Ein Traum mit Tücken
Ein Architektenpaar verwandelte nach vielen Hindernissen eine Hinterhofhalle in Bilk in ein Haus mit Atrium.
BILK Geduld ist vielleicht nicht ihre stärkste Seite. Aber sie haben das Warten lernen müssen. Exakt zehn Jahre sind vergangen von der ersten Idee bis zu dem Tag, an dem sie endlich eingezogen sind in ihr Haus. Auf dem Weg dahin hatte das Architektenpaar Willi und Katrin Landers manche schlaflose Nacht, es musste Pläne verwerfen und neu konzipieren und viele Stolpersteine aus dem Weg räumen. Aber was zählen die Schwierigkeiten, wenn man ihn endlich erfüllt hat: seinen Traum vom Wohnen.
Ein Hinterhof in Bilk. Der alte Friedhof mit der Sternwarte ist nah und bietet Grünblick. Vorn an der Straße werden Gebrauchtwagen verkauft, der Betrieb ist ein Relikt aus einer Zeit, als Bilk ein Stadtteil der Gewerbehöfe, der kleinen Handwerksbetriebe war. Hinter einem grauen Eisentor im Hof parkt der Händler seine Autos in einer Garage, direkt unter dem Schlafzimmer von Willi und Katrin Landers. „Wenn der morgens das Tor mit einem Rums öffnet, fallen wir fast aus dem Bett“, berichtet das Paar lachend. Aber das stört die beiden nicht, „wir wollten ja unbedingt in dieser Gegend leben“. Zwischen den städtischen und den ländlichen Seiten von Düsseldorf, wo sich mit dem Fahrrad sowohl der Bauernmarkt auf dem Friedensplätzchen als auch das Rheinufer leicht erreichen lässt.
Außerdem hatten sie früher schon Wohnung und Büro ganz in der Nähe – mit Blick auf ihre Baustelle – und konnten deshalb das neue Zuhause wachsen sehen. „Unseren Fuchsbau“, wie Willi Landers sein Haus nennt. Aber erst mal waren da die Stolpersteine. Einen Teil der alten Fahrzeughalle konnten sie von der Elfriede-Kübler-Stiftung zum symbolischen Preis von einem Euro erwerben, dazu einen Teil des Grundstücks – bis es soweit war, mussten immer wieder rechtliche Fragen und behördliche Auflagen
(wie der Schallschutz) geklärt werden. „Wenn wir glaubten, wir haben es geschafft, tauchte ein neues Problem auf“, erinnert sich Katrin Landers. Wie plötzlich das alte Wegerecht eines Schreiners, der in diesem Bilker Hinterhof früher mal seine Werkstatt hatte, „dessen Familie aber sehr kooperativ war“.
Schließlich konnten sie mit dem Teilabriss beginnen, bei dem Willi Landers tatkräftig dabei war. „Ich wollte unbedingt mitanpacken, mich körperlich mal wieder müde arbeiten. Wir sind ja sonst Schreibtischtäter.“
Das Konzept stand zu diesem Zeitpunkt fest. Das Haus sollte teils eine Fassade aus grauen, hochverdichteten Holzfaserplatten (lichtbeständig, recycelbar) bekommen und eine Holzdecke mit einem begrünten Dach – gut fürs Klima, gut für Insekten. „Außerdem schluckt das
Substrat Starkregen, deshalb konnten wir die Abwasserkosten um 50 Prozent senken.“
Im Erdgeschoss, neben der Gebrauchtwagen-Garage entstand ein Fotostudio, darüber im kompletten ersten Stock die Wohnung der Familie (mit einem kleinen Gäste-Appartement, das heute vermietet wird). Zentraler Kern: ein quadratisches Atrium, um das sich ein Arbeitszimmer und der große, offene Koch-Wohnbereich gruppieren – Richtung Süden. Und mit Blick auf die Bäume des alten Bilker Friedhofs.
Alle übrigen Räume wurden wie in einem Fuchsbau hintereinander angeordnet: auf der Südseite zum Hof die Schlafzimmer für das Paar und den 16-jährigen Sohn. Auf der anderen Seite Bad, Gäste-WC, Wirtschaftsraum – alle ohne Fenster. Denn dafür hätten sie die Genehmigung einer Gemeinschaft von 54 Eigentümern gebraucht. „Das konnten wir vergessen.“Stattdessen hat das Bad nun ein Oberlicht, eine Notlösung, die sich als Glücksgriff erwies: Denn so lässt sich von der Wanne durch das Dachfenster direkt in den Himmel blicken.
In solchen Momenten dürften alle Probleme der Bauzeit vergessen sein. Auch der Tag, an dem ein Tieflader, für den die komplette Straße gesperrt werden musste, das vorgefertigte Dach lieferte „und wir für ein paar Stunden zittern mussten, ob das auch wirklich passt“.
Herausforderungen, die bewältigt wurden. Heute genießt die Familie das Atrium nicht nur an Sommertagen, wenn der Oleander blüht, auch im November wärmt der Gedanke an Nachmittage rund um die offene Feuerschale, in der dann Kastanien geröstet werden – Lagerfeuer-Romantik inklusive. Seit Mai 2019 wohnt das Paar mit seinem Sohn Luis nun in dem Bilker Hinterhof und hat seine Entscheidung nicht bereut. Fazit von Katrin Landers: „Wenn man auf etwas lange Zeit warten muss, liebt man es vielleicht besonders.“