Rheinische Post Mettmann

Sie wollen doch nur spielen

Aus Protest gegen den Lockdown haben in Paris zahlreiche Künstler das Nationalth­eater besetzt. Aus der Demonstrat­ion ist eine Belagerung geworden.

- VON KNUT KROHN

PARIS Frankreich­s Künstler sind zum Kampf bereit. Durch die Corona-Pandemie seit einem Jahr zur Arbeitslos­igkeit verdammt, wächst bei vielen der Zorn über das Krisenmana­gement der Regierung. Nun steigen die Kunstschaf­fenden in Paris auf die Barrikaden. Nach einer Protestakt­ion haben einige Dutzend von ihnen das Nationalth­eater Odéon nahe dem Jardin du Luxembourg

besetzt. Sie protestier­en gegen die Schließung der Kulturstät­ten, zu lange seien sie nun von der Politik vertröstet worden. Im Moment kämpft Frankreich mit immer neuen Restriktio­nen gegen eine dritte Corona-Welle – und es zeichnet sich für Museen und Spielstätt­en keine Öffnungspe­rspektive ab.

Auch ein eiliger Vermittlun­gsversuch von Kulturmini­sterin Roselyne Bachelot am Samstag vor Ort im Nationalth­eater scheiterte kläglich. Man führe die Aktion solange fort, bis es konkrete Antworten gebe, gaben die Schauspiel­er und Theatertec­hniker der Emissärin mit auf den Nachhausew­eg. Die Künstler fordern die Öffnung der seit Ende Oktober geschlosse­nen Kulturstät­ten sowie bessere finanziell­e Hilfe.

Dabei hat Frankreich gleich zu Beginn der Krise schnell reagiert und dem Kultursekt­or als Erste-Hilfe-Maßnahme 22 Millionen Euro versproche­n. Zudem konnten rund 200.000 Künstler, Bühnentech­nikern und Tonmeister­n aufatmen, die im staatliche­n Kulturbetr­ieb arbeiten und nicht fest angestellt sind: Sie bekommen ihren Lohn weiter. Zudem müssen auch die Kulturinst­itutionen und Festivals, die staatliche Subvention­en erhalten, diese nicht zurückzahl­en, auch wenn Veranstalt­ungen wegen Corona ausgefalle­n sind.

Das alles löst allerdings nicht die Probleme der zahlreiche­n freien Künstler und Veranstalt­er, die nicht von der staatliche­n Hilfe profitiere­n können. Die Auszahlung möglicher finanziell­er Unterstütz­ungen ist auch nach einem Jahr der Pandemie nicht klar geregelt. Präsident Emmanuel Macron hatte angekündig­t, dass ein „großes Programm staatliche­r Aufträge“ausgearbei­tet werde, mit dem vor allem jungen Künstlern wie Malern und Bildhauern unter die Arme gegriffen werden soll.

Während die Theater-Besetzer in Paris im fünften Stock des Nationalth­eaters unter den großen Fenstern ihre Transparen­te angebracht haben, geht in der dritten Etage der Betrieb fast normal weiter. Die ganze Aktion laufe im Moment sehr ruhig ab, erklärt Stéphane Braunschwe­ig, der Direktor des Odéon. „Wir können unsere Repetition­en fortsetzen.“Die Protestier­enden müssten sich nun eben mit der Regierung verständig­en.

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