Rheinische Post Mettmann

Hotels setzen in der Krise auf Dauergäste

Selbst ins Luxus-Hotel De Medici kann man ab 950 Euro pro Monat einziehen. Wir haben Langzeitmi­eter in zwei Häusern besucht.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Hotels richten ihr Geschäftsm­odell in der Corona-Krise neu aus. Da reisende Gäste in großer Zahl ausbleiben und im Lockdown aus touristisc­hen Gründen nicht mehr beherbergt werden dürfen, öffnen sie sich für den Wohnungsma­rkt. Das gilt selbst für das Luxushotel De Medici in der Altstadt an der Mühlenstra­ße. Auch dort sind seit kurzer Zeit deutlich günstigere Monatstari­fe buchbar. Das Gleiche gilt für das Vier-Sterne-Haus der gleichen Hotelkette Derag Livinghote­ls an der Kirchfelds­traße.

Das hilft den Häusern auch jetzt im November. Während touristisc­he Buchungen storniert werden müssen, dürfen die Langzeitmi­eter bleiben. Bertold Reul, Direktor des Derag Livinghote­ls De Medici, sagt: „Es ist ein schönes Gefühl, das Haus belebt zu wissen.“Außerdem könne mit dem neuen Ansatz die Unterdecku­ng bekämpft werden. Um 80 Prozent seien die Umsätze in diesem Jahr der Pandemie niedriger ausgefalle­n. Doch während Tourismus und Geschäftsr­eisen eingebroch­en seien, zeige sich der Wohnungsma­rkt stabil. Das wolle man nutzen.

Im Kern heißt das: Die Monatstari­fe wurden deutlich reduziert, sie liegen zum Teil nur noch bei 30 Prozent der üblichen Raten. Die niedrigste Monatsmiet­e beträgt jetzt rund 950 Euro. Pro Nacht sind das gut 30 Euro. Von 170 Zimmern im De Medici sind 58 mit Küchen ausgestatt­et. 20 von ihnen sind belegt. „Tendenz steigend“, sagt Reul. Anfragen

für zehn weitere Buchungen würden gerade bearbeitet.

Einer, der das Angebot nutzt, ist Alexander Unfericht. Er hat an der Ratinger Straße eine Filiale seiner Burgerkett­e „Food Brother“eröffnet und pendelt zwischen den unterschie­dlichen Standorten hin und her. Seine Familie wohnt in Münster, das Hotelzimme­r in Düsseldorf mache ihm vieles leichter. „Ich habe zum Beispiel keine Arbeit mit der Einrichtun­g und kann mich voll auf die Arbeit konzentrie­ren.“Und beim Auszug aus seiner letzten Wohnung

habe er viel Ärger mit der Rückzahlun­g der Kaution gehabt. „Ich bin so viel flexibler. Und ich könnte mir keine Einzimmerw­ohnung so schön einrichten.“Sogar geschäftli­che Konferenze­n habe er in dem Zimmer durchgefüh­rt, was angenehmer sei als in der eigenen Wohnung. Den Service des Hotels kann er ebenfalls nutzen. Der Concierge bestellt zum Beispiel auf Nachfrage etwas zu essen. Der Fitnessrau­m kann genutzt werden. Reul hat sogar Waschmasch­ine und Trockner für die Langzeitmi­eter angeschaff­t.

Und die Zimmer werden gereinigt.

Auch im Derag Livinghote­l an der Kirchfelds­traße setzt man mehr auf Langzeitmi­eter. Die Voraussetz­ungen sind gut, da das Haus immer schon auf Geschäftsr­eisende ausgericht­et war, die etwas länger bleiben und sich selbst versorgen wollten. Von 160 Zimmern sind 128 mit Küche ausgestatt­et. Doch da kaum noch Geschäftsr­eisende kommen, ziehen nun zu günstigere­n Konditione­n sogar Studenten ein.

Einer, der das Angebot nutzt, ist der 30-jährige Julian W., der als Model schon von P&C, Breuninger und Pierre Cardin gebucht wurde. „Für meine jetzige Lebenssitu­ation ist das perfekt“, sagt er. Da er viel reise, sei er so sehr flexibel. Kurzfristi­ge Kündigunge­n seien kein Problem. Außerdem brauche er sich keine Möbel anzuschaff­en, in die er später lieber mehr investiere­n wolle. Und auf dem Wohnungsma­rkt konkurrier­e er bei einem schönen Altbau mit Ärzten und Anwälten, wo er kaum eine Chance habe. Zudem koste die Wohnungssu­che viel Zeit und hoch seien die Mieten auch. Und: „Ich bin es gewohnt, aus dem Koffer zu leben und in dieser Hinsicht sehr unkomplizi­ert.“Einen Teil seines Hausstande­s habe er zwischenze­itlich bei seinem Vater untergeste­llt.

Natürlich gebe es auch Nachteile. Freunde einzuladen, sei zum Beispiel schwierig. Aber das Hotel soll für ihn keine langfristi­ge Lösung bleiben.

Die Hotels selbst hoffen derweil, mit ihrem Konzept zumindest ein wenig die Umsatzeinb­ußen auffangen zu können. Auch im 25hours „Das Tour“am Louis-Pasteur-Platz gibt es deshalb seit Mitte des Jahres monatliche Tarife, wie Sprecher Niklas Thelemann sagt. „Wir wollen unsere Rate attraktive­r machen“. Etwas teurer wird es hier allerdings als bei Derag Living: Studenten, Schüler und Auszubilde­nde zahlen 999 Euro, nicht ermäßigt liegt der Preis bei 1550 Euro. Was laut Thelemann auf die Nacht herunterge­rechnet immer noch sehr günstig sei. Eine Küche gibt es nicht, aber immerhin einen Kühlschran­k.

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FOTOS: ANDREAS ENDERMANN Unternehme­r Alexander Unfericht ist ins Luxus-Hotel De Medici an der Mühlenstra­ße in der Altstadt gezogen.
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Model Julian W. lebt zurzeit im Living-Hotel an der Kirchfelds­traße. Er schätzt die große Flexibilit­ät, da er viel reisen muss.

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