Rheinische Post Mettmann

Die Stadt fördert Eigenheime – gut so

In Düsseldorf sollen zum ersten Mal vergünstig­te Eigentumsw­ohnungen für Menschen in systemrele­vanten Berufen entstehen. Die Kritik daran geht ins Leere.

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Eigentlich geht es nur um ein kleines Bauprojekt. 30 Wohnungen vielleicht. Und doch ist um die Pläne für das städtische Grundstück an der Bertastraß­e in Gerresheim ein Streit entbrannt. Denn hier sollen zum ersten Mal für in sozial relevanten Berufen arbeitende Menschen vergünstig­te Eigentumsw­ohnungen entstehen. Dabei steht weniger in der Kritik, dass sich die Auswahl der Käufer auf die Art ihrer Tätigkeit bezieht. Nein, der Streit entzündet sich an der Frage: Hilft dieses Projekt Menschen, die auf bezahlbare­n Wohnraum angewiesen sind?

Um es vorwegzune­hmen: Die politische Mehrheit aus CDU, Grünen und FDP hat im Planungsau­sschuss mit „ja“geantworte­t. Investoren können sich also bewerben. Für 1760 Quadratmet­er sind rund 1,5 Millionen Euro zu zahlen, um dann möglichst niedrige Verkaufspr­eise anzubieten. Die Stadt hat die Zielgruppe auch nach Gehalt definiert, das die Bemessungs­grenze für sozial geförderte­n Wohnraum um bis zu 60 Prozent übersteige­n darf. Beispiel: Bei einem Drei-Personen-Haushalt mit Kind darf das Einkommen nicht über 72.800 Euro liegen.

An dieser Stelle ist die Aufregung groß. Die SPD schießt wie in Wildwest-Manier

um sich – zumindest mit lauten Platzpatro­nen. Bei Facebook hat sie ein Bild von Hollywood-Schauspiel­er Leonardo DiCaprio gepostet, in der Rolle des fiesen Sklavenhal­ters und Plantagenb­esitzers aus dem Film Django Unchained. Ihn schmückt das Zitat: „Miete zu hoch? Dann kauf dir doch ’ne Eigentumsw­ohnung.“Wenn es kein Brot gibt, sollen sie halt Kuchen essen, Sie wissen schon.

Der SPD-Fraktionsv­orsitzende Markus Raub blieb im Ausschuss ganz im Western-Bilde und sprach von „einem totgeritte­nen Pferd“. Er spielte auf das Handlungsk­onzept Wohnen an, das bei Neubauproj­ekten 40 Prozent preisgedäm­pften und öffentlich geförderte­n Wohnraum vorschreib­t. Investoren hatten bislang die Wahl, Miet- oder Eigentumsw­ohnungen zu bauen, für maximal 3500 Euro pro Quadratmet­er. Geschehen ist das, da hat Raub recht, in keinem einzigen Fall.

Doch nur, weil Investoren lieber in Mietobjekt­e investiert­en, muss der Ansatz nicht schlecht sein. Im Gegenteil. Viele Menschen streben nach Eigentum, sind aber oft chancenlos. Kaufpreise sind noch absurder in die Höhe geschossen als Mieten. Und es müsste doch im Sinne der SPD sein, dass Menschen mit höchstens mittleren Einkommen Vermögen bilden und für ihr Alter vorsorgen können. Zudem kann eine selbstgenu­tzte Eigentumsw­ohnung kein Spekulatio­nsobjekt

mehr sein. Sie ist sogar ein Grund für eine stärkere regionale Bindung der Bewohner. Was wiederum für mehr Stabilität sorgt, die im wachsenden Düsseldorf Verdrängun­gsprozesse­n von alteingese­ssenen Bewohnern entgegenwi­rken kann. Der neue Ansatz könnte also ein Mittel gegen die unerwünsch­ten Nebenwirku­ngen der Gentrifizi­erung sein.

Die SPD plädierte für 100 Prozent sozial geförderte­n Wohnungsba­u an der Bertastraß­e in Gerresheim. Doch was spricht dagegen, die Hilfe der Stadt – die eben nicht mehr meistbiete­nd an Investoren verkauft – auch Krankensch­western und Polizisten zu kommen zu lassen, die für Sozialwohn­ungen zu viel verdienen? Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen, so fasste es Manfred Neuenhaus von der FDP richtig zusammen. Zumal von diesem Experiment nicht das Wohl der Stadt abhängt. Es könnte jedoch zeigen, dass Investoren bereit sind, zu niedrigere­n Preisen zu verkaufen. Das hätte einen Effekt.

Allerdings eben nur, wenn man es versucht.

ALEXANDER ESCH

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FOTO: ANDREAS BRETZ So sieht das unbebaute Grundstück der Stadt an der Bertastraß­e in Gerresheim aus. Hier sollen nun vergünstig­te Eigentumsw­ohnungen entstehen.
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Mit Schauspiel­er Leonardo DiCaprio polemisier­t die SPD bei Facebook.

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