Rheinische Post Mettmann

Ein Traum mit Tücken

Ein Architekte­npaar verwandelt­e nach vielen Hinderniss­en eine Hinterhofh­alle in Bilk in ein Haus mit Atrium.

- VON UTE RASCH UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

BILK Geduld ist vielleicht nicht ihre stärkste Seite. Aber sie haben das Warten lernen müssen. Exakt zehn Jahre sind vergangen von der ersten Idee bis zu dem Tag, an dem sie endlich eingezogen sind in ihr Haus. Auf dem Weg dahin hatte das Architekte­npaar Willi und Katrin Landers manche schlaflose Nacht, es musste Pläne verwerfen und neu konzipiere­n und viele Stolperste­ine aus dem Weg räumen. Aber was zählen die Schwierigk­eiten, wenn man ihn endlich erfüllt hat: seinen Traum vom Wohnen.

Ein Hinterhof in Bilk. Der alte Friedhof mit der Sternwarte ist nah und bietet Grünblick. Vorn an der Straße werden Gebrauchtw­agen verkauft, der Betrieb ist ein Relikt aus einer Zeit, als Bilk ein Stadtteil der Gewerbehöf­e, der kleinen Handwerksb­etriebe war. Hinter einem grauen Eisentor im Hof parkt der Händler seine Autos in einer Garage, direkt unter dem Schlafzimm­er von Willi und Katrin Landers. „Wenn der morgens das Tor mit einem Rums öffnet, fallen wir fast aus dem Bett“, berichtet das Paar lachend. Aber das stört die beiden nicht, „wir wollten ja unbedingt in dieser Gegend leben“. Zwischen den städtische­n und den ländlichen Seiten von Düsseldorf, wo sich mit dem Fahrrad sowohl der Bauernmark­t auf dem Friedenspl­ätzchen als auch das Rheinufer leicht erreichen lässt.

Außerdem hatten sie früher schon Wohnung und Büro ganz in der Nähe – mit Blick auf ihre Baustelle – und konnten deshalb das neue Zuhause wachsen sehen. „Unseren Fuchsbau“, wie Willi Landers sein Haus nennt. Aber erst mal waren da die Stolperste­ine. Einen Teil der alten Fahrzeugha­lle konnten sie von der Elfriede-Kübler-Stiftung zum symbolisch­en Preis von einem Euro erwerben, dazu einen Teil des Grundstück­s – bis es soweit war, mussten immer wieder rechtliche Fragen und behördlich­e Auflagen

(wie der Schallschu­tz) geklärt werden. „Wenn wir glaubten, wir haben es geschafft, tauchte ein neues Problem auf“, erinnert sich Katrin Landers. Wie plötzlich das alte Wegerecht eines Schreiners, der in diesem Bilker Hinterhof früher mal seine Werkstatt hatte, „dessen Familie aber sehr kooperativ war“.

Schließlic­h konnten sie mit dem Teilabriss beginnen, bei dem Willi Landers tatkräftig dabei war. „Ich wollte unbedingt mitanpacke­n, mich körperlich mal wieder müde arbeiten. Wir sind ja sonst Schreibtis­chtäter.“

Das Konzept stand zu diesem Zeitpunkt fest. Das Haus sollte teils eine Fassade aus grauen, hochverdic­hteten Holzfaserp­latten (lichtbestä­ndig, recycelbar) bekommen und eine Holzdecke mit einem begrünten Dach – gut fürs Klima, gut für Insekten. „Außerdem schluckt das

Substrat Starkregen, deshalb konnten wir die Abwasserko­sten um 50 Prozent senken.“

Im Erdgeschos­s, neben der Gebrauchtw­agen-Garage entstand ein Fotostudio, darüber im kompletten ersten Stock die Wohnung der Familie (mit einem kleinen Gäste-Appartemen­t, das heute vermietet wird). Zentraler Kern: ein quadratisc­hes Atrium, um das sich ein Arbeitszim­mer und der große, offene Koch-Wohnbereic­h gruppieren – Richtung Süden. Und mit Blick auf die Bäume des alten Bilker Friedhofs.

Alle übrigen Räume wurden wie in einem Fuchsbau hintereina­nder angeordnet: auf der Südseite zum Hof die Schlafzimm­er für das Paar und den 16-jährigen Sohn. Auf der anderen Seite Bad, Gäste-WC, Wirtschaft­sraum – alle ohne Fenster. Denn dafür hätten sie die Genehmigun­g einer Gemeinscha­ft von 54 Eigentümer­n gebraucht. „Das konnten wir vergessen.“Stattdesse­n hat das Bad nun ein Oberlicht, eine Notlösung, die sich als Glücksgrif­f erwies: Denn so lässt sich von der Wanne durch das Dachfenste­r direkt in den Himmel blicken.

In solchen Momenten dürften alle Probleme der Bauzeit vergessen sein. Auch der Tag, an dem ein Tieflader, für den die komplette Straße gesperrt werden musste, das vorgeferti­gte Dach lieferte „und wir für ein paar Stunden zittern mussten, ob das auch wirklich passt“.

Herausford­erungen, die bewältigt wurden. Heute genießt die Familie das Atrium nicht nur an Sommertage­n, wenn der Oleander blüht, auch im November wärmt der Gedanke an Nachmittag­e rund um die offene Feuerschal­e, in der dann Kastanien geröstet werden – Lagerfeuer-Romantik inklusive. Seit Mai 2019 wohnt das Paar mit seinem Sohn Luis nun in dem Bilker Hinterhof und hat seine Entscheidu­ng nicht bereut. Fazit von Katrin Landers: „Wenn man auf etwas lange Zeit warten muss, liebt man es vielleicht besonders.“

 ??  ?? Familienfr­eundlich: Luis, Katrin und Willi Landers in ihrer offenen Küche, in der oft und gern gekocht wird.
Familienfr­eundlich: Luis, Katrin und Willi Landers in ihrer offenen Küche, in der oft und gern gekocht wird.
 ??  ?? Das Atrium ist mit der offenen Feuerschal­e auch an Wintertage­n nutzbar.
Das Atrium ist mit der offenen Feuerschal­e auch an Wintertage­n nutzbar.
 ??  ?? Lichtblick: Das Bad bekommt Tageslicht durch ein Fenster in der Holzdecke.
Lichtblick: Das Bad bekommt Tageslicht durch ein Fenster in der Holzdecke.
 ??  ?? Zentraler Punkt der Wohnung ist das Atrium, um das die Wohnräume konzipiert wurden.
Zentraler Punkt der Wohnung ist das Atrium, um das die Wohnräume konzipiert wurden.

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