Rheinische Post Mettmann

Ein Herz für Kathedrale­n

Ken Follett, der Autor des Kirchenbau-Bestseller­s „Die Säulen der Erde“will die Tantiemen aus seinem neuesten Buch für die Sanierung eines sakralen Kleinods in Frankreich spenden.

- VON KNUT KROHN

PARIS Dol-de-Bretagne ist eines jener typischen Städtchen im Nordwesten Frankreich­s: Schmucke, kleine Fachwerkhä­user stehen eng an eng und bilden zum Entzücken des Betrachter­s schmale Gassen. Etwas abseits steht die Kathedrale Saint-Samson – auch sie ein Kleinod gotischer Architektu­r in der Bretagne. Allerdings befindet sich das Gotteshaus in einem jämmerlich­en Zustand. Durch das beschädigt­e Dach rinnt der Regen, Mauerteile aus Granit bröckeln bedenklich, und die Fenster aus dem 13. Jahrhunder­t sind nicht gegen die Witterung geschützt.

Um die Kathedrale, die schon Pferdestal­l, Kornkammer und Ballhaus war, vor dem Verfall zu retten, wurde im vorvergang­enen Jahr ein Projekt zur Sanierung des Gebäudes ins Leben gerufen. 2,4 Millionen Euro sollen in den nächsten vier Jahren in die grundlegen­de Sanierung des Gebäudes investiert werden, das zum Stolz der Einwohner seit 1840 als historisch­es Monument klassifizi­ert ist.

Nun erreicht die Gemeinde ein unerwartet­er Geldsegen. Der britische Bestseller­autor Ken Follett hat angekündig­t, die Tantiemen aus seinem Buch „Notre-Dame“für die Restaurier­ung einer gotischen Kathedrale in Frankreich zu spenden. Die Kulturerbe-Stiftung Fondation du Patrimoine gab bekannt, dass die 148.000 Euro aus dem Verkauf von über 110.000 Büchern nach Dol-de-Bretagne fließen werden.

In seinem kurzen Werk erzählt der 71-jährige Schriftste­ller die Geschichte der Pariser Kathedrale Notre-Dame und beschreibt, was er fühlte, als sie vor bald zwei Jahren in Flammen stand.

Dass die Kathedrale heute noch steht, grenzt an ein Wunder: Am 15. April 2019 tobte ein Feuer im Dachstuhl, dieser Konstrukti­on des 13. Jahrhunder­ts aus Tausenden Eichenbalk­en. Hunderte Feuerwehrl­eute kämpften über Stunden, und dann sackte doch der 96 Meter hohe hölzerne Vierungstu­rm zusammen und riss große Teile des Gewölbes in die Tiefe. Niemand wusste, ob die Kathedrale zu retten wäre.

Das Mauerwerk hatte widerstand­en, doch Temperatur­en

bis zu 1000 Grad, Rauch und Löschwasse­r hatten den Steinen schwerste Schäden zugefügt. Die größte Gefahr ging von einem Gerüst aus, das sich wegen Renovierun­gsarbeiten an der Kirche befunden hatte und durch den Brand verformt wurde. 200 Tonnen Stahl lasteten auf den beschädigt­en Mauern und mussten Strebe für Strebe abgebaut werden. Erst Ende November war diese gefährlich­e und komplizier­te Arbeit erledigt. Völlige Entwarnung mit Blick auf die Standfesti­gkeit wollte Kulturmini­sterin Roselyne Bachelot im November noch nicht geben – die Sicherungs­arbeiten würden mindestens bis Sommer 2021 dauern.

Follett beschreibt in „Notre-Dame“auch die Geschichte der Kathedrale, deren Bau sich über zwei Jahrhunder­te hinzog. Und er erklärt den Einfluss, den das Bauwerk auf ihn selbst und auf eines seiner berühmtest­en Werke hatte, „Die Säulen der Erde“. In dem Historienr­oman aus dem Jahr 1989 erzählt Follett die Geschichte der Kathedrale von Kingsbridg­e, die durch ein Feuer zerstört worden ist und danach von Tausenden Männern und Frauen mit bloßen Händen wieder aufgebaut wurde.

Follett hat ein Herz für Kathedrale­n, und die Deutschen haben ein Herz für Ken Follett. 2020 landete der Schriftste­ller mit „Kingsbridg­e. Der Morgen einer neuen Zeit“auf dem dritten Platz der „Spiegel“-Jahreschar­ts. Die deutsche Gesamtaufl­age aller Ken-Follett-Romane liegt laut Verlag bei 39 Millionen Exemplaren, die Gesamtaufl­age aller drei bisherigen deutschspr­achigen Kingsbridg­e-Romane bei 8,7 Millionen.

Eigentlich waren die Tantiemen seines „Notre-Dame“-Buchs für die Bauarbeite­n an dem schwer beschädigt­en Gotteshaus in Paris vorgesehen, doch schon nach wenigen Wochen war dort fast eine Milliarde Euro an Spenden zusammenge­kommen. Follett entschied aus diesem Grund: Das Geld geht nach Dol-de-Bretagne – nicht ins prestigetr­ächtigere Paris.

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FOTO: IMAGO Um die Kathedrale Saint-Samson zu erhalten, ist eine 2,4 Millionen Euro teure Sanierung nötig. Ken Follett schießt 148.000 Euro dazu.
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FOTO: O. FAVRE Ken Follett

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