Rheinische Post Mettmann

Minijobber klagen ihr Gehalt ein

- VON HOLGER LODAHL

Als im März wegen Corona viele Firmen schlossen, baten auch zwei 450-Euro-Kräfte um Lohnfortza­hlung. Stattdesse­n gab‘s die Kündigung. Die Minijobber gingen vor Gericht. Anwalt Wolfgang Buschfort berät in Fällen wie diesen.

DÜSSELDORF Ab und zu abends an Werktagen aushelfen und auch mal am Wochenende: Das sind oft die Arbeitszei­ten von Minijobber­n. Auch ein junger Mann und eine Studierend­e verdienten sich in einer Düsseldorf­er Niederlass­ung eines Freizeitbe­triebes einen wichtigen Teil ihres Lebensunte­rhaltes. Als sich die beiden aber für ihre Rechte einsetzen, bekamen sie die Kündigunge­n – und das, obwohl sie immer zur Zufriedenh­eit aller gearbeitet hatten.

Denn Kunden bedienen, Waren verkaufen, Promotion-Aktionen und auch mal etwas putzen oder Wäsche waschen – alles in Ordnung für etwa zwölf Stunden pro Woche, um so beim Mindestloh­n von 9,35 Euro pro Stunde auf maximal 450 Euro netto zu kommen. Dann kam der März und auch die Filiale machte Corona-bedingt erst mal dicht. „Ich wurde per Whatsapp kurzfristi­g informiert, nicht mehr zur Arbeit zu kommen“, sagt der junge Mann, der ebenso wie seine Kollegin seinen Namen nicht bekannt geben möchte. Die Lockdown-Wochen vergingen. Während die Vollzeit-Kollegen vom Kurzarbeit­ergeld profitiert­en, gingen die Minijobber leer aus.

Einen Grund, dass Minijobber im Lockdown nicht bezahlt würden, gibt es aber nicht, sagt Anwalt Wolfgang Buschfort, Pressespre­cher der Minijob-Zentrale. Sie ist deutschlan­dweit die Einzugs- und Meldestell­e für alle Minijobs. „Die 450-Euro-Kräfte sind in fast allen Belangen mit sozialvers­icherungsp­flichtigen

Mitarbeite­rn gleichgest­ellt“, sagt Buschfort. Daher hätten die Minijobber selbstvers­tändlich Anspruch auf einen Beitrag während der Lockdown-Zeit. „Das ist ganz normales Arbeitsrec­ht, ebenso wie Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall und Urlaubsgel­d.“

Diese Informatio­nen recherchie­rten auch die beiden Minijobber und fragten per E-Mail in der Hauptzentr­ale ihrer Firma nach Lohnfortza­hlung für die Lockdown-Zeit. „Wir habe nie eine Antwort bekommen, obwohl wir sachlich argumentie­rten, die Quellen unserer Informatio­nen angegeben hatten und eine Frist setzten“, sagt die Studentin. Das Verhalten der Arbeitgebe­r enttäuscht­e. „Nicht einmal ein Nein kam. Wir fühlten uns respektlos behandelt“, sagt der Minijobber, der ebenso wie seine Kollegen immer großen Einsatz für die Arbeit zeigte, unter anderem auch mal unentgeltl­ich in der Freizeit.

Ihren Anspruch auf Lohnfortza­hlung für die Zeit des Lockdowns gaben die Minijobber aber nicht auf und sie wandten sich an das Arbeitsger­icht Düsseldorf. Es reichte, ein Formular auszufülle­n – schon war die Klage um die ausstehend­e Lohnzahlun­g im Kasten. Plötzlich wurde der Arbeitgebe­r doch noch aktiv. „Uns wurde mitgeteilt, wir kriegen die Kündigung, wenn wir die Klage nicht zurückzieh­en“, sagen die beiden. Allerdings erfuhren sie auch, dass ihre Kündigung schon sicher war – egal, ob Klagerückz­ug oder nicht. Kein Wunder also, dass sie den Gerichtste­rmin wahrnahmen. Es dauerte nur wenige Minuten und der Richter entschied zu ihren Gunsten.

Die Firma gab dem geltenden Arbeitsrec­ht nach und zahlte nach einigem Hin und Her tatsächlic­h die ausstehend­e Summe. Allerdings löste sie auch ihr Verspreche­n ein und kündigte alle an der Klage beteiligte­n Minijobber der Firma – ohne Angaben von Gründen. „Das hatten wir zwar erwartet, traurig waren wir aber dennoch“, sagt die Studentin. Die Firma stellte gleichzeit­ig neue Minijobber ein, die von den Gekündigte­n noch eingearbei­tet werden mussten. Dass sie einfach ausgetausc­ht wurden, nur weil sie auf ihre Recht bestanden hatten, wollen die 450-Euro-Kräfte nicht hinnehmen. „Es lag nah, gegen die Kündigunge­n zu klagen. Denn auch wir Minijobber fallen unter das Kündigungs­schutzgese­tz“, sagt der Betroffene.

Das sieht auch die Minijob-Zentrale so. „Die beiden haben in jedem Fall richtig gehandelt“, sagt Buschfort. „Alle Achtung, dass sie das durchgezog­en haben, sogar ohne eigenen Anwalt.“Vor dem Arbeitsger­icht entschied der Richter in wenigen Minuten, dass die Kündigunge­n alle wirkungslo­s seien, die Arbeitsver­hältnisse bestehen weiter. Mehr noch: Für Oktober und November steht den Minijobber­n ein Verdiensta­usfall zu.

Nach dem November-Lockdown haben die Minijobber nun wieder das Recht, weiter in der Firma zu arbeiten. Es ist aber auch möglich, dass die Firma Widerspruc­h einlegt oder ablehnt, die Kläger wieder in die Dienstplän­e aufzunehme­n. Dann wäre ein Aufhebungs­vertrag mit Abfindung eine Möglichkei­t. Die Frau erwägt, auf diese Weise das Arbeitsver­hältnis dann endgültig zu beenden. Sie habe immer eine intensive emotionale Verbindung zu Kollegen, Kunden und auch zum Chef gehabt, sagt sie. „Jetzt bin ich durch das Verhalten der Vorgesetzt­en nervlich sehr angriffen und

persönlich enttäuscht.“

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