Bislang nur zehn Grippefälle gemeldet
Die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie haben wohl einen positiven Nebeneffekt: Dem Gesundheitsamt wurden so wenige Grippefälle gemeldet wie selten zuvor. Im Vorjahr waren es Anfang März bereits rund 680 Infektionen.
DÜSSELDORF In Düsseldorf gibt es in dieser Saison so wenige Grippefälle wie selten zuvor. Zwischen Anfang Oktober und Anfang März hat das Gesundheitsamt nur zehn Influenzainfektionen erfasst. Davon musste eine Person im Krankenhaus behandelt werden. Das geht aus Zahlen hervor, die unserer Redaktion exklusiv vorliegen. „Das ist der niedrigste Wert mindestens seit der Erfassung 2009“, heißt es dazu von der Stadt. Im Vorjahreszeitraum waren es rund 680 Infektionen.
Die Grippe-Saison geht zwar noch bis Mitte Mai und die bisherigen Zahlen stellen laut Gesundheitsamt lediglich einen Zwischenstand dar – dennoch scheint die Landeshauptstadt auf einen neuen Tiefstwert zuzusteuern: In der vergangenen Grippesaison 2019/2020 wurden insgesamt rund 1200 Grippefälle gemeldet. Und die Zahlen aus dem Februar – laut Amt normalerweise einer der stärksten Grippemonate – liegen bereits vor. Als Grund für diesen Unterschied verweist das Gesundheitsamt auf die Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen. Dadurch könne mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Verbreitung von Influenzainfektionen eingedämmt werden.
Für die Internistin Susanne Dahlmann von der Gemeinschaftspraxis Rethelstraße in Düsseltal ist dabei vor allem das Masketragen entscheidend, das unter anderem im Nahverkehr und in Supermärkten Pflicht ist. Wie eine Corona-Infektion werde die Grippe über Aerosole übertragen – „und die werden natürlich durch eine Maske ebenso geblockt.“Auch in der Praxis schlägt sich das nieder. „Wir hatten in dieser Saison noch keinen einzigen echten Influenza-Fall“, sagt Dahlmann.
Auch andere Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Nasennebenhöhlenentzündungen beobachtet die Hausärztin derzeit viel seltener. „Normalerweise haben wir in diesen Monaten das Wartezimmer voll“, sagt Dahlmann, „aber die Menschen sind ängstlicher und vorsichtiger geworden – und gehen auch nicht mehr mit jeder Erkältung gleich zum Arzt.“Viele versuchten, diese kleinen Infekte stattdessen mit Hausmitteln zu bekämpfen. „Bei einer echten Influenza reicht das aber nicht aus“, sagt sie, „da ist der Gang zum Arzt unvermeidlich.“
Zwar können Erkältung und Grippe ähnliche Beschwerden hervorrufen, werden aber von unterschiedlichen Viren verursacht und verlaufen unterschiedlich schwer. Bei einer Grippe tritt meist über mehrere Tage hohes Fieber auf, dazu sind Beschwerden wie Kopf- und Gliederschmerzen sowie Abgeschlagenheit stärker ausgeprägt.
Düsseldorf steht mit den niedrigen Zahlen indes nicht alleine da: Dem Robert-Koch-Institut (RKI) wurden aus ganz NRW im Jahr 2021 bislang lediglich 25 Fälle gemeldet – zum Vergleich: Im Vorjahr waren es von Januar bis März mehr als 11.700. Auch das RKI sieht den Grund dafür in den Corona-Maßnahmen, wie Sprecherin Susanne Glasmacher
sagt: Abstand halten, Maske tragen, zu Hause bleiben. Allerdings werde derzeit auch vergleichsweise wenig getestet. Zudem habe die reine Zahl der Fälle auch nichts mit der Schwere der jeweiligen Infektion zu tun, komplizierte oder sogar tödliche Verläufe seien weiter möglich. „Man darf die Zahlen nicht auf die Goldwaage legen“, sagt Glasmacher, „aber sie mit den letzten zwei, drei Jahren zu vergleichen, ist zulässig.“
Für die Erhebung der Zahlen arbeitet die Arbeitsgruppe Influenza des RKI mit 100 Arztpraxen bundesweit zusammen, die einmal pro Woche Abstriche schicken. Werden mindestens 20 Prozent dieser Proben positiv auf Influenzaviren getestet, könne man von einer Grippewelle sprechen. „Davon sind wir derzeit aber weit entfernt.“
Dass künftig ab Herbst deshalb immer Masken getragen werden, bezweifelt Hausärztin Susanne Dahlmann allerdings. „Das ist in anderen Ländern zwar selbstverständlich“, sagt sie, „aber es ist auch anstrengend – und viele genießen es ja jetzt schon, die Maske nach dem Tragen wieder abzulegen.“