Hungriger Dieb muss in Psychiatrie
Mangels Geld und Hilfe ist der Erkrather immer wieder in Geschäfte eingebrochen.
ERKRATH/WUPPERTAL Der Angeklagte hatte Hunger und nachts die Türen eines Supermarktes aufgehebelt. So oft, dass man dort am Ende auf umfangreiche Reparaturen verzichtet und die Einbruchschäden nur noch notdürftig behoben hatte. Mal saß der Mann mit einem Tomatenbrot vor dem Regal, ein anderes Mal mit Frikadellen und einem Croissant.
Er habe kein Geld gehabt und nicht zu essen – seinen Betreuer habe er mitten im Lockdown im Frühjahr nicht erreichen können. Irgendwann stand er dann mit einem Phasenprüfer in dem Kiosk, in dem er sich früher seine Zigaretten gekauft hatte. Ab und an soll der Kioskbesitzer ihm auch mal eine Schachtel zugesteckt haben. Auch die als Zeugin gehörte Angestellte, die den Schraubendreher in seiner Hand gesehen hatte, kannte den Mann.
Große Angst habe sie nicht gehabt vor ihm, er habe die Zigaretten
aus der Auslage genommen und sei wieder gegangen. Weil auch ein Phasenprüfer ein gefährliches Werkzeug ist, stand am Ende der Vorwurf in der Anklageschrift, einen schweren Raubüberfall begangen zu haben. Weil der 35-Jährige unter einem psychischen Erkrankung leidet und als eingeschränkt schuldfähig gilt, forderte der Staatsanwalt in seinem
Plädoyer dessen dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.
Dem folgte auch das Gericht, nachdem bereits ein psychiatrischer Gutachter die „Gefährlichkeit für die Gemeinschaft“festgestellt hatte, wenn die Erkrankung unbehandelt bleiben würde. Auch wenn der Angeklagte die Polizeibeamten vor den Supermarktregalen gefragt haben soll, was er denn noch tun müsse, um endlich im Knast dreimal am Tag etwas zu essen zu bekommen: Eine solche Perspektive für die nächsten Jahre dürfte er sich eher nicht gewünscht haben. Schon in der Untersuchungshaft, in der er nach den Taten untergebracht worden war, soll er in der Zelle randaliert haben. In die geschlossene Psychiatrie verlegt, soll es dort ähnlich weitergegangen sein. Der Angeklagte soll Probleme mit engen Räumen haben, zuhause komme er gut klar. Zumindest dann, wenn er genug Geld habe, um sich etwas zu Essen zu kaufen.
Das habe ihm im Frühjahr gefehlt, weil die Familie ihn nicht mehr habe unterstützen können. Seinen Betreuer habe er nicht erreichen können - was im übrigen auch der Staatsanwalt bestätigte, der das später ebenfalls erfolglos versucht hatte. Nun also geht es für den Angeklagten in der forensischen Psychiatrie weiter. Läuft es dort gut, stellt ein Psychiater möglicherweise bald schon fest, dass er psychisch stabilisiert in die Freiheit entlassen werden kann. Eventuell mithilfe von Medikamenten, die ihm einen normalen Alltag ermöglichen.
Seinen Betreuer hat er mitten im Lockdown nicht erreichen können