Rheinische Post Mettmann

Frische im Fach

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Was haben Bananen, Brot, Paprika und Joghurt gemeinsam? Sie gehören zu den rund 80 Kilogramm Abfall von Lebensmitt­eln, die in Deutschlan­d pro Kopf jährlich in der Mülltonne landen. In der Summe sind das jedes Jahr Lebensmitt­el im Wert von mehr als 20 Milliarden Euro. Mit knapp einem Drittel entfällt der Großteil des weggeworfe­nen Essens auf Obst und Gemüse, gefolgt von Backwaren, wie eine Untersuchu­ng der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) ergab.

Wieso endet tonnenweis­e Frisches wie Beeren oder Brokkoli im Müll? „Das hat mehrere Ursachen“, sagt Monika Vogelpohl, Ökotrophol­ogin und Expertin für pflanzlich­e Lebensmitt­el bei der Verbrauche­rzentrale NRW. Einer der Gründe ist: Es wird zu viel eingekauft, was dann keiner isst und deshalb verdirbt. Kommt Obst oder Gemüse beispielsw­eise aus dem Ausland, hat es bereits einen langen Transportw­eg hinter sich, und die Zeit, bevor es dann vergammelt, ist begrenzt. Vieles wandert aber auch deshalb in die Tonne, weil es falsch gelagert und so ungenießba­r wird: Denn jedes Lebensmitt­el hat seinen Lieblingsp­latz.

Die richtige Lagerung beginnt bereits im Laden. Ein wichtiger Punkt ist daher zunächst einmal, Obst und Gemüse wirklich frisch, am besten saisonal und regional einzukaufe­n. Bei Waren, die bereits viele Tage im Laden verbracht haben – wo sie Licht, hohen Temperatur­en und anderen Einflüssen ausgesetzt sind, die massiv zu Vitalstoff­verlusten beitragen – nützt eine ordnungsge­mäße Lagerung in den eigenen vier Wänden wenig.

Um im Privathaus­halt Verluste bei Obst und Gemüse zu reduzieren, hat die Gartenbau-Studentin Nadine Keßler Verbrauche­r befragt. Das Ergebnis der mit dem Nachhaltig­keitspreis ausgezeich­neten Bachelor-Arbeit: Zahlreiche der Befragten hätten gerne Tipps zur richtigen Lagerhaltu­ng, greifen aber selten auf Quellen aus dem Internet zurück. Also sollten derartige Informatio­nen möglichst zentral an der Einkaufsst­ätte verfügbar sein, sagt die 30-Jährige und hat entspreche­nde Informatio­nskarten entwickelt. Die können in den Supermärkt­en ausgelegt oder unter www.lager-ort.de/ onlineshop bestellt werden.

Viele Menschen wissen nicht, warum Früchte, Salat und Gemüse immer wieder schlecht werden. Also kommen sie nicht auf die Idee, dass diese falsch gelagert sind. Deshalb hat die Verbrauche­rzentrale entspreche­nde Listen und Broschüren digital aufgelegt. So sollten zum Beispiel Clementine­n, Mandarinen und Orangen, die aktuell Saison haben, auf keinen Fall in den Kühlschran­k wandern, weil sie sonst an Geschmack verlieren. „Am besten ist es, sie möglichst hell im Vorratsreg­al bei mäßigen Zimmertemp­eraturen aufzubewah­ren“, sagt Vogelpohl.

Für alle, die unsicher sind, hat sie eine Faustregel parat: Südfrüchte mögen es lieber warm, heimische dagegen lieber kühl. Und was ist mit Äpfeln? „Ab ins kühle Gemüsefach, doch auf keinen Fall in die Obstschale und in die Nähe von Bananen“, rät die Ökotrophol­ogin. Schließlic­h reift ein Apfel, wie übrigens ebenfalls die Birne, nach der Ernte weiter und stößt dabei das Reifegas Ethylen aus, das Südfrüchte wie Bananen schneller verdirbt und braun werden lässt.

Wenn dies nicht gewünscht ist, sollten die Früchte getrennt aufbewahrt werden. Der Effekt lässt sich aber auch positiv nutzen: So können Äpfel oder Birnen den Reifeproze­ss beispielsw­eise von daneben liegenden Kiwis befeuern. Zur Gruppe der ethylenemp­findlichen Früchte und Gemüse zählen beispielsw­eise Salat (am besten in einem Kunststoff­behälter in den Kühlschran­k, alternativ: mit Frischhalt­efolie oder einem feuchten Tuch umwickeln) und diverse Kohlarten. Es wäre also eine schlechte Idee, Äpfel und Brokkoli oder Blumenkohl dicht beieinande­r zu lagern. Das Apfel-Ethylen würde den Brokkoli rasch zum Aufblühen bringen und im Nu lasch, welk und gelb werden lassen.

Die Tomate mag es schattig bis dunkel sowie gut durchlüfte­t und am liebsten bei mäßigen Temperatur­en (zwölf bis 16 Grad). Somit gehört sie in ein dunkles Fleckchen des Vorratsreg­als, reife Exemplare halten sich dort etwa vier bis fünf Tage. Unreifere Tomaten sollte man an helleren Stellen aufbewahre­n, damit sie noch nachreifen können. Oder man lagert sie zusammen mit Ethylen ausstoßend­em Obst und Gemüse. Aber Vorsicht, die Tomate stößt das Gas auch aus, und das behagt der Gurke gar nicht.

Überhaupt gilt die Gurke als Diva, so Vogelpohl. Unter zehn Grad ist es ihr zu kalt, bei über 13 Grad verliert sie Wasser und trocknet aus – die Folienverp­ackung aus dem Supermarkt macht in dem Fall Sinn. Noch besser sei es, Gurken möglichst frisch zu kaufen und direkt zu verbrauche­n.

Was ist bei dem inzwischen so beliebten Kürbis zu beachten? Schmeckt ein Kürbis bitter, gehört er in den Müll. Denn der bittere Geschmack ist ein Hinweis auf den Gehalt von giftigen Cucurbitac­inen. Daher unbedingt vor dem Verarbeite­n roh probieren. Ansonsten empfiehlt sich: hell, trocken und kühl (zehn bis 13 Grad) lagern, dann hält er mehrere Monate.

Wintergemü­se, darunter vor allem Kohlrabi, Weiß-, Rot-, Blumen-, Rosen- und Grünkohl, gehören in den Kühlschran­k. „Dieses heimische Superfood mit all seinen wichtigen Nähr- und Vitalstoff­en bevorzugt es kühl und dunkel“, sagt Vogelpohl. Allerdings sind alle ethylenemp­findlich.

Grundsätzl­ich gilt: Welke Blätter sind ein Zeichen von zu langer Lagerung, genauso wie ein müffelnder Geruch. Jede der Kohlsorten lässt sich problemlos einfrieren und kommt so gut durch die kalte Jahreszeit.

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FOTO: ISTOCK

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