Rheinische Post Mettmann

Der Fußballer soll Klimaschüt­zer werden

Entwicklun­gsminister Müller hat ein großes Ziel: Der Profifußba­ll soll Zeichen für den Klimaschut­z setzen. Das hört sich schwer nach Symbolpoli­tik an.

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Gerd Müller hat einen schönen Namen – zumindest für Fußballfan­s hat der Name einen guten Klang. Er hat auch einen schönen Beruf. Er ist nämlich, nein, nicht Torjäger, sondern Bundesmini­ster für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g. Und er hat gute Ideen.

Eine hat er diese Woche der Menschheit unterbreit­et. Er fände es schön, wenn große Fußballer die Öffentlich­keit für den Klimaschut­z begeistern könnten, hat er gesagt. Der Grund: „Wenn prominente Fußballer sagen, dass ihnen Klimaschut­z wichtig ist, dann erreichen sie Millionen, wenn ich das als Politiker äußere, habe ich nicht die Breitenwir­kung.“

Da ist was dran. Und es ist vielleicht nicht einmal viel verlangt, wenn ein Minister an die so häufig strapazier­te Vorbildfun­ktion der Fußballer erinnert. Vielleicht denkt der Politiker bei sich: Wenn die Jungs sonst schon nicht so viel Vorbildlic­hes anstellen, können sie wenigstens in dieser Hinsicht ein bisschen helfen.

Das nennt man dann wohl Symbolpoli­tik. Dabei soll es aber nicht bleiben. Müller träumt entschiede­n konkretere Träume. „Alle 18 Klubs sollen Vorbild sein“, erklärt der Minister, „die Bundesliga sollte sich ein komplett neues Image geben und in den nächsten Jahren klimaneutr­al werden.“Da höre ich die 18 Zweitligis­ten und den Deutschen Fußball-Bund mal ordentlich durchschna­ufen. Vielleicht hat der Gerd Müller sie aber auch nur vergessen. Dabei hat namentlich der DFB bereits Aufsehener­regendes in Fragen des Klimaschut­zes vollbracht. Er bewies erst Anfang September, wie es überhaupt nicht geht, als er die Herren Nationalsp­ieler mit einem Flugzeug von Stuttgart nach Basel zum Länderspie­l transporti­eren ließ. Wenn der DFB nun die TSG Hoffenheim wäre, nur mal angenommen, dann müsste er für die unnötig verursacht­en Emissionen tatkräftig­e Buße tun. Die Hoffenheim­er haben sich verpflicht­et, „alle vermeidbar­en Emissionen“über ein Aufforstun­gsprojekt in Uganda auszugleic­hen.

Bevor der DFB allerdings derart gebückt daherkommt, wird er bestimmt darauf verweisen, dass der Flug in Zeiten von Corona große Umweltsünd­en sogar vermieden hat. Am Boden wäre wegen der Abstandsre­geln und wegen des unbedingt nötigen Aufgebots an Helfern, Physiother­apeuten, Trainern, Offizielle­n und Medienbeau­ftragten wahrschein­lich der Einsatz von mindestens drei Autobussen und einer Flotte von Kleinlaste­rn nötig gewesen. Also: nix da Buße in Uganda.

Bleibt die Frage, ob es bei der Herstellun­g von Trikots und Merchandis­ing-Artikeln mit rechten Dingen – also klimavertr­äglich, sozialvert­räglich und nachhaltig – zugeht. Das wäre eine Aufgabe, die Minister Müller und (hört, hört) der Hoffenheim­er Großanteil­seigner Dietmar Hopp gern in den Lizenzieru­ngsunterla­gen verankert hätten. Wie sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter unlängst dem „Kicker“: „Es liegt am Profifußba­ll zu zeigen, dass er mehr ist als ein großes Geschäft.“Genau.

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