Studie: Corona-Pandemie verändert das Schützenwesen
PADERBORN (dpa) Abgesagte Schützenfeste, fehlende Geselligkeit und Zukunftssorgen: Die Corona-Pandemie hat nach Einschätzung von Forschern der Universität Paderborn das Schützenwesen in Westfalen stark getroffen. In einer Online-Umfrage unter mehr als 2000 Mitgliedern der Brauchtumsvereine sei jedoch auch zum Ausdruck gekommen, dass die Pandemie sich als Katalysator für eine stärkere Digitalisierung der Vereine erweisen könne.
Das Forschungsprojekt „Tradition im Wandel“untersucht seit 2016 die Bedeutung des Schützenwesens als Immaterielles Kulturerbe und hat in den vergangenen Monaten eine Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Krise aufgelegt. Demnach gehen 83 Prozent der Befragten davon aus, dass die Pandemie die kulturelle Praxis ihres Vereins stark oder sehr stark verändert hat. Am stärksten werde dabei der Ausfall der Schützenfeste bedauert, wobei über 80 Prozent der Befragten die traditionellen Feste speziell als Ort der Begegnung und des Wiedersehens mit Freunden vermissen, seltener als Ort für ausgelassenes Feiern, Essen und Trinken. 95 Prozent stehen jedoch hinter der coronabedingten Absage der Festsaison.
Für viele Befragte hängt die Zukunft der Vereine sehr stark von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab: Sollten auch in den nächsten ein oder zwei Jahren Schützenfeste und weitere Veranstaltungen abgesagt werden, gehen zwischen 50 und 60 Prozent der Befragten von Mitgliederschwund, Bedeutungsverlust und einer Existenzbedrohung der Vereine aus. Bislang beobachten aber die meisten, dass die Bedeutung der Schützenvereine vor Ort gleich geblieben (61 Prozent) oder sogar gestiegen sei (20 Prozent).
Die Forscher sind jedoch auch sicher, dass die Pandemie einen Digitalisierungsschub mit sich bringt: So gab ein Drittel der Umfrageteilnehmer an, dass der Verein sich stark oder sehr stark bei der Nutzung sozialer Medien weiterentwickelt habe. Mehr als jedes vierte befragte Mitglied berichtete, im Vereinskontext an einer Videokonferenz teilgenommen zu haben. Weitere Vereine entwickelten digitale Alternativformate, übertrugen etwa einzelne Vereinsrituale in den sozialen Medien. „Diese Themen wurden zwar schon vor der Pandemie von zahlreichen Vereinen fokussiert, allerdings nicht mit der nötigen Entschlossenheit“, sagte Jonas Leineweber vom Forschungsprojekt. Die digitalen Formate seien auch langfristig geeignet, diejenigen einzubinden, die nicht mehr im Ort wohnen.