Hotels setzen in der Krise auf Dauergäste
Selbst ins Luxus-Hotel De Medici kann man ab 950 Euro pro Monat einziehen. Wir haben Langzeitmieter in zwei Häusern besucht.
DÜSSELDORF Hotels richten ihr Geschäftsmodell in der Corona-Krise neu aus. Da reisende Gäste in großer Zahl ausbleiben und im Lockdown aus touristischen Gründen nicht mehr beherbergt werden dürfen, öffnen sie sich für den Wohnungsmarkt. Das gilt selbst für das Luxushotel De Medici in der Altstadt an der Mühlenstraße. Auch dort sind seit kurzer Zeit deutlich günstigere Monatstarife buchbar. Das Gleiche gilt für das Vier-Sterne-Haus der gleichen Hotelkette Derag Livinghotels an der Kirchfeldstraße.
Das hilft den Häusern auch jetzt im November. Während touristische Buchungen storniert werden müssen, dürfen die Langzeitmieter bleiben. Bertold Reul, Direktor des Derag Livinghotels De Medici, sagt: „Es ist ein schönes Gefühl, das Haus belebt zu wissen.“Außerdem könne mit dem neuen Ansatz die Unterdeckung bekämpft werden. Um 80 Prozent seien die Umsätze in diesem Jahr der Pandemie niedriger ausgefallen. Doch während Tourismus und Geschäftsreisen eingebrochen seien, zeige sich der Wohnungsmarkt stabil. Das wolle man nutzen.
Im Kern heißt das: Die Monatstarife wurden deutlich reduziert, sie liegen zum Teil nur noch bei 30 Prozent der üblichen Raten. Die niedrigste Monatsmiete beträgt jetzt rund 950 Euro. Pro Nacht sind das gut 30 Euro. Von 170 Zimmern im De Medici sind 58 mit Küchen ausgestattet. 20 von ihnen sind belegt. „Tendenz steigend“, sagt Reul. Anfragen
für zehn weitere Buchungen würden gerade bearbeitet.
Einer, der das Angebot nutzt, ist Alexander Unfericht. Er hat an der Ratinger Straße eine Filiale seiner Burgerkette „Food Brother“eröffnet und pendelt zwischen den unterschiedlichen Standorten hin und her. Seine Familie wohnt in Münster, das Hotelzimmer in Düsseldorf mache ihm vieles leichter. „Ich habe zum Beispiel keine Arbeit mit der Einrichtung und kann mich voll auf die Arbeit konzentrieren.“Und beim Auszug aus seiner letzten Wohnung
habe er viel Ärger mit der Rückzahlung der Kaution gehabt. „Ich bin so viel flexibler. Und ich könnte mir keine Einzimmerwohnung so schön einrichten.“Sogar geschäftliche Konferenzen habe er in dem Zimmer durchgeführt, was angenehmer sei als in der eigenen Wohnung. Den Service des Hotels kann er ebenfalls nutzen. Der Concierge bestellt zum Beispiel auf Nachfrage etwas zu essen. Der Fitnessraum kann genutzt werden. Reul hat sogar Waschmaschine und Trockner für die Langzeitmieter angeschafft.
Und die Zimmer werden gereinigt.
Auch im Derag Livinghotel an der Kirchfeldstraße setzt man mehr auf Langzeitmieter. Die Voraussetzungen sind gut, da das Haus immer schon auf Geschäftsreisende ausgerichtet war, die etwas länger bleiben und sich selbst versorgen wollten. Von 160 Zimmern sind 128 mit Küche ausgestattet. Doch da kaum noch Geschäftsreisende kommen, ziehen nun zu günstigeren Konditionen sogar Studenten ein.
Einer, der das Angebot nutzt, ist der 30-jährige Julian W., der als Model schon von P&C, Breuninger und Pierre Cardin gebucht wurde. „Für meine jetzige Lebenssituation ist das perfekt“, sagt er. Da er viel reise, sei er so sehr flexibel. Kurzfristige Kündigungen seien kein Problem. Außerdem brauche er sich keine Möbel anzuschaffen, in die er später lieber mehr investieren wolle. Und auf dem Wohnungsmarkt konkurriere er bei einem schönen Altbau mit Ärzten und Anwälten, wo er kaum eine Chance habe. Zudem koste die Wohnungssuche viel Zeit und hoch seien die Mieten auch. Und: „Ich bin es gewohnt, aus dem Koffer zu leben und in dieser Hinsicht sehr unkompliziert.“Einen Teil seines Hausstandes habe er zwischenzeitlich bei seinem Vater untergestellt.
Natürlich gebe es auch Nachteile. Freunde einzuladen, sei zum Beispiel schwierig. Aber das Hotel soll für ihn keine langfristige Lösung bleiben.
Die Hotels selbst hoffen derweil, mit ihrem Konzept zumindest ein wenig die Umsatzeinbußen auffangen zu können. Auch im 25hours „Das Tour“am Louis-Pasteur-Platz gibt es deshalb seit Mitte des Jahres monatliche Tarife, wie Sprecher Niklas Thelemann sagt. „Wir wollen unsere Rate attraktiver machen“. Etwas teurer wird es hier allerdings als bei Derag Living: Studenten, Schüler und Auszubildende zahlen 999 Euro, nicht ermäßigt liegt der Preis bei 1550 Euro. Was laut Thelemann auf die Nacht heruntergerechnet immer noch sehr günstig sei. Eine Küche gibt es nicht, aber immerhin einen Kühlschrank.