Performance hilft bei der Trauerarbeit in der Krise
DÜSSELDORF Siegmar Zacharias ist Philosophin und Performancekünstlerin. Das kann einem erst einmal Angst machen, denn die beiden Disziplinen eint, dass sie es gern mit verzwickten Fragestellungen aufnehmen. Zacharias aber interessiert sich für so handfeste Themen wie Solidarität, Liebe, politisches Handeln und ganz aktuell für Trauer. Dabei hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, den Zuschauer aktiv einzubinden. Er soll nicht nur gedanklich nachvollziehen können, was sich vor seinen Augen abspielt, sondern körperlich spüren, wie es um sein Verhältnis zu den Dingen und wie er zu sich selbst steht.
„Fleischdenken“nennt Zacharias diese Form der Reflexion. Am Freitag und Samstag trifft sie sich mit weiteren Künstlerinnen im Forum Freies Theater (FFT), um via Zoom in den Dialog mit dem Publikum zu treten. An beiden Abenden mit dem Titel „Animaterialities – The Future of Grief“(„Animaterialitäten – Die Zukunft der Trauer“) geht es um die aktuelle Bedrohung gesellschaftlicher Grundlagen und die Frage, wie ihr zu begegnen ist. „Ich erlebe derzeit viele trauernde Menschen“, sagt Zacharias. „Sie trauern um verstorbene Angehörige, den Zustand unseres Planeten, soziale Ungerechtigkeit oder um den Verlust vertrauter Strukturen.“Die Pandemie habe das Trauerempfinden „in den Vordergrund gebracht“und zeige sich körperlich – als Erkrankung einerseits, aber eben auch als Verlust von physischer Nähe und Berührung.
Zacharias setzt auf die Kraft des Miteinanders. Sie hat in New Orleans die heilende Kraft des Trauerns
in Gemeinschaft erlebt. „Die Menschen integrieren den Tod in ihren Alltag, sie pflegen einen offenen und auch öffentlichen Umgang damit.“Sie brächten Freude und Traurigkeit zusammen. „Es gibt die Totenwache und die Klageweiber“, sagt Zacharias, „aber es gibt auch diejenigen, die die schönen und lustigen Geschichten aus dem Leben der Verstorbenen erzählen. Bei uns ist der Tod hingegen privat und stigmatisiert.“
Die Performance dauert je Abend drei Stunden (ab 20 Uhr) und findet in englischer Sprache statt, da Künstlerinnen aus Kanada und Australien zugeschaltet werden. Jeder Abend beginnt mit einem Gespräch, es folgen Workshops, die das Wohlgefühl zurückerobern möchten, das derzeit viele vermissen. Klangkunst, Wellness und ein alchemistisches Labor sollen dabei helfen. Anmeldung unter Telefon 0211 87678718 oder per E-Mail an:
tickets@fft-duesseldorf.de fft-dueseldorf.de