Rheinische Post Mettmann

Auch Rentner müssen ihren Beitrag leisten

- VON ANTJE HÖNING

Der Kampf gegen die Pandemie kommt die deutsche Wirtschaft teuer zu stehen: Die Konjunktur bricht ein, Millionen sind in Kurzarbeit, Künstler, Reisebüros und Gastronome­n bangen um ihre Existenz. Doch an den Rentnern geht die Corona-Krise finanziell bislang vorbei. Als die Wirtschaft sich im Juli mühsam aus dem Lockdown befreite, gab es sogar noch ein sattes Rentenplus. Diese Situation ist der Rentenform­el geschuldet, nach der die Renten den Löhnen mit einem Jahr Verzögerun­g folgen. So weit, so gut. Doch die Politik schützt die Senioren auf vielfältig­e Art: Zum einen schließt sie eine Senkung der Renten aus. Zum anderen aber werden die ausgesetzt­en Rentenkürz­ungen noch nicht einmal in späteren Jahren nachgeholt und mit möglichen Erhöhungen verrechnet. Nach der Finanzkris­e war man da schlauer. Doch Bundesarbe­itsministe­r Heil hat den Nachholfak­tor still und heimlich kassiert. Das erweist sich gerade jetzt als Fehler. Wie Arbeitnehm­er und Betriebe müssen auch Rentner ihren Beitrag zur Bewältigun­g der Pandemie leisten. Dabei würde eine halbierte Rentenerhö­hung in 2022 keinen sozialen Kahlschlag bedeuten.

Zugleich sollte sich die große Koalition dringend fragen, wie viele teure Wahlgesche­nke für Rentner sie sich noch leisten will. Rente mit 63, Mütterrent­e – schon jetzt finanziert sich die Rentenvers­icherung zu einem Viertel aus Bundesmitt­eln, Tendenz steigend. Schon bald erzwingt die Alterung der Gesellscha­ft, dass die Menschen eigentlich über das 67. Lebensjahr hinaus arbeiten müssen, wie die Wirtschaft­sweisen nun vorrechnen. Darüber muss man diskutiere­n. Die meisten Arbeitnehm­er sind schließlic­h keine Dachdecker, für die schon die Rente mit 67 ein Problem ist. Damit sollte Heil aber klar sein: Für die auch sozialpoli­tisch so fragwürdig­e Grundrente ist kein Spielraum mehr. BERICHT

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