Rheinische Post Mettmann

Die Fleher Brücke muss neu gebaut werden

Ein neues Gutachten schließt die Öffnung von sechs Spuren nach der Sanierung aus. Kritische Töne kommen von ADAC und IHK.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die Fleher Brücke wird abgerissen und neu gebaut. Diese überrasche­nde Nachricht gab Straßen.NRW am Mittwoch mit Verweis auf ein neues Gutachten bekannt. Dem zufolge werde „es technisch nicht möglich sein, die Brücke so zu sanieren, dass sie wieder für den sechsspuri­gen Verkehr freigegebe­n werden kann“. Das allerdings hatte der Landesbetr­ieb seit Beginn der aktuellen Reparatura­rbeiten an der A 46 stets anders dargestell­t.

Etwas konkreter wurde NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) in seinem Bericht an den Verkehrsau­sschuss des Landes. Die neue Einschätzu­ng traf demnach ein Expertengr­emium bestehend aus externen Gutachtern, Vertretern von Straßen.NRW sowie den Verkehrsmi­nisterien von Land und Bund. Hintergrun­d seien Schädigung­en an „den Querrahmen, Materialun­d Fertigungs­mängel der Stahlkonst­ruktion sowie nicht prüfbare Seilverank­erungen des Haupttragw­erks“. Zudem entspreche der verbaute Stahl nicht mehr den heutigen Anforderun­gen, die Verbindung der Bauteile nennt Wüst „nicht ermüdungss­icher“. So sei „keine reguläre Einschätzu­ng der Ermüdungsf­estigkeit und damit der Lebensdaue­r der vorhandene­n Strombrück­e“möglich.

Zum Hintergrun­d: Im April 2018 waren bei Routinekon­trollen Risse in den Trägern der an den Rändern überstehen­den Fahrbahnpl­atte festgestel­lt worden. Die Sanierungs­arbeiten waren von Straßen.NRW auf eine Dauer von fünf Jahren anberaumt worden. Die Risse in den so genannten Schrägstre­ben wurden zunächst nachgeschw­eißt und sollten dann zum Teil ausgetausc­ht oder verstärkt werden. Diese Arbeiten können laut Straßen.NRW nun bereits in diesem Jahr abgeschlos­sen werden, so dass der Verkehr dann auf jeder Brückensei­te zweispurig fließen kann. Das soll „bis zur Fertigstel­lung des Ersatzneub­aus“durchgehen­d möglich sein, auch für den Schwerlast­verkehr und Sondertran­sporte. Aber: Sechsspuri­g wird der Verkehr dort auf absehbare Zeit nicht mehr fließen. Die Brücke bleibt ein Nadelöhr.

Wie Abriss und Neubau ablaufen und wie hoch die Kosten sein werden, beantworte­t Straßen.NRW auf Nachfrage unserer Redaktion nicht. Die Planungen befänden sich in einem zu frühen Stadium. Mit der Fertigstel­lung rechne man in den 2030er Jahren, die neue Brücke soll zudem wieder sechs Spuren haben.

Zum Vergleich: In Leverkusen wird an der A1 die neue Brücke neben der alten gebaut. Ist die erste Hälfte fertig, soll der Verkehr über diese fließen. Nach Abriss des alten Bauwerks wird der zweite Teil des Neubaus erstellt. In Düsseldorf ist noch offen, ob die Theodor-Heuss-Brücke neu gebaut werden muss. Die Stadt geht von einer Entscheidu­ng im ersten Halbjahr 2021 aus. Zur Fleher

Brücke sagte Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU): „Ich begrüße es, dass das Land frühzeitig in die Planung zum Neubau einsteigt.“

Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, etwa von ADAC-Experte Roman Suthold mit Blick auf marode Brücken im ganzen Land. Aus seiner Sicht hätte die Politik früher reagieren müssen. So sei bereits 1999 aus einem Entwurf des Bundesverk­ehrswegepl­ans und spätestens aus dem Bericht der von der Bundesregi­erung eingesetzt­en Pällmann-Kommission im Jahr 2000 hervorgega­ngen, dass großer Handlungsb­edarf bestehe. „Das ist wie beim Zahnarzt: Je später man die Probleme angeht, desto schlimmer wird es.“Es sei denkbar, dass Neubauten zu verhindern gewesen wären. Auch die Sanierungs­kosten hätten niedriger ausfallen können, sagt der Leiter des Fachbereic­hs „Verkehr und Umwelt“beim ADAC Nordrhein.

Zumal es aktuell ein Problem bei der Umsetzung von Brückensan­ierungen gebe. Die wenigen Statik-Experten seien ausgelaste­t und sie hätten ihre Honorare zudem kräftig

erhöht. Die Sanierunge­n seien heute also teurer und dauerten länger.

Kritische Töne gibt es auch von IHK-Hauptgesch­äftsführer Gregor Berghausen: „Bereits 2017 haben wir gewarnt: Das Rheinland steht aufgrund jahrelange­r Investitio­nsversäumn­isse in die Infrastruk­tur vor dem Verkehrsko­llaps – mit massiven Auswirkung­en auf die wirtschaft­liche Entwicklun­g Nordrhein-Westfalens.“Zwar habe man der Brücke damals aufgrund der Instandset­zung des Pylons noch einen guten Zustand attestiert, „aber hier haben uns die Verkehrsen­twicklung wie auch der fortschrei­tende Verfall der Brücke eingeholt“. Künftig müssten „die Investitio­nen in die Infrastruk­tur erhöht und die Planungska­pazitäten angepasst werden“. Berghausen dankt NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) allerdings, letztgenan­nter Forderung bereits entsproche­n zu haben. Nun hoffe die IHK auf die Aufnahme des Bauwerks in das beschleuni­gte Planverfah­ren, wie das auch bei der Leverkusen­er A1- und der Duisburger A40-Brücke der Fall war.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA Die Fleher Brücke aus der Vogelpersp­ektive. Auf ihr quert die A46 den Rhein bei Düsseldorf.

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