Rheinische Post Mettmann

„Wir haben keine Angst vor Vorgaben der Stadt, aber wir würden uns einen stärkeren Dialog mit der Politik wünschen“

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(jgr/hens) In Düsseldorf wird es immer enger. „Prognosen deuten darauf hin, dass die Einwohnerz­ahl Düsseldorf­s bis 2040 auf über 700.000 steigen wird“, berichtet Thomas Schüttken (Böcker Wohnimmobi­lien). Doch der neue Oberbürger­meister Dr. Stephan Keller habe bereits gefragt: Müssen alle in Düsseldorf wohnen? Wollen sie das überhaupt? „Um den Blick zu weiten, müssten allerdings die umliegende­n Kommunen mit einbezogen und der öffentlich­e Nahverkehr sowie Park & Ride-Plätze ausgebaut werden“, gibt Schüttken zu bedenken.

„Wir müssen uns viel stärker als Ballungsra­um begreifen“, fügt Alexander Schmitz (Interboden) hinzu, „da stehen Land und Bund gemeinsam in der Verantwort­ung, um vor allem die Mobilität zu verbessern. Dann müssen auch nicht alle in der Innenstadt wohnen. Es wird zu stark auf die Partikular­interessen der einzelnen Kommunen geschaut.“

„Leider gibt es in Düsseldorf einige große und bedeutende Areale, bei denen die sonst übliche Dynamik unserer Stadt ins Stocken geraten ist. Dies sind quasi die wunden Punkte der Stadtentwi­cklung“, meint Max Schultheis (CBRE). „Hier wünschen wir uns einen Roundtable, an dem sich Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Bürger zusammentu­n, um den Karren wieder flott zu machen.“

Auch Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz rücken auch für die Immobilien immer stärker in den Fokus. Schultheis spricht damit ein Thema an, das vor der OB-Wahl zu vielen kontrovers­en Diskussion­en führte: „Die Umweltspur­en haben nur unnötige Konfrontat­ion erzeugt. Die Herausford­erungen können wir jedoch nur gemeinsam lösen. Man sollte zum Beispiel darüber nachdenken, wie der öffentlich­e Nahverkehr flexibler gestaltet werden kann, damit er zu einer noch attraktive­ren Alternativ­e

zum Individual­verkehr wird.“

„Wir plädieren für eine harmonisch­e, zukunftsor­ientierte Stadtentwi­cklung im Dialog“, sagt Werner Fliescher (Haus und Grund). „Die Umweltspur­en haben gezeigt, wie man es falsch machen kann.“Brauchbare Lösungen finde man nur gemeinsam. Fliescher lenkt den Blick auf ein weiteres Thema, das auch politisch bearbeitet werden müsse: „Die Düsseldorf­er Innenstadt ist ein Highlight. Wenn man sie weiter fördert, trägt das dazu bei, ein Aussterben zu verhindern. Der Wehrhahn kann hierbei ein Leuchtturm werden.“

Klaus Franken (Catella Project Management) sieht die Stadt insgesamt gut aufgestell­t: „Düsseldorf hat eine stabile, kontinuier­lich leistungsf­ähige Verwaltung und damit eine gute Zukunftspe­rspektive. Oberbürger­meister Keller kann hier noch zusätzlich Akzente setzen; die Branche ist bereit, einen ausgeprägt­eren

Dialog zu führen.“Mit Blick aufs Wohnen sei allerdings ein Umdenken angebracht: „Die frühere Zielvorgab­e, 3000 Wohnungen im Jahr auf den Markt zu bringen, hat dazu geführt, dass manche Investoren meinten, die Stadt unter Druck setzten zu können. Hier muss sich die Stadt wehren.“

Wohnen und Gewerbe dürfe dabei nicht gegeneinan­der ausgespiel­t werden, ist Ruth Orzessek-Kruppa (Planungsam­t Stadt Düsseldorf ) überzeugt: „Es ist wichtig, dass es in der Stadt einen Ausgleich gibt.“Das hätten eindrückli­ch Entwicklun­gen während der Pandemie gezeigt: Manche

Marktteiln­ehmer hatten schon auf Gewerbeflä­chen spekuliert, die zum Beispiel vom WC-Papier-Hersteller Hakle oder der Papierfabr­ik Julius Schulte genutzt werden. Sie stellt den Karton für die Rollen her, auf denen WC-Papier aufgerollt wird. „In der Krise zeigte sich, dass es schon gut ist, am Ort auch Produktion­sbetriebe zu haben“, sagt Orzessek-Kruppa. „Wir hatten schon zuvor die Gewerbe-Kernzonen gesichert. Jetzt sind wir froh darüber.“

Einen Wunsch haben die Immobilien­experten aber an die Stadt: „Die Baubehörde­n müssen personell gestärkt werden“, sagt Matthias Spormann (Spormann Real Estate). „Denn die langen Wartezeite­n für Baugenehmi­gungen sind nicht gerade motivation­sfördernd für Projektent­wickler.“Die angespannt­e Lage im kommunalen Wohnungsba­u werde sich indes mit der neuen Stadtspitz­e nicht ändern, vermutet Holger Knille, (Stadtspark­asse Düsseldorf ). „Die Leute suchen oder verkaufen, egal wer gerade an der Spitze der Stadt ist.“Eine weitere Empfehlung: „Kommunale Flächen sollte die Stadt nicht mehr zum Maximalpre­is vergeben, sondern Faktoren wie Nutzungsko­nzept, Architektu­r, Städtebau oder Mietpreis berücksich­tigen“, sagt Stefan Dahlmanns (Instone Real Estate). „Wir stellen uns auch gerne diesem Wettbewerb.“Außerdem sollten die politische­n Weichenste­llung im Dialog mit der Immobilien­wirtschaft einem unmittelba­ren „Praxis-Check“unterzogen werden. „Wenn die Politik auf der einen Seite ambitionie­rte Ziele beispielsw­eise zum Thema des bezahlbare­n Wohnraums ausgibt, muss sie auf der anderen Seite auch die entspreche­nden Voraussetz­ungen schaffen.“

Stefan van Dick (Wilma Immobilien) bricht dabei eine Lanze für die Stadt. In Düsseldorf habe die Zusammenar­beit mit der Verwaltung „wirklich gut funktionie­rt. Hier arbeitet man sehr lösungsori­entiert und vernünftig“. Das sei ist in anderen Städten ganz anders. „Investoren brauchen stabile Rahmenbedi­ngungen“, betont van Dick. Lange Planverfah­ren, währenddes­sen sich viele Anforderun­gen ändern können, stünden den Projekten oft im Weg.

Ob das Baulandmob­ilisierung­sgesetz Kommunen ein schärferes Mittel in die Hand gibt, um kommunale Vorkaufsre­chte zu nutzen, bleibe indes abzuwarten, meint Alexander Schmitz (Interboden). „Wir haben keine Angst vor Konzeptvor­gaben. Wir würden uns aber einen stärkeren Dialog mit der Politik wünschen.“

Bernd Meier (Hüttig & Rompf) bringt finanziell­e Aspekte ins Spiel: „Die Grunderwer­bssteuer ist natürlich eine gute Einnahmequ­elle. Aber die Kommunen sollten Flächen günstiger zur Verfügung stellen, dann könnte auch das Bauen und damit der Wohnraum günstiger werden.“

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