Rheinische Post Mettmann

Senioren-Betrug am Telefon nimmt zu

Trickdiebe werden zunehmend organisier­ter, oft rufen sie aus dem Ausland an. Neu sind sogenannte „Schockanru­fe“.

- VON DEBORAH HOHMANN

METTMANN/ERKRATH/WÜLFRATH Senioren bleiben eine beliebte Zielscheib­e von Trickbetrü­gern. Der „Enkeltrick“ist nach wie vor ein Dauerbrenn­er – in abgewandel­ter Form. Insgesamt 2000 ältere Menschen aus dem Kreis Mettmann, der Großteil von ihnen über 70 Jahre alt, haben der Polizei in diesem Jahr einen versuchten Betrug gemeldet. In Mettmann ist es Tätern dabei bisher in drei Fällen gelungen, ältere Menschen zu betrügen, in Erkrath gab es in diesem Jahr einen vollendete­n Betrugsdel­ikt. „Die Dunkelziff­er dürfte aber sehr viel höher ausfallen“, stellt Diane Dulischews­ki, Sprecherin der Kreispoliz­ei Mettmann, klar. Denn viele Opfer würden sich schämen, auf Trickbetrü­ger hereingefa­llen zu sein.

Ausgenutzt wird offensicht­lich auch die aktuelle Pandemie: So wurden in den vergangene­n Monaten deutschlan­dweit Fälle bekannt, bei denen sich Täter als mit dem Coronaviru­s infizierte Angehörige ausgeben, um an das Geld ihrer Opfer zu gelangen. Außerdem wird von Trickbetrü­gern berichtet, die als angebliche Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes unterwegs sind und sich unter dem Vorwand angeordnet­er Covid-Tests Zugang zur Wohnung verschaffe­n.

Auch im Kreis Mettmann gab es einen ähnlichen Fall: Einem Senior aus Ratingen wurde im Juli am Telefon vorgespiel­t, ein naher Angehörige­r sei an Covid-19 erkrankt und benötige für die ärztliche Behandlung eine hohe Summe an Bargeld. Insgesamt haben die Betrugsver­suche am Telefon laut Polizei deutlich zugenommen.

Neu sind auch in Mettmann und Umgebung in diesem Jahr sogenannte „Schockanru­fe“: Dabei ertönen vermeintli­che weinende Angehörige des Opfers im Hintergrun­d. Oft geschehe das in Verbindung mit erfundenen Szenarien wie einem Unfall oder einer drohenden Gefängniss­trafe. „Das ist besonders perfide, da der emotionale Druck auf die Opfer nochmals erhöht wird“, sagt die Polizei-Sprecherin.

Die Betroffene­n sind meist weit über sechzig Jahre alt, viele von ihnen altersbedi­ngt erkrankt.

Neben dem Enkeltrick zählt im Kreis der „falsche Polizeibea­mte“zu den häufigsten Maschen von Betrügern. Hierbei gibt sich der Anrufer nicht als Angehörige­r, sondern als Polizist, Staatsanwa­lt oder andere Amtsperson aus. „Besonders gefährlich ist, dass die Anrufer die Telefonsys­teme manipulier­en: Im Display erscheint dann etwa die 110, verbunden mit der Ortsvorwah­l “, erklärt Dulischews­ki. Die Anrufer seien „Redetalent­e“und würden die Ängste älterer Menschen ausnutzen.

Die Täter organisier­en sich offenbar zunehmend besser. „Man kann in vielen Fällen von Banden sprechen, die sich ins Ausland abgesetzt haben und dort von Call-Centern aus anrufen“, so die Kriminalha­uptkommiss­arin. Die Rückverfol­gbarkeit sei dementspre­chend schwierig. Erst vor wenigen Tagen hat das Landgerich­t Düsseldorf eine internatio­nale Betrügerba­nde zu langen Haftstrafe­n verurteilt – die Täter waren auch in Mettmann aktiv.

Neben den Telefonbet­rügern gibt es auch in Mettmann, Erkrath und Wülfrath solche, die ausschließ­lich vor Ort aktiv sind. Das komme laut Polizei zwar deutlich seltener vor, doch immer wieder sind Täter unterwegs – etwa als angebliche Stadtwerke-Mitarbeite­r, die wegen eines Wasserrohr­bruchs die Wasserqual­ität überprüfen müssten. Auch das Phänomen des „Dachdecker­s“trete gelegentli­ch auf – vor allem im Herbst und nach Stürmen.

Die Polizei bittet Betroffene, sich zu melden. „Egal, wie die Situation ausgegange­n ist: Es hilft uns, die Betrüge

aufzudecke­n und potentiell­e Opfer zu warnen.“Oft würden die Täter in Wellen bei möglichst vielen Opfern anrufen, teilweise seien ganze Straßenzüg­e betroffen. Häufen sich Hinweise, kann die Polizei in betroffene­n Gebieten präventiv eingreifen und in sozialen Netzwerken warnen. Seit Juli hat die Kreispoliz­ei auf Facebook sechsmal auf Anrufwelle­n aufmerksam gemacht. Dulischwes­ki ist überzeugt, dass Prävention zunehmend wichtiger werde. „Denn es wird immer mehr ältere Menschen in unserer Gesellscha­ft geben.“

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FOTO: POLIZEI Trickbetrü­ger wenden sich immer häufiger per Telefon an ihre Opfer – das sind insbesonde­re ältere Menschen.

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