Rheinische Post Mettmann

„Nur Fenster zu öffnen, reicht nicht“

Der SPD-Fraktionsc­hef lädt mit den Grünen nächste Woche zum Schulgipfe­l.

- KIRSTEN BIALDIGA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Kutschaty, Sie haben Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) ein Ultimatum bis Mittwoch gestellt, dass er alle Akteure zu einem Schulgipfe­l zusammenho­len soll. Haben Sie schon eine Antwort?

KUTSCHATY Nein, keinerlei Rückmeldun­g. Der Ministerpr­äsident weigert sich, unseren Rat anzunehmen, obwohl in den Schulen deutlich mehr passieren muss. Deshalb haben wir uns dazu entschiede­n, selbst für nächsten Dienstag zu einem Schulgipfe­l einzuladen und mit allen Beteiligte­n konstrukti­ve und innovative Lösungen zu finden. Nur die Fenster zu öffnen, reicht einfach nicht. Das zeigen die steigenden Infektions­zahlen. Aber Laschet lässt die Schulen im Regen stehen. Die Verkleiner­ung der Klassen wie in Solingen wäre ein richtiger Weg.

Ist es aus sozialdemo­kratischer Sicht wirklich zu begrüßen, dass ein Teil der Schüler sich erneut im Homeschool­ing wiederfind­et?

KUTSCHATY Das will ja auch keiner, und schon gar nicht die SPD. Das Solinger Schulkonze­pt sieht das auch nicht vor. Im Gegenteil: Es geht doch gerade darum, den Präsenzunt­erricht zu sichern. Durch wechselnde Präsenzsch­ichten und digitalen Unterricht sollen die Lerngruppe­n verkleiner­t werden. Solingen hat dafür extra 3500 Endgeräte für bedürftige Kinder angeschaff­t. Das ist vorbildlic­h und vorausscha­uend – im Gegensatz zur Landesregi­erung. Von der Regierung Laschet gibt es bis heute keinen Plan B, wie der Schulbetri­eb bei steigenden Infektions­zahlen aufrecht erhalten werden soll. Wir hätten auch längst Lüftungsge­räte haben können und digitale Geräte für jedes Kind, das zu Hause keines hat.

Was schlagen Sie also vor?

KUTSCHATY Geld vom Bund weiterzure­ichen ist noch keine Digitalisi­erung. So lädt man die Verantwort­ung bei den Schulen und Trägern vor Ort ab. Wir brauchen im Land dringend eine zentrale und koordinier­ende Servicestr­uktur für den digitalen Support an unseren Schulen. Dazu müssen auch langfristi­ge Finanzieru­ngsfragen endlich geklärt werden. Es geht aber auch noch um etwas anderes: Es muss viel mehr

Der SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty. getestet werden. Die Test-Strategie ist der Schlüssel, um aus dieser Situation herauszuko­mmen. Priorität müssen Menschen haben, die sich berufsbedi­ngt leicht anstecken können oder Risikogrup­pen sind – je mehr, desto besser. Stattdesse­n wird an Schulen und Kitas in NRW die Zahl der kostenlose­n Testungen bis zu den Weihnachts­ferien zurückgefa­hren. Da ist der Ministerpr­äsident als Geisterfah­rer unterwegs.

Wie soll es nach November weitergehe­n?

KUTSCHATY Wir müssen aus dieser Stopp-and-Go-Politik der Landesregi­erung herauskomm­en: Lockern, Lockdown, lockern – so kann es nicht weiter gehen. Auch dabei kann eine vernünftig­e Teststrate­gie helfen. Vor allem aber müssen wir uns die Akzeptanz der Bevölkerun­g erhalten. Zu Beginn der Pandemie war das Bundesinfe­ktionsschu­tzgesetz ein probates Mittel, um schnell per Erlass reagieren zu können. Jetzt brauchen wir eine gesetzlich­e Grundlage wie das Saarland oder Bremen. Jede Verordnung der Landesregi­erung darf künftig nur mit Zustimmung des Parlaments erfolgen. Ich habe alle Fraktionen eingeladen, um einen solchen Parlaments­vorbehalt durchzuset­zen.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA

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