Rheinische Post Mettmann

„Die Mannschaft ist wie eine Familie“

Die Tennisspie­lerin des TC Stadtwald Hilden finanziert ihr Studium der Psychologi­e in New Orleans mit einem Stipendium.

- VON BIRGIT SICKER

HILDEN/HAAN Für Lina Hohnhold ist Tennis ein wichtiger Teil ihres Lebens. Schon als Jugendlich­e war die Haanerin, die für den TC Stadtwald Hilden spielt, erfolgreic­h. Die Sportlerin holte unter anderem in den Altersklas­sen U12 und U16 Bronze bei der Deutschen Meistersch­aft, war mehrfache Jugend-Verbandsme­isterin, bejubelte den Vizetitel bei der Deutschen U 18-Meistersch­aft und den Gewinn der Westdeutsc­hen Meistersch­aft. Hohnhold belegte zudem in der Rangliste des Deutschen Tennisbund­es vordere Platzierun­gen. In der DTB-Rangliste der Damen notierte sie als bestes Ergebnis die Position 66. Mit der Damenmanns­chaft des TC Stadtwald Hilden tritt Hohnhold in der Niederrhei­nliga an und holte in den vergangene­n Jahren wichtige Punkte in den Medenspiel­en.

Ein vielverspr­echendes Talent also, das in Mutter Petra und Vater Christian von Kindesbein­en an zwei Tennis-Experten als Förderer

„Anderthalb Jahre war ich damit beschäftig­t, die Uni auszuwähle­n: Welche ist wie groß, wie läuft es dort ab“

Lina Hohnhold

an ihrer Seite hatte. Die Eltern halfen, die Tennis-Karriere behutsam aufzubauen, achteten unter anderem auf notwendige Regenerati­onsphasen. Zudem erhielt Lina Hohnhold an der Solinger Sportschul­e FALS (Friedrich-Albert-Lange) die notwendige Unterstütz­ung. Mit 14 Jahren startete sie mit vor Freude glänzenden Augen erstmals bei einem großen internatio­nalen Turnier, dem Weltfinale des Nike Masters in Florida. Vielleicht der Moment, in dem sie auch den Spaß am Tennis in Amerika entdeckte. Denn davon konnte auch Vater Christian berichten, der in den USA mit einem Tennis- und Fußball-Stipendium studierte. „Ihm hat die Erfahrung sehr gefallen und sie hat ihn persönlich weitergebr­acht“, berichtet Lina Hohnhold. „Es ist nicht jedermanns Sache, aber es ist schön“, bestätigt der Papa.

Gleich nach dem Abitur im Jahr 2017 begann die nunmehr 22-Jährige im August ihr Studium an der University of Memphis in Tennessee. Bereits zwei Jahre vorher nahmen die Planungen konkrete Formen an. Verschiede­ne Trainer aus den USA schrieben das Tennis-Talent

per E-Mail oder über Facebook an und warben für ihr College. „Anderthalb Jahre war ich damit beschäftig­t, die Uni auszuwähle­n: Welche ist wie groß, wie läuft es dort ab“, erzählt Hohnold. Schließlic­h half eine auf die Vermittlun­g von Tennis-Stipendien spezialisi­erte Firma, eine gute Universitä­t zu finden. Etwas mehr als drei Jahre ist der Start nun her. „Es hat mir sehr geholfen, in so einem Alter mal alleine zu leben. Ich musste alles selber regeln. Die Mannschaft ist wie eine Familie, mit der man abhängt und der man alles anvertraut“, erzählt die Studentin der Psychologi­e.

Was gab letzlich den Ausschlag für den Sprung über den großen Teich? „Mit dem Stipendium konnte ich mein Tennis verbessern – das wäre hier nicht möglich gewesen“, sagt Lina Hohnhold frank und frei. Zugleich finanziert die 22-Jährige durch das Tennisspie­l ihr Studium. Also eine sogenannte Win-win-Situation, die auch dem Renommee des College dient und deshalb wundert es nicht, dass die Haanerin berichtet:

„Ich spiele in einer Mannschaft und der Unterricht wird um das Team herum geplant.“Will heißen: Das Training hat Priorität. Drei Stunden täglich von Montag bis Freitag stehen in der Woche auf dem Übungsplan. Dienstags und donnerstag­s dreht sich anderthalb Stunden lang alles um Kondition. Dann geht es zum Sprinttrai­ning oder in den Kraftraum.

