„Manche denken an Studienabbruch“
Die AStA-Vorsitzende der Uni Düsseldorf sagt, was die Hochschule im neuen Semester besser machen sollte und womit Studierende zu kämpfen haben.
Frau Volkmer, Sie sitzen gerade in Ihrem Büro an der Uni. Hat es Ihnen im Sommersemester gefehlt, auf dem Campus zu sein?
VOLKMER Ich war tatsächlich das ganze Sommersemester auf dem Campus, ich wohne nämlich im Studierendenwohnheim. Was mir aber sehr gefehlt hat, waren die Lehrveranstaltungen, der Austausch mit den Kommilitonen. Nur über Whatsapp-Gruppen zu kommunizieren: Da fehlte viel Persönliches.
Jeder Studierende soll in diesem Semester mindestens eine Veranstaltung auf dem Campus besuchen dürfen. An den Schulen finden deutlich mehr statt. Haben Sie dafür Verständnis?
VOLKMER Den Hochschulbetrieb kann man schwer vergleichen mit dem an Schulen. In einer Schule hat man immer den gleichen Klassenverband, bei Universitätsveranstaltungen teilweise Vorlesungen mit 300 Studierenden, die mal hingehen, mal nicht. Da ist die Nachverfolgbarkeit nicht so einfach.
Freuen sich die Studierenden, dass sie jetzt wieder auf dem Campus Veranstaltungen besuchen dürfen?
VOLKMER Von meinen Kommilitonen aus der Biologie habe ich mitbekommen, dass das sehr gemischt ist. Einige freuen sich tierisch, dass sie wieder im Labor stehen dürfen und sich austauschen können. Viele haben aber auch Angst, in Veranstaltungen zu gehen, einige, vor allem Erstis, wohnen noch zu Hause bei ihren Eltern und wollen sie nicht gefährden.
Auch in diesem Semester wird aber vor allem am Laptop studiert. Kommen die Studierenden mit dem Online-Studium zurecht?
VOLKMER Manchen liegt das sogar besser, Vorlesungen nochmal anhören oder auf Pause drücken zu können. Manche haben aber auch schwierige Umstände, weil sie in den WGs oder bei den Familien zu Hause nicht in Ruhe lernen können. Manche haben nicht einmal ein passendes Endgerät: Im vergangenen Semester haben wir mit der Uni 80 Laptops an Bedürftige vergeben und auch jetzt ist die Nachfrage groß. Und die Uni ist eine Pendler-Uni, viele Studierende kommen aus ländlichen Regionen, wo sie keine stabile Internetverbindung haben.
Was sollte die Universität Düsseldorf in diesem Semester besser machen?
VOLKMER Die Kommunikation. Es gab teilweise großes Chaos, Studierende wussten überhaupt nicht, wann und wie ihre Veranstaltungen stattfinden würden, manche fielen ganz aus und man wusste nicht, auf welchem anderen Weg man einen Leistungsnachweis erbringen konnte. Und es gab Aussetzer bei einigen Dozierenden.
VOLKMER Ja, gerade die frisch nach Düsseldorf gezogenen haben noch keinen Anschluss, kennen niemanden hier persönlich. Da ist die Gefahr ziemlich groß.
Wegen der Corona-Krise haben viele Studierende ihre Jobs etwa in der Gastronomie verloren, manche können von ihren Eltern keine finanzielle Hilfe mehr bekommen. Wie schlimm ergeht es ihnen?
VOLKMER Ich denke besser als noch am Anfang der Pandemie. Das war damals ein Schock, als viele ihr Einkommen von jetzt auf gleich verloren haben.
Waren die Überbrückungshilfen des Bundesbildungsministeriums im Sommer, die 100 bis maximal 500 Euro monatlich, denn nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Brauchen Studierende nicht eine längerfristige Lösung?
VOLKMER Ja, die Soforthilfen waren nur ein Tropfen. Die Beantragung verlief teilweise katastrophal, die Voraussetzungen waren für mich undurchsichtig. Wenn man 500 Euro oder auch weniger auf dem Konto hatte, bekam man nichts, obwohl die Mieten gerade in Düsseldorf ja hoch sind.
Wie könnten Hilfen aussehen?
VOLKMER Wir brauchen langfristige Hilfen, weiterhin Soforthilfen, aber die Öffnung des BAföGs wäre am einfachsten: dass man auch elternunabhängig die Leistungen bekommen kann. Viele Eltern befinden sich in Kurzarbeit und Studierende, die früher nicht bezugsberechtigt waren, sind es jetzt eigentlich, bekommen aber nichts.
Befürchten Sie, dass ein Teil der Studierenden aus finanzieller Not das Studium abbrechen könnte?
VOLKMER Ja, auch von anderen Studierendenvertretungen weiß ich von solchen Fällen.
Wie finanzieren Sie Ihr Studium?
VOLKMER Aktuell bekomme ich eine Aufwandsentschädigung für meine Arbeit im AStA-Vorstand, das sind monatlich 600 Euro. Im Studierendenwohnheim zahle ich für mein Einzelapartment 320 Euro Miete und ich bekomme Kindergeld, damit komme ich zurecht.
Zum Studierendenleben gehören auch Partys, Konzerte, Festivals, Kneipenbesuche. Selbst die Mensen waren bis vor wenigen Tagen noch geschlossen. Findet noch studentisches Leben statt?
VOLKMER Auf dem Campus herrscht Stillstand, aber wir haben unterschiedliche Angebote geschaffen über einen Discord-Server, das ist ein Chatprogramm. Studierende können sich da kennenlernen, es finden Spieleabende virtuell statt, zu Heinrich Heines Geburtstag planen wir einen Poetry Slam. Auch unsere Studierendenmesse, wo sich eigentlich am Semesteranfang alle studentischen Gruppen vorstellen, findet virtuell statt.
Was vermissen Sie denn am meisten in Ihrem Leben als Studierende?
VOLKMER Den Austausch mit den Kommilitonen, im Hörsaal nach einer Veranstaltung mit ihnen über den Vortrag zu sprechen und auch die Veranstaltungen neben dem Studium wie das Campuskino oder den Hochschulsport, der im Moment auch nicht stattfindet.
Wenn die Corona-Pandemie überstanden ist, werden Sie als erstes...?
VOLKMER Mich mit allen Freunden treffen! Zum Beispiel zu einem gemütlichen Spieleabend ganz ohne Sorgen, mit ein paar Bier. Oder mal ausgelassen in die Altstadt gehen, zu einem Konzert. Das habe ich alles ziemlich vermisst.