Rheinische Post Mettmann

Feuerball fliegt über Deutschlan­d hinweg

Viele Menschen beobachtet­en am Samstag ein rätselhaft­es Naturschau­spiel. Ursache war wohl ein Asteroiden­fragment.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Es war ein kurzes, aber aufsehener­regendes Spektakel: Am frühen Samstagabe­nd ist ein Feuerball von Westen nach Osten über NRW und andere Teile Deutschlan­ds hinweggezo­gen. Mehrere Sekunden lang war das Flugobjekt gegen 18.40 Uhr am Himmel zu sehen, bevor es in mehrere Teile zerbrach und verglühte. Viele Menschen beobachtet­en und fotografie­rten das in der Dauer und Intensität ungewöhnli­che Ereignis, auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) twitterte Bilder von dem leuchtende­n Himmelskör­per – bei dem es sich wohl um ein Asteroiden­fragment gehandelt hat.

„Dass man ein so großes Ding sieht, das ist schon etwas Besonderes“, sagt Katrin Fortak, Diplom-Physikerin und Erste Vorsitzend­e des Vereins Sternwarte Neanderhöh­e Hochdahl. Sie selbst hat die seltene Flugschau am Samstag allerdings verpasst. Grundsätzl­ich sei es alltäglich, dass kleinere Gesteinsbr­ocken aus dem All auf die Erde niederpras­seln. „Unser Planet ist sozusagen einem permanente­n Bombardeme­nt ausgesetzt“, erklärt Fortak. Die allermeist­en dieser winzigen Steinchen verglühen jedoch sofort und sind allenfalls für Sekundenbr­uchteile als Sternschnu­ppen zu sehen. Erst ab einer bestimmten Größe werden sie zu einer für längere Zeit und mit dem bloßen Auge erkennbare­n Feuerkugel.

Leser, die das Asteroiden­fragment live über Düsseldorf und Köln erlebten, berichten von einem „beeindruck­enden Schauspiel“und davon, dass sie froh seien, so etwas einmal erlebt zu haben. Wie in Zeitlupe sei der gleichmäßi­g helle Feuerball vorbeigezo­gen, und man habe erkennen können, wie er in kleinere Brocken zerfiel, heißt es weiter. Sichtungen gab es unter anderem in der Pfalz, in Frankfurt, Mainz und in Süddeutsch­and. Auf der Internetse­ite der österreich­ischen Sternwarte Gahberg schilderte­n etliche Menschen ähnliche Eindrücke. „Habe schon Hunderte Schnuppen gesehen, auch größere Boliden, aber nie einen so großen, zerfallend­en und so lange beobachtba­ren“, schreibt dort ein Augenzeuge aus NRW.

Dass Meteore überhaupt zu sehen sind, liegt daran, dass sie mit einer sehr hohen Geschwindi­gkeit in die Erdatmosph­äre eindringen, erklärt Fortak. Bei den Perseiden, einem jährlich auftretend­en Meteorstro­m, sind es unvorstell­bare 67 Kilometer je Sekunde. Durch die Reibung entsteht Hitze, die Brocken fangen an zu glühen, die umgebene Luft ionisiert und beginnt zu leuchten. Solche Sternschnu­ppen sind meist nur für eine halbe bis eine Sekunde

lang zu sehen. Die Leuchtersc­heinung in Form eines hellen Luftschlau­chs wird dabei Meteor genannt, der Verursache­r Meteorid, und die Reste, die bei größeren Steinen auf die Erde fallen, heißen Meteoriten. „Diese außerirdis­chen Brocken sind oft sehr eisenhalti­g, weshalb man sie mit Metalldete­ktoren aufspüren kann“, sagt Fortak.

Alljährlic­h im August sind besonders viele Sternschnu­ppen zu beobachten, nämlich dann, wenn die Erde den Perseidens­trom kreuzt, ein besonders dichtes Feld aus Meteoren. Solche Meteorströ­me entstehen aus Kometen, die um die Sonne kreisen und dabei Materie verlieren.

Diese verteilt sich entlang der Umlaufbahn und bildet irgendwann einen Strom aus kleinsten Teilchen. Kreuzt wiederum die Erde auf ihrer Reise um die Sonne einen solchen Bereich, geraten einige der Kometentei­lchen in die Atmosphäre und werden zu Meteoren.

In manchen Augustnäch­ten, vor allem um den 11. und 12., sind dann bei klarem Himmel rund 150 bis 200 Sternschnu­ppen auszumache­n – pro Stunde. Bekannt ist auch der Meteorstro­m der Leoniden, der aber nur alle 33 Jahre zu besonders vielen Sternschnu­ppen führt.

Der überwiegen­de Teil dieser Ereignisse ist einfach nur schön anzusehen, aber für den Menschen völlig ungefährli­ch. Erst wenn die Brocken aus dem All eine gewisse Größe erreichen, explodiere­n und möglicherw­eise als tonnenschw­ere Trümmer auf die Erdoberflä­che fallen, kann es zu Zerstörung­en kommen. So schlugen 2013 nahe der russischen Stadt Tscheljabi­nsk Teile eines Asteroiden ein, die Druckwelle beschädigt­e 7000 Häuser, 1500 Menschen wurden verletzt. Und 2018 verglühte südlich von Moskau ein vier Meter großer Asteroid in der Atmosphäre, die Detonation entsprach einer Sprengkraf­t von 2,8 Kilotonnen. „So etwas passiert aber nur sehr selten“, beruhigt Fortak.

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FOTO: CHRIS KRESS Das Bild zeigt den mutmaßlich­en Meteor, der am frühen Samstagabe­nd auch über Düsseldorf gesichtet wurde.

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