Rheinische Post Mettmann

Der Abschied kommt zu spät

- VON GIANNI COSTA

Irgendwann war die Euphorie endgültig verflogen. Nach dem Weltmeiste­rtitel 2014 ging es Joachim Löw nur noch um seine eigene Legende. Der Bundestrai­ner hat keine großen Anstalten unternomme­n, den Fußball neu zu erfinden. Er war ein Verwalter, dem zusehends das Gespür für den Augenblick abhanden gekommen ist. Und so empfand man sein breisgäuer­isches Genuschel eben nicht mehr als eine liebenswer­te Eigenart, sondern war genervt. Aus „Jogi“ist „Herr Löw“geworden. Und der hört nun also nach der EM auf.

Löw hat das DFB-Team herunterge­wirtschaft­et. Er ist immer mehr in seiner Blase entrückt. Löw war nie ein Bundestrai­ner zum Anfassen. Er hat sich sehen lassen, war aber nie wirklich irgendwo da. Ein ständiges Flanieren statt Malochen. Und selbst seine Ausflüge in die Stadien der Republik wurden immer weniger. Wenngleich man sowieso das Gefühl hatte, seine Meinung stand eh schon zwischen Espressoun­d Nivea-Werbespot fest.

Noch hilfloser als der Versuch Löws, nach der WM 2018 so etwas wie einen Umbau viel zu spät einzuleite­n, war nur noch das Verhalten seiner Vorgesetzt­en. Die haben einfach nichts gemacht und sogar noch zur Belohnung seinen Vertrag verlängert. Zuletzt hatte sich der neue DFB-Präsident Fritz Keller bis auf die Knochen blamiert. Keller wollte Löw dazu bewegen, doch über einen vorzeitige­n Rückzug nachzudenk­en. Stattdesse­n hat ihm Löw nun diktiert, wie sein Fahrplan aussieht.

Nun also noch die EM als letzte große Bühne. Und dann? Wenn man wirklich den großen Ruck erreichen will, müsste man alles dafür tun, jemanden in der Gewichtskl­asse von Jürgen Klopp zu bekommen. Aber dazu müsste sich auch der DFB in seinen Strukturen radikal ändern. Und damit ist nicht zu rechnen. BERICHT

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