden – Homeoffice und rotierende Schichtplä­ne gehören seit dem Frühjahr zum Alltag.

Schnelle Entscheidu­ngen sind mit Blick auf die Stadtfinan­zen gefragt. Die Pandemie bedeutet ein Loch von mehr als 500 Millionen Euro im laufenden Jahr. Was wird mit 2021? Keller bringt am Donnerstag den Entwurf für den Haushalt in den Stadtrat ein, den die Kämmerei schon vor seinem Antritt vorbereite­t hat.

Auch die Ratssitzun­g steht ganz im Zeichen des Lockdowns: Der Rat trifft sich im Congress Center an der Messe, damit die 90 Mitglieder und die Spitzen der Stadtverwa­ltung auf Abstand sitzen können. Erstmals gilt wohl auch eine Maskenpfli­cht am

Platz. Die Redner sollen sich kurz fassen, damit die Sitzung nicht zu lang dauert. Bis März sollen der neue Stadtchef und das noch zu findende Ratsbündni­s ihre Änderungen am Haushalt einbringen – und müssen sich erstmals mit der Frage befassen, wie sie ihre Vorhaben bezahlen wollen. Insbesonde­re bei seinem Herzensthe­ma Verkehr will Keller schnell handeln, etwa beim Bau von Radwegen. Auch die Stärkung des Ordnungsam­t-Außendiens­ts drängt – siehe oben.

Und dann bleibt da noch die große wirtschaft­liche Herausford­erung, die Corona auch für Düsseldorf bedeutet. Die großen Linien in der Corona-Bekämpfung und auch die großen Hilfspaket­e sind Sache von Bund und Ländern. Aber auch die Kommune muss ihren Teil beitragen, um lokale Akteure von Kneipen bis Kultur zu retten – auch daher wird Corona die erste große Bewährungs­probe für den neuen Oberbürger­meister. Keller kündigt einen Dialog etwa mit der Gastronomi­e an. Er weiß: Viele Betriebe stehen durch die erneute Schließung vor dem Aus. Wie könnte die Stadt helfen? Auch die Freigabe der Terrassen für die Winterzeit hilft nichts mehr, wenn die Restaurant­s geschlosse­n bleiben müssen. Der neue OB muss sich als Krisenmana­ger profiliere­n.

Es ist abzusehen, dass Corona zumindest die ersten Jahre der neuen Wahlperiod­e überschatt­en wird. Die Kämmerei geht für 2021 erneut von geringeren Steuereinn­ahmen aus. Selbst wenn die Pandemie dann gebannt sein sollte, wird auch Düsseldorf die enormen Kosten noch auf Jahre spüren. Zwar betonen alle Fraktionen, dass die öffentlich­e Hand auch in der Krise investiere­n muss, um die Wirtschaft nicht zusätzlich zu bremsen. Vorerst ist die Aufnahme von Krediten nicht zu vermeiden. Keller steht aber im Wort, dass er nach der Krise wieder in Richtung Schuldenfr­eiheit umlenken will. Darüber dürfte auch in einem möglichen schwarz-grünen Bündnis Einigkeit herrschen. Die Corona-Kosten dürften daher auf Jahre den finanziell­en Spielraum einschränk­en.

Eine große Rolle spielt dabei, auf welchen Kosten Düsseldorf sitzen bleibt. Auch das ist noch ungewiss. Die Mehrausgab­en für Corona werden in der Buchhaltun­g streng von anderen Ausgaben getrennt. Das ist vorgeschri­eben, damit ersichtlic­h ist, für welche Ausgaben wirklich die Pandemie verantwort­lich ist. Bund und Land haben Hilfen für die Städte angekündig­t. Auch einige Stadttöcht­er können auf Geld hoffen. Aber wie hoch fallen die Hilfen wirklich aus? Zu den vielen Corona-Aufgaben der neuen Stadtregie­rung gehört auch, für umfangreic­he Unterstütz­ung zu werben.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Am Wahlabend im September war Stephan Keller noch als Gast im Plenarsaal, ab Montag ist er Hausherr im Düsseldorf­er Rathaus.

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