Vom Sterben und Auferstehen
Das Gedenken an die Heiligen und Toten ist nicht nur ein Blick in die Vergangenheit.
Die 1988 in einem Düsseldorfer Altenheim verstorbene jüdische Lyrikerin Rose Ausländer sprach von ihrem Leben mit der Wendung: „Immer von neuem sterben und auferstehen.“Sie war gebürtig aus Rumänien. 1921 emigrierte sie in die USA, dann kam sie zurück in ihre Heimat, entkam den Nationalsozialisten und ging 1946 wieder in die USA ins Exil, kam 1964 zurück nach Europa, um dann 1970 in Düsseldorf ins jüdische Altersheim zu ziehen.
Immer von neuem sterben und auferstehen, das war wohl ihr ganzes Leben. Wenn Katholiken am 1. November der Heiligen gedenken und am darauffolgenden Tag der Toten, dann ist dies nicht nur ein Blick in die Zeit nach unserem irdischen
Leben, sondern auch ein Blick in die Gegenwart. Ist nicht auch unser Leben ein ständiges Sterben und Auferstehen? Jedes „Loslassen müssen“ist wie ein kleiner Tod, jeder Abschied, jede Krankheit, die Pandemie – alles ist im Sterben begriffen.
Und doch sagt uns unser Glaube und zeigt uns das Leben, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Aus dem Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, geht reiche Frucht hervor.
Wenn wir der Heiligen und der Verstorbenen gedenken, wird unser
Blick in die Vergangenheit gelenkt. Wie haben sie gelebt, was hat ihnen Trost,
Hoffnung und Zuversicht gegeben? Wir sollten aber auch die Gegenwart und die Zukunft in den Blick nehmen. Wo finden wir Trost, Hoffnung und Zuversicht?
Martin Luther soll gesagt haben: „Und wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“Ja, unser Leben ist ein Sterben und Auferstehen, diese Hoffnung wünsche ich Ihnen allen.
Joachim Decker
Leitender Pfarrer in der Pfarrgemeinschaft Eller-Lierenfeld