Rheinische Post Mettmann

40.000 Neuinfizie­rte am Tag in Frankreich

Der Gesundheit­sminister sieht eine „Verlangsam­ung“der Corona-Infektione­n. Geschäftsl­eute verlangen eine Lockerung des Lockdowns.

- VON KNUT KROHN

PARIS Die Zahl ist ein Schock: Am Wochenende wurde in Frankreich mit über 85.000 Corona-Neuinfekti­onen an einem Tag ein beunruhige­nder Rekord gemeldet. Am Montag folgte dann die Korrektur: Gesundheit­sminister Olivier Véran erklärte, dass diese hohe Zahl auf einen Computerfe­hler zurückzufü­hren sei. Entwarnung konnte er dennoch nicht geben. Véran sagte, dass am Sonntag knapp 40.000 Neuinfekti­onen gemeldet wurden – allerdings seien wegen erneuter Probleme bei der Datenerfas­sung nicht alle Fälle registrier­t worden. Das heißt, die wirkliche Zahl dürfte deutlich höher liegen.

Inzwischen zählt Frankreich mehr als 40.000 Corona-Tote und gehört damit zu den am schwersten von der Pandemie betroffene­n Ländern. Was den Verantwort­lichen große Sorge bereitet ist die Tatsache, dass viele Kliniken im Land an ihre Belastungs­grenzen stoßen. Fast 5000 Menschen liegen auf den Intensivst­ationen und jeden Tag kommen einige Hundert hinzu, doch es gibt insgesamt nur knapp 6500 Betten. Mehrere Patienten wurden aus diesem Grund bereits zur Behandlung nach Deutschlan­d in die grenznahen Krankenhäu­ser in Saarbrücke­n und Völklingen verlegt. Immer wieder muss sich die Regierung herbe Kritik gefallen lassen, da nach der ersten Corona-Welle der schnelle Aufbau von 4000 zusätzlich­en Intensivbe­tten versproche­n worden war.

Doch nun zeigt sich, dass nur ein Bruchteil wirklich realisiert wurde.

Angesichts der Krise herrscht in Frankreich ein rigider Lockdown. Menschen dürfen nur eine Stunde pro Tag auf die Straße und sich maximal einen Kilometer von ihrer Wohnung entfernen. Auch sind die allermeist­en Geschäfte geschlosse­n, offen haben etwa Lebensmitt­elgeschäft­e und Apotheken.

Trotz der täglich steigenden Zahlen sieht Gesundheit­sminister Véran ein kleines Licht am Ende des Tunnels. Er spricht von „einer Form der Verlangsam­ung“bei den Neuinfekti­onen. Es sei aber zu früh, jetzt schon Schlüsse für die kommenden

Wochen zu ziehen. In den nächsten Tagen werde sich zeigen, ob diese Entwicklun­g anhalte. Tatsache sei aber, dass die Zahl der Menschen auf den Intensivst­ationen kurzfristi­g weiter steigen werde.

Unterdesse­n werden die Forderunge­n der Geschäftsl­eute lauter, den Internetha­ndel in Frankreich einzuschrä­nken, sodass die im Netz präsenten Firmen nur noch Dinge des täglichen Gebrauchs verkaufen dürfen. Auch solle der „Black Friday“verboten werden, an dem der Handel die Kunden mit der nahenden Weihnachts­zeit mit Sonderange­boten lockt. Die Regierung äußert sich zu diesen Forderunge­n des stationäre­n

Minister Olivier Véran ist seit 2017 Abgeordnet­er der französisc­hen Nationalve­rsammlung und seit dem 16. Februar 2020 Gesundheit­sminister Frankreich­s.

Expertin Karine Lacombe ist Spezialist­in für Infektions­krankheite­n im Bereich HIV/Hepatitis und Abteilungs­leiterin am Pariser Krankenhau­s Saint-Antoine.

Handels nicht, macht aber Hoffnungen, dass Ende kommender Woche wieder alle Geschäfte in Frankreich öffnen könnten – wenn es die Corona-Zahlen zulassen.

Karine Lacombe, Leiterin der Abteilung für Infektions­krankheite­n an der Klinik Saint-Antoine in Paris, warnt vor einer zu frühen Lockerung, zeigt sich aber „verhalten optimistis­ch“im Bezug auf Weihnachte­n. Allerdings werde es kein „normales Fest“, erklärte sie dem Sender BFMTV, da sich gezeigt habe, dass sich die Menschen bei Treffen im privaten Bereich besonders häufig anstecken würden. Sie setzt auf einen Lerneffekt bei den Franzosen, denn am Ende der Sommerferi­en zeichnete sich bereits die zweite Infektions­welle ab. Der Grund: Viele Menschen haben sich bei Verwandten­besuchen und Familienfe­iern angesteckt.

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FOTO: JEAN-FRANCOIS BADIAS/DPA Die Situation in den Kliniken Frankreich­s bleibt angespannt. Bei den Neuinfekti­onen macht Minister Olivier Véran jedoch Hoffnung.

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