Im ersten Jahr lebte Hohnhold mit sechs Leuten in einem sogenannte­n

Dorm auf dem Campus: Zwei Badezimmer, Küche, Wohnzimmer und für jeden ein eigenes Zimmer. In den letzten beiden Jahren hingegen wohnte die Haanerin außerhalb des Universitä­tsgeländes. „Zwei Minuten vom Campus entfernt“, berichtet sie und ergänzt: „Mit ein paar anderen Tennisspie­lerinnen habe ich in einem Haus gelebt.“

Acht Monate im Jahr weilt Lina Hohnhold am College, vier Monate ist sie in Deutschlan­d. Ein Rhythmus,

den die Corona-Pandemie allerdings extrem ins Wanken brachte. Ende März schaffte es die Haanerin gerade noch rechtzeiti­g, gemeinsam mit ihrem in Hawaii studierend­en Freund vorzeitig den Rückflug in die Heimat anzutreten. Allerdings mit Umwegen in vier verschiede­nen Flugzeugen und Zwischenst­opps in Los Angeles und New York. Auch wegen Corona wechselte Lina Hohnhold zum Winterseme­ster zur University of New Orleans, konnte jedoch aufgrund der Pandemie in der Heimat bleiben und das Studium zunächst online fortsetzen. Wenn alles nach Plan läuft, fliegt sie Anfang Januar wieder über den großen Teich, um in der College Tennis Divison I an den Start zu gehen. Falls Corona nicht wieder einen dicken Strich durch die Rechnung macht.

Was Tennis angeht, blickt Hohnhold zufrieden auf die letzten drei Jahre zurück. „Ich habe auf jeden Fall im Doppel viel dazu gelernt, vor allem mental. Ich weiß jetzt, mit bestimmten Drucksitua­tionen umzugehen. Als ich nach Amerika gekommen bin, war ich in keiner guten Form.Ich wusste, dass es lange dauern wird, aber jetzt merke ich, dass ich auf einem guten Weg nach oben bin. Das habe ich dem Training und den Kameradinn­en zu verdanken – wir ziehen uns gegenseiti­g hoch.“Dazu kommt die Anerkennun­g, die sie als College-Spielerin erfährt. Allerdings sei die im Tennis bei weitem nicht so hoch wie bei den Basketball­ern, die entspreche­nd selbstbewu­sst auf dem Campus auftreten.

„Ich merke, dass ich auf einem guten Weg bin. Das habe ich dem Training und den Kameradinn­en zu verdanken“

Lina Hohnhold

Und wie läuft es beruflich? „Weil ich selber gerne Sport mache, möchte ich Sportpsych­ologin werden. Mich interessie­rt sehr, warum man so ist, wie man ist. Ich bin selbst ein Kopfmensch, denke aber, dass man da noch sehr viel heraushole­n und sein Spiel mental verbessern kann.“Dafür beschäftig­t sich Hohnhold im Studium mit ganz unterschie­dlichen Themen wie dem Umgang mit Tod oder Krankheit oder der materielle­n Sinnfrage: Macht Geld glücklich? Dazu gewinnt sie Einblicke in die Neuropsych­ologie, die sich mit den Funktionen des Gehirns befasst. Einfach formuliert: An welchen Stellen im Gehirn findet was statt?

Lina Hohnhold fällt abschließe­nd ein positives Urteil über das College-Leben in Amerika: „Es gibt nirgendwo in der Welt so viele Studenten, die gleichzeit­ig guten Sport betreiben. Man macht, was man liebt und gleichzeit­ig studiert man.“Was die Haanerin besonders beeindruck­t: „Dieser Spirit: Wieviel Arbeit in den Sport gesteckt wird und das ganze Drumherum.“Und ganz nebenbei hat sie „super Freundscha­ften geschlosse­n“mit Menschen „aus aller Herren Länder“.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Lina Hohnhold liebt Tennis, hat aber auch eine vernünftig­e Berufsausb­ildung im Blick.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Lina Hohnhold liebt Tennis, hat aber auch eine vernünftig­e Berufsausb­ildung im Blick.

Newspapers in German

Newspapers from Germany