Der neue Dirigent will motivieren
Schon seit einem Dreivierteljahr hat das Sinfonieorchester der VHS Mettmann mit Federico Ferrari einen neuen Dirigenten – und doch haben nur einige Proben stattfinden können, wegen Corona.
METTMANN Ein Probedirigat konnte Federico Ferrari im März noch liefern, dann war Schluss. Dabei wäre der junge Dirigent, der aus der Nähe von Mailand stammt, so gerne an die Arbeit gegangen, hatte er sich doch wenigstens kurz von der Qualität des Sinfonieorchesters der VHS Mettmann überzeugen können.
Aufgewachsen ist der Musiker auf dem Land, sein Vater war Landwirt, die Mutter Kauffrau, und beide waren musikalisch nicht sonderlich aufgefallen. Daher bekam Federico Ferrari erst mit elf Jahren Kontakt zur Musik – mit der Blockflöte. Mit 13 Jahren wechselte er zur Klarinette, und mit 14 hatte er sein Instrument gefunden: die Tuba, die tiefen Töne hatten es ihm angetan. In Cameri, seinem Heimatstädtchen, gibt es traditionell einen Musikverein, ein Blasorchester, und von diesem Orchester bekam er eine Tuba als Übungsinstrument. Damit konnte er stundenlang nach Herzenslust üben – nicht immer zur Erbauung seines Vaters. Dem war‘s zu laut.
Mit 17 Jahren wurde der begabte Musiker Jungstudent am Conservatorio Giuseppe Verdi in Turin im Fach Tuba und schloss hier mit dem Diplom ab. Fasziniert vom deutschen Orchesterklang konnte ihn sein Professor Rino Ghiretti, der selber bei den Berliner Philharmonikern die Tuba blies, überzeugen, seine Studien in Deutschland fortzusetzen. Er hatte Glück und konnte sich als Austauschstudent über Erasmus an der Folkwang Universität der Künste in Essen weiter fortbilden.
Doch seine musikalische Ausbildung bahnte sich noch einen anderen Weg. Er nahm das Dirigierstudium am Conservatorium Maastricht auf, nachdem er schon ein Jahr zwischen Essen und Mailand gependelt war und dort ein Privatstudium für Dirigat absolviert hatte.
Konzerterfahrung sammelte Federico Ferrari sowohl als Dirigent als auch mit der Tuba, nahm an zahlreichen Wettbewerben, Workshops und Fortbildungen teil, war Dirigent des Jugendsinfonieorchesters beim Sommerprojekt „Musikfreizeit am Schloss Nordkirchen“und trug so manche Goldmedaille und Auszeichnung heim. Orchester- und Ensembleerfahrung sammelte er in großen Konzertsälen Deutschlands, Italiens und der Schweiz – bis hin nach Peking hat es ihn als Gastdirigent für ein Jugendsinfonieorchester und ein Blasorchester geführt. Darüber hinaus ist er seit 2017 Dirigent des Feuerwehrorchesters Radevormwald und seit 2019 auch noch musikalischer Chef des Sinfonieorchesters „Junge Philharmonie“der KSHG Münster.
Doch wie kam dieses Musiktalent nun an das Pult des Sinfonieorchesters der VHS Mettmann? Das war, wie so oft im Leben, ein Zufall. Ein Freund von Federico Ferrari kannte Karl-Heinz Kensche, den langjährigen Leiter dieses ambitionierten Amateurorchesters, und der Freund wusste, dass Karl-Heinz Kensche einen Nachfolger suchte.
Man verständigte sich telefonisch, und das Probedirigat wurde verabredet. Tja, und das war‘s dann erst einmal. Zwar konnten einige Proben nach den Sommerferien stattfinden, dann war jedoch erst einmal wieder Pause.
Und dennoch ist es für Ferrari ein großes Glück und eine Ehre – wie er sich ausdrückte – das reiche kulturelle
Erbe Mettmanns antreten zu dürfen, es zu schützen und weiter fortzuführen. Er gerät fast ins Philosophische, wenn er sagt: „Nicht die Musik macht aus Menschen gute Menschen. Nein, die Menschen, die einmal in der Woche ihre Freizeit einbringen, wo der Professor neben einem Angestellten aus dem Supermarkt sitzt, die auf einander eingehen, um miteinander zu musizieren, das macht Menschen gut.“
In der Schweiz hat Ferrari bei einem amerikanischen Professor aus Chicago Seminare besucht und das Coaching studiert. Mentales Training ist ihm wichtig. Das Gehirn muss lernen. Dirigenten sollen keine Töne liefern, sondern das Orchester aufbauen, die Musiker motivieren. Die Musik soll intensiver klingen, nicht lauter.
Der junge Dirigent wird sich mit Begeisterung einbringen, und die Musikfreunde im Städtchen werden hoffentlich am 7. März 2021 neben der Coriolan-Ouvertüre und dem 3. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven auch seiner 5. Sinfonie unter der Leitung von Federico Ferrari lauschen können.