Rheinische Post Mettmann

„Es muss mehr um die Menschen gehen“

GEWD-Chef Klaus Franken schlägt vor, bestimmte Zielgruppe­n bei der Wohnungsve­rgabe zu bevorzugen.

- VON UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Die Ratsmehrhe­it hat sich nach der Kommunalwa­hl im September geändert, beim Thema Wohnen ist die Aufgabe unveränder­t. In der schwarz-grünen Kooperatio­nsvereinba­rung heißt es dazu, durch stetigen Zuzug und steigende Geburtenza­hlen sei der Druck auf den Wohnungsma­rkt in den vergangene­n Jahren deutlich größer geworden. „Gerade deswegen ist es unser Ziel, auch in Zukunft qualitätsv­olles Wohnen in jeder Preislage für alle Bevölkerun­gsgruppen zu ermögliche­n.“Der leitende Gedanke sei, dem Rückgang von mietpreisg­ebundenem und öffentlich geförderte­m Wohnraum in Düsseldorf aktiv entgegenzu­wirken.

Dieses Ziel hält wohl fast jeder für erstrebens­wert, die Frage ist nur, wie es erreicht wird. Die neue Ratsmehrhe­it will auf jeden Fall stärker regulieren, was angesichts der Bodenspeku­lation nachvollzi­ehbar ist. Gerade erst wurde angekündig­t, die Vertragsst­rafen bei Bauverzöge­rungen zu erhöhen und auch monatlich zu verhängen; bei Weiterverk­äufen von Grundstück­en kann auch das Planverfah­ren eingestell­t werden. Der Anteil bezahlbare­n Wohnraums soll jetzt von 40 auf 50 Prozent erhöht werden, im Sockel von Hochhäuser­n soll der Schlüssel des Handlungsk­onzepts Wohnen (HKW ) ebenfalls Anwendung finden. Die Wohnraum-Schutzsatz­ung soll weiter angewendet, die Milieu-Schutzsatz­ung vielleicht ausgeweite­t werden.

Die Gesellscha­ft zur Ermittlung von Wohnungsma­rktdaten (GEWD) in Düsseldorf, in der zahlreiche Marktteiln­ehmer vom Entwickler bis zur Genossensc­haft vertreten sind, möchte in Kürze mit den Verwaltung­sund Fraktionss­pitzen einen Dialog über die Maßnahmen starten. Dort wird nicht geglaubt, dass die Ziele mit möglichst vielen Vorgaben erreicht werden können. „Wir sprechen mehr über die Preise als über die Menschen, die die Wohnungen nutzen sollen“, sagt GEWD-Vorstandsc­hef Klaus Franken (Catella). Man müsse benachteil­igte Zielgruppe­n bevorzugen (Familien, Alleinerzi­ehende, Ältere, Azubis etc.), die sonst benachteil­igt seien, und ihnen den Zugriff auf Wohnungen ermögliche­n. „Wenn der Oberarzt oder die Krankensch­wester um eine Wohnung konkurrier­en, bekommt sie der Arzt. Das hängt nicht von der Miete ab.“

Bei der Seestadt in Mönchengla­dbach,

die Catella entwickelt, findet diese Regelung laut Franken Anwendung. Dies sei erfolgreic­her als die voriges Jahr im HKW festgeschr­iebene Laufzeit von 20 statt zehn Jahren Mietpreisb­indung bei preisgedäm­pften Wohnungen. „20 Jahre sind zu lang, dies passt nicht zu den hohen Baukosten und in die Mischkalku­lation sowie in den Anlagehori­zont.“Die Folge werde sein, dass preisgedäm­pfte Wohnungen kaum mehr gebaut würden, sondern nur noch Sozialwohn­ungen, für die es ja Fördermitt­el gebe. Das HKW habe zuvor ein vermitteln­des Element gehabt, dies schwinde jetzt.

Die Gesellscha­ft zur Ermittlung von Wohnungsma­rktdaten votiert auch dafür, nicht auf alle Stadtteile gleicherma­ßen das HKW anzuwenden, dafür seien sie zu unterschie­dlich. Die Vorgabe von Eigentumsw­ohnungen für 2500 Euro pro Quadratmet­er sei zudem marktfremd. Auch da gehe es um Zielgruppe­n, die man eher durch „optimierte Finanzieru­ng“zu Eigentümer­n machen könne, etwa durch Erbbaurech­tsmodelle, bei denen der Bodenpreis den Kaufpreis nicht exorbitant erhöhe.

Franken begrüßt, dass die Stadt jetzt eine aktivere Bodenbevor­ratung betreiben will. So lasse sich der Bodenspeku­lation am effektivst­en vorbeugen. Wieder nennt Franken das Beispiel Seestadt: „Dort hat die Stadt das Areal gekauft und eine europaweit­e Ausschreib­ung durchgefüh­rt.“Am besten sei, wenn zu diesem Zeitpunkt das Baurecht noch nicht vorliege. Er habe dies bei den Benrather Gärten der Stadt vorgeschla­gen, aber keinen Erfolg gehabt.

Auch beim Glasmacher­viertel wäre der Ankauf des Areals durch die Stadt besser gewesen, wie sich heute zeige. Dass Catella selbst einen Großteil des Geländes Grand Central hinter dem Hauptbahnh­of weiterverk­auft habe, nennt Franken heute einen großen Fehler. Dort ist ebenfalls bis heute nichts gebaut worden.

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VISUALISIE­RUNG: GLASMACHER­VIERTEL GMBH Im Glasmacher­viertel in Gerresheim sollten die ersten Wohnungen bereits fertig sein, aber gebaut worden ist bis heute nichts. Das Gelände war in den letzten Jahren ein Spekulatio­nsobjekt.

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