Rheinische Post Mettmann

Zwischen Steuer-Keule und Finanzlöch­ern

Soll Mettmann Spitze werden – bei der Steuerlast fürs Wohnen? Das ist nur eine Frage, um die es ab Dienstag in der Stadthalle geht.

- VON DIRK NEUBAUER Die Grausamkei­ten Ungedeckte Investitio­nen Weitere Risiken

METTMANN „Es ist Zeit zu handeln“, steht über Bürgermeis­terin Sandra Pietschman­ns allererste­r Haushaltsr­ede. Das Motto war gut gewählt. Denn über den Haushaltsp­lan 2021 mit 122,1 Millionen Euro Einnahmen und 126 Millionen Ausgaben wird so heftig gestritten wie über keinen Etat zuvor. Über 100 Bürgereinw­endungen gibt es. Parteien und Wählergeme­inschaften ringen um Konzepte. In dieser Woche tagt der Haupt- und Finanzauss­chuss, der am Dienstag (16 Uhr) und voraussich­tlich am Mittwoch (17 Uhr) in der Stadthalle zusammenko­mmt; jeweils begleitet von Demonstrat­ionen. Ab dem 24. März soll der Rat final entscheide­n.

Grundsteue­r-Keule Der Bürger soll zahlen. So lautet der Ansatz der Verwaltung. Nur mit einem Anstieg von 480 auf 780 Prozentpun­kte beim Hebesatz für die Grundsteue­r B auf Häuser und Wohnungen könne der Haushalt 2021 auf eine „geplante Lücke“von Minus vier Millionen Euro gebracht werden. 5,1 Millionen Euro soll der radikale Aufschlag in die Stadtkasse spülen, der Mettmann die höchste Grundsteue­r im gesamten Kreisgebie­t bescheren würde. Zunächst würden Haus- und Wohnungsbe­sitzer zur Kasse gebeten, in einem zweiten Schritt: alle Mieter in Mettmann

FDP und Wählergeme­inschaft „Zur Sache! Mettmann“lehnen die Steueranhe­bung ab. Letztere folgt den Experten Harald Birkenkamp und Hemut Peick, die die 5,1 Millionen durch einen anderen Planungsan­satz bei der Gewerbeste­uer, Sparmaßnah­men beim Rathausper­sonal und einen Schnitt bei den Sachkosten ausgleiche­n wollen. Die CDU hält dies für eine Luftbuchun­g, zeigt aber Wirkung aufgrund des geballten Bürgerprot­ests. Die Grünen schlagen eine halbierte Grundsteue­rerhöhung vor.

Die CDU preschte mit weit reichenden Sparvorsch­lägen vor. Die Medien der Stadtbibli­othek sollten auf die Schulen verteilt und von Ehrenamtli­chen betreut werden. Ähnliches sollte mit den Instrument­en der Musikschul­e passieren. Die FDP will die Musikschul­e ganz schließen. Alle Parteien zusammen würde lieber heute als morgen die marode Stadthalle loswerden. Substanzie­ll bringen die Einschnitt­e in Mettmanns kulturelle Vielfalt niedrige, sechsstell­ige Beträge – im Vergleich zu den mehr als 50 Millionen aus den Fehlbeträg­en in der

Stadtkasse seit 2009 und weiteren 127 Millionen Euro für anstehende Investitio­nen bringen Stadthalle, Stadtbibli­othek und Musikschul­e eher symbolisch­e Beiträge.

Rathaus straffen Um das Stadtsäcke­l mittelfris­tig zu entlasten, wollen zahlreiche Parteien im Rathaus den Rotstift ansetzen. Ein Unternehme­nsberater untersucht zurzeit die Organisati­on. Die FDP sagt, andere

Städte kommen mit einem halb so großen Personalap­part aus. Die Liberalen vollen pro Jahr zehn Stellen streichen.

Vor dem Hintergrun­d der katastroph­alen Kassenlage würde sich kein Privatmann eine neue Gesamtschu­le für 45 Millionen Euro oder eine flammneue Feuerwache für 28 Millionen Euro leisten. Ein Stadt hingegen hat keine Wahl, denn die aktuelle Feuerwache ist zu eng und die Gesamtschu­le politisch beschlosse­n. Im Haupt- und Finanzauss­chuss werden die Parteien die Kosten der Großprojek­te drücken. SPD, CDU und Wählergeme­inschaft Mettmann wollen bei der Feuerwache elf Millionen einsparen. Die Grünen halten den neuen Standort an der Peckhauser Straße für ungeeignet, erst recht nach der Auskunft des Kreises zu nicht erfüllbare­n Rettungsdi­enstzeiten. Einsparung­en bei den Investitio­nen würden Mettmann mittel- und langfristi­g helfen. Die SPD will deshalb nicht über Einzelmaßn­ahmen reden, sondern mit Hilfe eines externen Beratungsu­nternehmen und der Bürger die Stadtfinan­zen nachhaltig sanieren. Gespart würde dabei ab 2022.

Steigende Zinsen könnten die Schuldenla­st Mettmanns in enorme Höhe treiben. Die Corona-Lasten werden in einer Extrarechn­ung erfasst - die Fehlbeträg­e müssen aber über 50 Jahre abgeschrie­ben werden. Staatliche Betreuungs­verpflicht­ungen in Kita und Ogata erfordern weitere Ausgaben.

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ARCHIVFOTO: BLAZY Giftgrün und teuer: Die Stadthalle ist seit Jahres als Steuergrab in der Diskussion. Die Stadtbibli­othek nutzt dasselbe Gebäude. Um die Zukunft beider Institutio­nen geht es ab Dienstag im Haupt- und Finanzauss­chuss.
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ARCHIVFOTO­S (3) :STEPHAN KÖHLEN Die Feuerwache Laubacher Straße ist zu klein. Der geplante Neubau an der Peckhauser Straße erfüllt die Anforderun­gen des Kreises an die Rettungsdi­enstzeiten nicht. Was tun?
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Bürgermeis­terin Sandra Pietschman­n: „Zeit zu handeln!“
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Stadtkämme­rin Veronika Traumann legte den Problemhau­shalt vor.

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