Steuern in NRW brechen 2021 ein
In diesem Jahr kämen die Städte noch zurecht, meint die Kommunalministerin. Danach komme die große Herausforderung. Der Gewerkschaftsbund will Vermögen stärker belasten.
DÜSSELDORF/BERLIN Trotz der Corona-Krise gehen die Steuerschätzer überraschend von etwas höheren Einnahmen für Bund, Länder und Kommunen im nächsten Jahr aus als zunächst gedacht. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte: „Der Blick nach vorne geht in die Sonne.“Die Wirtschaft habe sich besser entwickelt als vermutet. 2021 könnten 3,4 Milliarden Euro mehr in die Kassen kommen als im September erwartet. Auch 2022 könnte besser laufen als gedacht. Die schlechte Nachricht: Erstmals seit der Finanzkrise 2009 gehen die Steuereinnahmen massiv zurück. 2020 würden 71 Milliarden Euro weniger eingenommen als im Vorjahr. Das ist ein Minus von 8,9 Prozent.
Ökonomen und Union warnen Scholz vor Schönfärberei: „Diese Steuerschätzung bringt überhaupt keine Entwarnung. Das Licht am Ende des Tunnels ist allenfalls eine Funzel“, sagte Friedrich Heinemann vom Institut ZEW. CDU-Haushaltspolitiker
Eckhardt Rehberg betonte: „Der Bundesfinanzminister sollte nicht den Eindruck erwecken, dass der Staat alles leisten kann.“Für 2021 erwarten die Schätzer Steuereinnahmen von 776 Milliarden Euro; vor der Pandemie hatten sie mit 845 Milliarden kalkuliert.
Das trifft auch Nordrhein-Westfalen. „Die wohl größte Krise in der über 70-jährigen Geschichte unseres Landes führt neben erheblichen sozialen Kosten auch zu einem signifikanten Einbruch der gesamtstaatlichen Wirtschaftsleistung und zu einem Rückgang der steuerlichen Einnahmen auf allen Ebenen“, sagte NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU). In diesem Jahr kämen die Kommunen noch zurecht, erklärte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU). „Mit den zusätzlich von Land und Bund bereitgestellten Finanzmitteln kommen die Kommunen in diesem Jahr ganz gut klar“, so ihr Sprecher. Die Herausforderung würden das kommende Jahr und die Zeit danach. Auf die Frage, ob sich das Land an den Corona-Kosten der Kommunen beteiligen werde, reagierte er hinhaltend: Je nach Konjunkturentwicklung ergäben sich Entscheidungen.
Das reicht dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) nicht. Er forderte die Aussetzung der Schuldenbremse 2022, die Erhöhung der Erbschaft- und die Einführung der Vermögensteuer. NRW-Chefin Anja Weber ergänzte: „Die Landesregierung sollte den Menschen jetzt die Angst vor den Schulden nehmen.“Der DGB schlage einen Zukunftsinvestitionsfonds
für NRW vor, um Investitionen zu tätigen und eine Lösung für Altschulden zu schaffen.
Experten warnen dagegen vor höheren Steuern: „Diskussionen über Steuererhöhungen sind aktuell völlig fehl am Platz, zumal die Unternehmen und Haushalte gerade jetzt Entlastungen benötigen“, sagte Christoph Schmidt, Chef des Forschungsinstituts RWI in Essen. Der Bund der Steuerzahler fordert, dass der Soli für alle abgeschafft wird – und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2020. Der RWI-Chef lehnt auch eine Aussetzung der Schuldenbremse ab. „Dass die Schuldenbremse im kommenden Jahr wohl noch einmal ausgesetzt wird, ist angesichts der noch andauernden Corona-Krise verständlich“, sagte Schmidt. Es sei aber verfrüht, jetzt schon über das Jahr 2021 hinaus nachzudenken. „Insgesamt hat sich die Schuldenbremse bewährt, gerade auch in der Krise.“Denn sie lasse explizit Ausnahmen in Krisenjahren zu und sehe einen planbaren Weg zurück zur Normalität vor. Leitartikel