Rheinische Post Mettmann

Abschied vom Mann mit dem Hut

- VON VALESKA VON DOLEGA

Nach 35 Dienstjahr­en bei der Stadt Mettmann geht Rudi Barth in den Ruhestand – um auf dem Jakobsweg zu pilgern.

METTMANN Als er vor 35 Jahren den Weg in die Stadtverwa­ltung Mettmann fand, wurde dort ein Tiefbaumei­ster gesucht. Für den jungen Familienva­ter, gelernter Schreiner und Maurermeis­ter, eine wichtige Chance. Nach 14 Jahren dort – „Schächte kenne ich aus dem Effeff“– wechselte er in den Baubetrieb­shof. Den Schritt dorthin hat er nie bereut, und jetzt, kurz vor seiner Verabschie­dung, resümiert Rudolf „Rudi“Barth: „Die Kollegen sind meine zweite Familie. Ich werde sie vermissen.“Der Mann mit dem Hut, sein Markenzeic­hen, geht, am 26. März ist Schluss.

„Es tut mir weh zu gehen“, gesteht der 65-Jährige. „Wenn man seinen Beruf liebt, und das mache ich, ist das ein Schritt“, sagt er über besagten Einschnitt. Tausendund­drei Geschichte­n und Anekdoten weiß er aus den Dienstjahr­en zu erzählen. Dazu gehören Erinnerung­en an Winter, in denen so viel Schnee lag, dass der Richtung freies Gelände aus der Stadt abtranspor­tiert und aufgetürmt wurde „und noch im Mai da war“, die Etappe der Tour de France durch Mettmann, die er mit vorbereite­te und nicht erlebte, weil er erkrankte, und unendlich viele Stadtfeste. „Für den Weinsommer in der Oberstadt standen wir dann in St. Lambertus und guckten, ob wir hier Strom bekommen.“Er könne eben besonders gut „Strippen ziehen“und organisier­en, sagt er über sich selbst. Weil er außerdem ein Händchen für den Umgang mit anderen hat, ließen sich auch die eigentlich unmögliche­n Aufgaben realisiere­n. Besonders nachdrückl­ichun sind die Erinnerung­en an die Blotschenm­ärkte mit dem zuweilen spektakulä­ren Bühnenprog­ramm. Das verantwort­ete Wolfgang Pieker, „wir waren ein tolles Team“, erinnert sich Rudi Barth an Wolfgang „Mr. Blues“Pieker, der 2015 verstarb.

Das Spiel ist aber für den Mann mit dem Hut, den jeder als „Rudi“kennt und schätzt, nicht aus. „Ich habe einen Plan B“, erzählt er über Ideen für seinen nächsten Lebensabsc­hnitt. „Sobald es möglich ist, will ich pilgern“, und zwar auf dem Jakobsweg. Zur Vorbereitu­ng auf die 800 Kilometer, die er absolviere­n möchte „um den Kopf frei zu kriegen“, läuft er gerne ein- bis zweimal in der Woche – mit einem sieben Kilo schweren Rücksack. Der simuliert das Marschgepä­ck für die Pilgertour. Zur weiteren „theoretisc­hen Vorbereitu­ng lese ich viel“. Darunter auch das berühmte „Ich bin dann mal weg“von Hape Kerkeling. „Aber der ist ja viel Bus gefahren. Das werde ich nicht tun“, skizziert Rudi Barth sportliche Ambitionen.

Sportlich weiter geht es außerdem mit Ehefrau Bettina, die beiden sind leidenscha­ftliche Tangotänze­r. „Rumba oder Cha-cha-cha ist ja immer das Gleiche“, lachen die zwei. „Tango ist vielseitig­er, vor allem das Geflecht drumherum“, freut sich der Demnächst-Ruheständl­er. „Das ist genau mein Ding.“Denn dabei sei viel „Kopfarbeit zu leisten. Ich höre die Musik und überlege, wie ich meinen Partner zum Tanzen bringe und ihn dabei gut aussehen lasse.“

Übrigens tanzt Rudi Barth mit seiner Bettina um die ganze Welt, war in Polen, Österreich und Buenos Aires. Gemeinsam mit ihr, die im Alltag das Sagen habe, geht es auch in einen neuen berufliche­n Abschnitt. Sie ist unter anderem im Bereich Hausverwal­tung aktiv, dabei will der technisch versierte Rudi sie unterstütz­en. Auch im Blotschenm­arkt-Team bleibt er aktiv: „Da hab ich gar keine andere Chance, meine Frau ist dort Geschäftsf­ührerin“, sagt er grinsend – und hofft, dass in diesem Jahr der Blotschenm­arkt endlich wieder stattfinde­n kann.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Rudolf „Rudi“Barth vom Baubetrieb­shof geht in Rente. Von Ruhestand kann bei ihm aber keine Rede sein, Tango will er weiter mit Ehefrau Bettina tanzen, und pilgern.

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