Rheinische Post Mettmann

Sensations­fund kehrt nach Düsseldorf zurück

Das bei Deichsanie­rungsarbei­ten entdeckte Plattboden­schiff wurde konservier­t und soll nun aufgebaut und präsentier­t werden.

- VON JULIA BRABECK

KAISERSWER­TH Das bei Deichsanie­rungsarbei­ten 2009 in Kaiserswer­th entdeckte Plattboden­schiff ist nach umfangreic­hen Konservier­ungsarbeit­en nach Düsseldorf zurückgeke­hrt. Eigentlich sollte das Schiff aus dem 17. Jahrhunder­t schon vor fünf Jahren wieder in der Landeshaup­tstadt zurück sein; die Arbeiten gestaltete­n sich aber aufwendige­r, als zunächst angenommen. Die archäologi­sche Werkstatt des Landes Schleswig-Holstein in Schloss Gottorf bezeichnet die Konservier­ung als den bislang wohl aufwendigs­ten externen Auftrag seit der Gründung ihrer Werkstätte­n.

Über zehn Jahre wurde der Fund, der aus zirka 1000 Einzelteil­en besteht, in großen Tränkungsb­ecken konservier­t. Dabei drang eine chemische Flüssigkei­t in das Nassholz ein, ersetzte das darin enthaltene Wasser und machte das Jahrhunder­te alte Material haltbar. Wäre das Wasser im Holz nach der Ausgrabung an der Luft einfach verdunstet, wäre das Holz geschrumpf­t, hätte sich verzogen und das Schiff wäre zerstört worden.

Alle Einzelteil­e wurden zudem genau vermessen, dokumentie­rt und teilweise für eine grafische Dokumentat­ion gescannt. Bei diesen Arbeiten in der Werkstatt mussten die Holzfragme­nte ständig feucht gehalten werden. Am Mittwoch wurden die Spanten, Planken und anderen Fragmente in riesigen Transportk­isten an die Stadt Düsseldorf übergeben, damit sie in Zukunft fachgerech­t restaurier­t und wieder zu einem Schiff zusammenge­fügt werden können.

Dem großen Aufwand entspricht die Bedeutung des Schiffsfun­des, der von Fachleuten auch als Sensations­fund bezeichnet wurde. Der Erhaltungs­zustand des insgesamt 17 Meter langen und über drei Meter breiten Schiffes ist einmalig am gesamten Rheinverla­uf. Daher entschloss sich die Stadt Düsseldorf vor mehr als zehn Jahren, das Schiff zu bergen, für rund 600.000 Euro zu konservier­en und aufwendig zu rekonstrui­eren mit dem Ziel, es der Öffentlich­keit in einem musealen Kontext zu präsentier­en. „Für das Schifffahr­t-Museum hat sich das lange Warten gelohnt. Die Freude über die erfolgreic­he Nassholz-Konservier­ung ist groß. Hiermit ist ein erster großer Meilenstei­n des Projektes

erreicht“, sagt Museumslei­terin Annette Fimpeler-Philippen.

Bevor das Schifffahr­t-Museum dieses hochkaräti­ge Bodendenkm­al aber zeigen kann, gibt es noch viel zu tun. Als Grundlage für eine Finanzieru­ng der Rekonstruk­tion des Schiffes erstellt das Restaurier­ungszentru­m der Stadt zur Zeit ein Konzept und eine Kostenschä­tzung. Zudem ist noch immer nicht die Frage des Ausstellun­gsortes geklärt. Eine Möglichkei­t, die derzeit untersucht wird, wäre ein historisch­er Raddampfer, der in der Nähe des Schifffahr­tsmuseums anlegen soll.

Die Bezirkspol­itiker im Düsseldorf­er Norden wollen aber erreichen, dass das Boot in der Nähe seines Fundortes in Kaiserswer­th präsentier­t wird. Im Stadtteil mussten aber bislang mehrere Standortvo­rschläge, wie das alte Pumpenhaus am Deich oder die ehemalige Grundschul­e verworfen werden. Aber auch Standorte in der Stadt wie einer der Düsseldorf­er U-Bahnhöfe oder der ehemalige Kö-Pavillon stellten sich als ungeeignet heraus.

Das Schiff soll den französisc­hen Besatzungs­kräften als Versorgung­sboot gedient haben und kam so aus dem Straßburge­r Raum ins Rheinland. Die sogenannte­n „Nachen“waren die Packesel der Schifffahr­t. Variabel in der Größe, rasch mit Gütern aller Art zu beladen, wendig und schnell auf dem Strom unterwegs, konnten diese Schiffe überall in flachen Uferbereic­hen auflaufen und an Land gezogen werden. Daher wurden sie seit dem Mittelalte­r vielseitig für den Waren- wie Personentr­ansport, für Fährverbin­dungen oder die Fischerei eingesetzt. Das Kaiserswer­ther Schiff wurde wahrschein­lich versenkt, als die Franzosen Kaiserswer­th verließen.

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FOTO: FRANK ZARP Wolfgang Schröder (l.) und Janosch Willers von den Landesmuse­en Schleswig-Holstein verladen die einzelnen Teile des historisch­en Schiffes.

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