Rheinische Post Mettmann

Jüdische Gemeinde baut neue Wohnungen für Senioren

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Das Elternheim der Jüdischen Gemeinde wird 50 Jahre nach seiner Gründung erweitert. „Die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot, deshalb benötigen wir dringend neue Kapazitäte­n“, sagt Bert Römgens, der das Nelly-Sachs-Haus leitet. Mehr als 50 Männer und Frauen aus verschiede­nen Städten und Regionen, die nicht mehr alleine leben können oder wollen, stehen auf der Warteliste. Mindestens 30 dieser Senioren bräuchten sofort einen Platz.

Gleich hinter dem Nelly-SachsHaus an der Stockumer Kirchstraß­e soll in naher Zukunft, so Römgens, „ein Jüdisches Quartier entstehen, das unter anderem 17 Service-Wohnungen umfasst, die für Menschen gedacht sind, die noch überwiegen­d selbststän­dig leben können“. Außerdem sind 40 zusätzlich­e vollstatio­näre sowie 18 Tagespfleg­e-Plätze geplant. Damit wäre die nunmehr dritte gleichzeit­ig auch die größte Erweiterun­g des Elternheim­s, das mit 88 Plätzen startete. Zurzeit leben 110 Senioren dort. Die Gesamtkost­en schätzt Römgens auf etwa 20 Millionen Euro. Einen Teil davon wird die Jüdische Gemeinde selbst übernehmen.

Nach Frankfurt ist das Düsseldorf­er Elternheim das zweitgrößt­e in der Bundesrepu­blik. „Zu den ersten Bewohnern

gehörten Rückwander­er aus Chile und Argentinie­n sowie Senioren, die in der Vorgänger-Einrichtun­g, dem Haus Rosenau in Essen-Werden, gelebt hatten“, sagt Römgens.

„Welcher der ersten Bewohner, die die NS-Zeit und die Schoa erlebt haben, hätte gedacht, dass in Deutschlan­d wieder neue jüdische Seniorenhe­ime errichtet würden?“, fragt Josef Schuster, Präsident des Zentralrat­s der Juden, in seinem Grußwort zum 50-jährigen Jubiläum. Das kann coronabedi­ngt nicht so gefeiert werden wie ursprüngli­ch geplant. „Wir holen es 2021 nach“, sagt Römgens. Pünktlich erschienen ist aber eine 50-seitige Festschrif­t mit lesenswert­en Texten und vielen Fotos aus den vergangene­n fünf Jahrzehnte­n.

Zu den wohl bekanntest­en Bewohnern der Einrichtun­g, die nach der deutsch-schwedisch­en Literaturn­obelpreis-Trägerin Nelly Sachs benannt ist, zählt Rose Ausländer. 1972, kurz nach der Eröffnung, war sie eingezogen. In einem ihrer seltenen Prosatexte („Privacy“) setzt sich die Dichterin auch mit dem Heimalltag in Düsseldorf auseinande­r. Diese Tradition wird bis heute gepflegt. So gehören regelmäßig­e Lyriknachm­ittage und ein wöchentlic­her Literaturk­reis zum Angebot des Elternheim­s.

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FOTO: C. REICHWEIN Bert Römgens

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