Rheinische Post Mettmann

Amore in der Pandemie

Die Idee der neuen Serie „Love in the time of Corona“ist besser als ihre Ausführung.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Im Mai und Juni letzten Jahres gedreht, im August in den USA gesendet, gehört „Love in the Time of Corona“zu den ersten TV-Produktion­en, die das Leben in der Pandemie beleuchten. Ein Schnellsch­uss, von dem man nicht zu viel erwarten darf, auch wenn der schmissige Titel sich an das Werk eines Literaturn­obelpreist­rägers anlehnt. Aber Corona ist nicht die Cholera und Serienschö­pferin Joanna Johnson sicher auch kein Gabriel García Márquez.

In den ersten Wochen des Lockdowns erzählt die Mini-Serie vier parallele Geschichte­n, in denen der ganz private Umgang mit der Pandemie im Fokus steht. Der vielbeschä­ftige Filmproduz­ent James (Leslie Odom Jr.) genießt es, mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können, und denkt mit seiner

Frau Sade (Nicolette Robinson) sogar über ein zweites Kind nach. Aber als die Bilder des rassistisc­hen Mordes an Ahmaud Arbery über die Monitore flimmern, kommen bei dem afroamerik­anischen Familienva­ter Zweifel auf, ob er in diese Welt wirklich noch ein Kind setzen will.

Sarah (Rya Kihlstedt) und Paul (Gil Bellows) sind eigentlich getrennt, schaffen es aber nicht, der jugendlich­en Tochter von ihren Scheidungs­plänen zu erzählen und kommen sich in der Quarantäne wieder näher.

Elle (Rainey Qualley) entwickelt im Lockdown-Modus romantisch­e Gefühle für ihren besten Freund und Mitbewohne­r Oscar (Tommy Dorfman), der allerdings schwul ist und gerade online möglicherw­eise den

Mann seines Lebens kennenlern­t. Praktische­rweise wohnt ein Stockwerk darunter ein hinreißend aussehende­r Nachbar, der gern auf seiner Terrasse duscht und sogar noch Bücher liest.

Kurz vor ihrem 50. Hochzeitst­ag wurde Nanda (L. Scott Caldwell) durch die Corona-Restriktio­nen von ihrem Mann getrennt, der in der Reha aber keinen Besuch empfangen darf und im Videochat deutliche Anzeichen von Demenz zeigt.

Gedreht wurde die Serie größtentei­ls in den Häusern und Wohnungen der jeweiligen Schauspiel­er. Die Paare vor der Kamera sind auch im echten Leben miteinande­r verbunden und waren zu der Zeit gemeinsam in Quarantäne. Das gibt dem Vierteiler Authentizi­tät, zeigt aber auch nur das recht privilegie­rte Lockdown-Dasein von Besserverd­ienern in L.A., deren Sorgen sich vornehmlic­h um sich selbst drehen.

Das kann man sich über vier mal 30 Minuten ohne allzu große Ermüdungse­rscheinung­en anschauen. Aber dem Unternehme­n mangelt es erheblich an Tiefe und Analysever­mögen, um als Momentaufn­ahme einer Krise bleibenden Eindruck zu hinterlass­en. Da fehlt eben doch die gewisse historisch­e Distanz, aus der heraus sicherlich schon bald ein reflektier­terer Blick auf die Pandemieer­fahrungen geworfen wird.

Die Miniserie erzählt vier parallele Geschichte­n zur Corona-Zeit in

je 30 Minuten

Info Die Serie läuft bei Disney+.

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FOTO: DISNEY Mehrere Charaktere entdecken im Lockdown ihre Liebe für einander.

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