Die Bundesgartenschau 2021 findet in der traditionellen Blumenstadt Erfurt statt. Besucher der Buga können ein neues Wüsten- und Urwaldhaus besichtigen und historische Gartenkunst an Außenstandorten erleben.
Beim Bummeln über Europas längste Brücke, die durchgehend mit Häusern bebaut ist, geht es vorbei an vielen Blumentöpfen. Diese stehen vor winzigen Geschäften in der Sonne. Auf der Krämerbrücke wächst auch Färberwaid. Erfurts Schicksalspflanze verhalf der Stadt im Mittelalter mit blauer Färbekraft zu Reichtum. „Erfurter haben die Liebe zu Pflanzen im Blut“, sagt Marlen Wiedenstritt. Sie bietet Führungen durch die alte Handelsstadt auf den Spuren des Gartenbaus an. Dort gedeihen vor allem Gemüse und Blumen dank des milden Klimas, vieler Sonnentage und einer geschützten Lage prächtig.
Auf die lange Tradition im Anbau von Pflanzen möchte auch die thüringische Landeshauptstadt bei der Bundesgartenschau (Buga) 2021 hinweisen. Bereits im Jahr 1865 hat Erfurt eine internationale Gartenschau veranstaltet. In der DDR im Jahr 1961 rückte die Stadt mit der „Ersten internationalen Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder“ins Scheinwerferlicht des Gartenbaus. Den Flair dieser Zeit vermitteln mittlerweile denkmalgeschützte Bauten auf dem Erfurter Garten- und Ausstellungs-Gelände (Ega) immer noch.
Für die Buga 2021 haben die Gärtner viele Bereiche auf dem 36 Hektar großen Egapark neu bepflanzt. Schmale Wege führen etwa durch das Staudenbeet der Pflanzplanerin Petra Pelz. Höhere und niedrige Pflanzen wechseln sich dort ab: Sonnenbräute schmiegen sich in Gesellschaft von Salbei und Lavendel an wogende Gräser. Manches erinnert an Prärie und Steppe. Eins ist auffällig: Die Staude hat auf dieser Gartenschau ihren großen Auftritt. Berühmt ist das Ega-Gelände für Europas größtes ornamental bepflanztes Blumenbeet. Die Gärtner brauchen allein zwei Wochen, um die Pflanzen
auf dem 6000 Quadratmeter großen Mega-Beet zu wechseln. Ein beliebtes Fotomotiv in der Blumenstadt, wie Erfurt auch schon lange genannt wird.
„Erfurter haben die Liebe zu Pflanzen im
Blut“
Marlen Wiedenstritt
Stadtführerin
Als spektakulärer Vorzeigebau der Erfurter Buga soll sich das neue Wüsten- und Urwaldhaus Danakil erweisen, benannt nach der Danakil-Wüste, die im Afar-Dreieck in Eritrea, Äthiopien und Dschibuti liegt. In dem 83 Meter langen Glashaus
folgen Besucher über Hängebrücken der Spur des Wassers bis hin zu einem rauschenden Wasserfall. In zwei Klimazonen erleben sie Überlebensstrategien von Pflanzen und Tieren. Durch die Wüste voller Kakteen huschen Skorpione. Im Urwald schlängeln sich Schlangen durch das tropische Grün aus Palmen, Jackfruchtbäumen und Bananenstauden. Ein Hauch Amazonas mitten in Thüringen.
Einen deutlichen Kontrast dazu bildet die mittelalterliche Cyriaksburg. Dort befindet sich auf dem Ega-Gelände das Deutsche Gartenbaumuseum. Die neu konzipierte Dauerausstellung setzt sich mit aktuellen Themen auseinander, etwa mit dem Wert von Lebensmitteln, dem Einsatz von Gentechnik oder Urban Gardening.
Die zweite wichtige BugaAusstellungsfläche erstreckt sich auf dem Petersberg, mitten in der Erfurter Altstadt. Vor der historischen Kulisse der Zitadelle flanieren Gäste durch gärtnerische Geschichte. Wo einst Soldaten exerzierten, sprießen nun typische Erfurter Gewächse wie die Puffbohne oder der Blumenkohl „Erfurter Riese“.
Doch die Buga 2021 spielt sich nicht nur in Erfurt ab, sondern in ganz Thüringen an 25 Außenstandorten. Zu den bekanntesten Gärten, Parks und Schlössern zählen jene in und um Weimar. Wer durch den romantischen Park an der Ilm spaziert, wandelt durch ein lebendes Kunstwerk. Johann Wolfgang von Goethe gestaltete diesen Landschaftspark mit. An jeder Kurve eröffnet sich ein neues Landschaftsbild. Mittendrin: Goethes Gartenhaus. Dort und im Garten mit seinen Blumenrabatten und Obstwiesen lässt sich die Aura des Dichters erspüren.
Im Ilm-Park ist für die Buga ein „Grünes Labor“entstanden. Dieser Experimentalbau aus Holz befindet sich an der Ruine des Tempelherrenhauses. Der Pavillon soll als Treffpunkt in dem stark frequentierten Landschaftsgarten dienen. Dabei geht es auch um die Frage, wie Begegnung von Menschen unterschiedlicher Herkunft im historischen Park gelingen kann.
Passend zur Buga hat die Klassik Stiftung Weimar für 2021 das Themenjahr „Neue
Natur“ausgerufen – und will so bewusst an die Goethezeit anknüpfen, als der Park entstand und Menschen Natur zur Landschaft formten. „Damit möchten wir auch mehr Wertschätzung für die historische Gartenkunst erreichen“, sagt Ulrike Lorenz, Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar.
In den Landschaftsgärten im Weimarer Land, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören, treten Buga-Besucher eine Zeitreise durch die Gartenepochen an. In barocker Großzügigkeit empfängt der Lustgarten von Schloss Belvedere die Gäste mit einem überdimensionalen Laubengang, perfekt geschnittenem Heckentheater und riesiger Orangerie.
Im Schlosspark Tiefurt sprechen poetische in Stein gemeißelte Inschriften die Gefühle des Gartenromantikers an. Wie einst Goethe, Schiller und Wieland, flanieren Besucher an der plätschernden Ilm entlang. Sie kommen vorbei an weißen Holzbänken unter uralten Kastanien, an Pavillons und antiken Tempeln und können die Idylle der englisch anmutenden Parklandschaft genießen.
Im Garten von Schloss Ettersburg empfing einst Herzogin Anna Amalia Literaten, Künstler und Musiker. „Diese Tradition setzen wir heute mit hochkarätigen Kulturveranstaltungen fort“, sagt Peter Krause, der Direktor von Schloss Ettersburg. Vom Weißen Saal fällt der Blick auf den Pücklerschlag. Diese enorme Waldschneise hat der legendäre Gartengestalter Fürst Hermann von Pückler-Muskau gemeinsam mit seinem Schüler
Eduard Petzold nach 1842 angelegt. Nur ein Solitärbaum tanzt dort aus der Reihe. Wo heute Gärtner im Schlosspark Ettersburg für die Buga Laubengänge und Blumenparterre wiederhergestellt haben, wandelte auch Goethe schon. Er schrieb: „Hier fühlt man sich groß und frei wie die große Natur, die man vor Augen hat.“Klingt das nicht wie das Motto für eine Gartenschau?
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